Sie soll ein Unterthan von deinem Reich einst seyn, Und jeden Nachmittag zwo Stunden Schlaf dir weihn.
Er schwieg. Die Mittagsruh versprach mit hol- dem Blicke, Jndem der Mund noch schwieg, dem Pudergott sein Glücke. Geh, nimm dir selbst den Traum, war alles, was sie sprach. Er geht; sie sieht ihm noch mit stiller Sehnsucht nach. Bereits entschloß sie sich, in ihn sich zu verlieben, Allein ihr Aug entschläft, und sie muß es verschieben.
Der Sylphe nahm den Traum, der lachend uns erscheint, Und unserm Mädchen gleicht, das man zu sehen meynt; Wie glücklich läßt er uns die spröde Schöne küssen, Die wachend unserm Arm oft grausam sich entrissen. Jhr leichter Fuß verließ das angenehme Land, Das ihnen nach und nach aus dem Gesicht verschwand.
Der Sonnenstral fiel schief auf unsern Theil der Erde. Es wälzte sich bereits vom schwarzen Küchenheerde
Ein
O 5
Zweytes Buch.
Sie ſoll ein Unterthan von deinem Reich einſt ſeyn, Und jeden Nachmittag zwo Stunden Schlaf dir weihn.
Er ſchwieg. Die Mittagsruh verſprach mit hol- dem Blicke, Jndem der Mund noch ſchwieg, dem Pudergott ſein Gluͤcke. Geh, nimm dir ſelbſt den Traum, war alles, was ſie ſprach. Er geht; ſie ſieht ihm noch mit ſtiller Sehnſucht nach. Bereits entſchloß ſie ſich, in ihn ſich zu verlieben, Allein ihr Aug entſchlaͤft, und ſie muß es verſchieben.
Der Sylphe nahm den Traum, der lachend uns erſcheint, Und unſerm Maͤdchen gleicht, das man zu ſehen meynt; Wie gluͤcklich laͤßt er uns die ſproͤde Schoͤne kuͤſſen, Die wachend unſerm Arm oft grauſam ſich entriſſen. Jhr leichter Fuß verließ das angenehme Land, Das ihnen nach und nach aus dem Geſicht verſchwand.
Der Sonnenſtral fiel ſchief auf unſern Theil der Erde. Es waͤlzte ſich bereits vom ſchwarzen Kuͤchenheerde
Ein
O 5
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Zweytes Buch.
Sie ſoll ein Unterthan von deinem Reich einſt ſeyn,
Und jeden Nachmittag zwo Stunden Schlaf dir weihn.
Er ſchwieg. Die Mittagsruh verſprach mit hol-
dem Blicke,
Jndem der Mund noch ſchwieg, dem Pudergott ſein
Gluͤcke.
Geh, nimm dir ſelbſt den Traum, war alles, was ſie
ſprach.
Er geht; ſie ſieht ihm noch mit ſtiller Sehnſucht nach.
Bereits entſchloß ſie ſich, in ihn ſich zu verlieben,
Allein ihr Aug entſchlaͤft, und ſie muß es verſchieben.
Der Sylphe nahm den Traum, der lachend uns
erſcheint,
Und unſerm Maͤdchen gleicht, das man zu ſehen meynt;
Wie gluͤcklich laͤßt er uns die ſproͤde Schoͤne kuͤſſen,
Die wachend unſerm Arm oft grauſam ſich entriſſen.
Jhr leichter Fuß verließ das angenehme Land,
Das ihnen nach und nach aus dem Geſicht verſchwand.
Der Sonnenſtral fiel ſchief auf unſern Theil der
Erde.
Es waͤlzte ſich bereits vom ſchwarzen Kuͤchenheerde
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/281>, abgerufen am 30.07.2024.
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