Hat sie nicht Zeitvertreib gnung? Steht nicht ein prächti- ger Flügel Auf dem Saale für sie, durch den sie uns oftmals dahin reißt, Wenn sie mit englischer Stimme, gleich einer Astroa, zaubert? Und stehn nicht im Closet in schönvergüldeten Bänden Witzige Deutsche, Franzosen, und Britten, nur sie zu vergnügen? Lockt nicht die bunte Tapete, die Stickerey zu vollenden, Die sie mit größtem Geschmack zu ihrer Freude gezeichnet? Uns gehöret allein die Herrschaft über die Pferde; Und in solche Gefahren muß keine Dame sich stürzen, Liebreiz schmück' ihr holdes Gesicht, und Sanftmuth die Seele.
Junge, du sprichst wie ein Buch, (gab ihm der Alte zur Antwort,) Aber muß ich nicht halten, was ich ausdrücklich ver- sprochen? Gestern bringt mir das Mädchen, in meinem äussersten Schmerzen, Einen Teller mit Schwämmen, die sie mir selber bereitet; Voller Freude darob verläßt mich das Podagra. Mädchen,
(Sprach
Der Phaeton.
Hat ſie nicht Zeitvertreib gnung? Steht nicht ein praͤchti- ger Fluͤgel Auf dem Saale fuͤr ſie, durch den ſie uns oftmals dahin reißt, Wenn ſie mit engliſcher Stimme, gleich einer Aſtroa, zaubert? Und ſtehn nicht im Cloſet in ſchoͤnverguͤldeten Baͤnden Witzige Deutſche, Franzoſen, und Britten, nur ſie zu vergnuͤgen? Lockt nicht die bunte Tapete, die Stickerey zu vollenden, Die ſie mit groͤßtem Geſchmack zu ihrer Freude gezeichnet? Uns gehoͤret allein die Herrſchaft uͤber die Pferde; Und in ſolche Gefahren muß keine Dame ſich ſtuͤrzen, Liebreiz ſchmuͤck’ ihr holdes Geſicht, und Sanftmuth die Seele.
Junge, du ſprichſt wie ein Buch, (gab ihm der Alte zur Antwort,) Aber muß ich nicht halten, was ich ausdruͤcklich ver- ſprochen? Geſtern bringt mir das Maͤdchen, in meinem aͤuſſerſten Schmerzen, Einen Teller mit Schwaͤmmen, die ſie mir ſelber bereitet; Voller Freude darob verlaͤßt mich das Podagra. Maͤdchen,
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Der Phaeton.
Hat ſie nicht Zeitvertreib gnung? Steht nicht ein praͤchti-
ger Fluͤgel
Auf dem Saale fuͤr ſie, durch den ſie uns oftmals dahin
reißt,
Wenn ſie mit engliſcher Stimme, gleich einer Aſtroa,
zaubert?
Und ſtehn nicht im Cloſet in ſchoͤnverguͤldeten Baͤnden
Witzige Deutſche, Franzoſen, und Britten, nur ſie zu
vergnuͤgen?
Lockt nicht die bunte Tapete, die Stickerey zu vollenden,
Die ſie mit groͤßtem Geſchmack zu ihrer Freude gezeichnet?
Uns gehoͤret allein die Herrſchaft uͤber die Pferde;
Und in ſolche Gefahren muß keine Dame ſich ſtuͤrzen,
Liebreiz ſchmuͤck’ ihr holdes Geſicht, und Sanftmuth
die Seele.
Junge, du ſprichſt wie ein Buch, (gab ihm der Alte
zur Antwort,)
Aber muß ich nicht halten, was ich ausdruͤcklich ver-
ſprochen?
Geſtern bringt mir das Maͤdchen, in meinem aͤuſſerſten
Schmerzen,
Einen Teller mit Schwaͤmmen, die ſie mir ſelber bereitet;
Voller Freude darob verlaͤßt mich das Podagra. Maͤdchen,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/380>, abgerufen am 24.11.2024.
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