Solchen muthigen Rossen nicht selber Gesetze zu geben. Dreymal wurden sie schüchtern, und dreymal sucht er die Zügel, Aus den Händen Dianens, in seine Hände zu bringen. Doch sie behauptet ihr Recht, und fährt im fliegenden Trab fort; Zischend sah es der Neid, und sann auf blutige Ränke.
Eine krystallene See lag an dem Wege, gekränzet Mit sanftflisternden Pappeln, und hohen schattichten Ulmen. Karpfen wohnten darin, und große corsarische Hechte. An dem Ufer des See saß eine blonde Sirene, Wassernixe genannt, und kämmte die güldenen Haare. Manchen blühenden Jüngling, indem er am Ufer ge- angelt, Oder im flisternden Schilf nach wilden Enten gewadet, Hatte die treulose Nymphe mit süßen Liedern gelocket, Und ihn unter die Fluth zu ihrem Pallaste gezogen. Hier, wofern wir der Sage der Amm' und der Wärte- rin trauen,
Wer-
Der Phaeton.
Solchen muthigen Roſſen nicht ſelber Geſetze zu geben. Dreymal wurden ſie ſchuͤchtern, und dreymal ſucht er die Zuͤgel, Aus den Haͤnden Dianens, in ſeine Haͤnde zu bringen. Doch ſie behauptet ihr Recht, und faͤhrt im fliegenden Trab fort; Ziſchend ſah es der Neid, und ſann auf blutige Raͤnke.
Eine kryſtallene See lag an dem Wege, gekraͤnzet Mit ſanftfliſternden Pappeln, und hohen ſchattichten Ulmen. Karpfen wohnten darin, und große corſariſche Hechte. An dem Ufer des See ſaß eine blonde Sirene, Waſſernixe genannt, und kaͤmmte die guͤldenen Haare. Manchen bluͤhenden Juͤngling, indem er am Ufer ge- angelt, Oder im fliſternden Schilf nach wilden Enten gewadet, Hatte die treuloſe Nymphe mit ſuͤßen Liedern gelocket, Und ihn unter die Fluth zu ihrem Pallaſte gezogen. Hier, wofern wir der Sage der Amm’ und der Waͤrte- rin trauen,
Wer-
<TEI><text><body><divn="1"><lg><l><pbfacs="#f0390"n="326"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Phaeton.</hi></fw></l><lb/><l>Solchen muthigen Roſſen nicht ſelber Geſetze zu geben.</l><lb/><l>Dreymal wurden ſie ſchuͤchtern, und dreymal ſucht er<lb/><hirendition="#et">die Zuͤgel,</hi></l><lb/><l>Aus den Haͤnden Dianens, in ſeine Haͤnde zu bringen.</l><lb/><l>Doch ſie behauptet ihr Recht, und faͤhrt im fliegenden<lb/><hirendition="#et">Trab fort;</hi></l><lb/><l>Ziſchend ſah es der Neid, und ſann auf blutige Raͤnke.</l></lg><lb/><lg><l>Eine kryſtallene See lag an dem Wege, gekraͤnzet</l><lb/><l>Mit ſanftfliſternden Pappeln, und hohen ſchattichten<lb/><hirendition="#et">Ulmen.</hi></l><lb/><l>Karpfen wohnten darin, und große corſariſche Hechte.</l><lb/><l>An dem Ufer des See ſaß eine blonde Sirene,</l><lb/><l>Waſſernixe genannt, und kaͤmmte die guͤldenen Haare.</l><lb/><l>Manchen bluͤhenden Juͤngling, indem er am Ufer ge-<lb/><hirendition="#et">angelt,</hi></l><lb/><l>Oder im fliſternden Schilf nach wilden Enten gewadet,</l><lb/><l>Hatte die treuloſe Nymphe mit ſuͤßen Liedern gelocket,</l><lb/><l>Und ihn unter die Fluth zu ihrem Pallaſte gezogen.</l><lb/><l>Hier, wofern wir der Sage der Amm’ und der Waͤrte-<lb/><hirendition="#et">rin trauen,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wer-</fw><lb/></l></lg></div></body></text></TEI>
[326/0390]
Der Phaeton.
Solchen muthigen Roſſen nicht ſelber Geſetze zu geben.
Dreymal wurden ſie ſchuͤchtern, und dreymal ſucht er
die Zuͤgel,
Aus den Haͤnden Dianens, in ſeine Haͤnde zu bringen.
Doch ſie behauptet ihr Recht, und faͤhrt im fliegenden
Trab fort;
Ziſchend ſah es der Neid, und ſann auf blutige Raͤnke.
Eine kryſtallene See lag an dem Wege, gekraͤnzet
Mit ſanftfliſternden Pappeln, und hohen ſchattichten
Ulmen.
Karpfen wohnten darin, und große corſariſche Hechte.
An dem Ufer des See ſaß eine blonde Sirene,
Waſſernixe genannt, und kaͤmmte die guͤldenen Haare.
Manchen bluͤhenden Juͤngling, indem er am Ufer ge-
angelt,
Oder im fliſternden Schilf nach wilden Enten gewadet,
Hatte die treuloſe Nymphe mit ſuͤßen Liedern gelocket,
Und ihn unter die Fluth zu ihrem Pallaſte gezogen.
Hier, wofern wir der Sage der Amm’ und der Waͤrte-
rin trauen,
Wer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/390>, abgerufen am 07.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.