Lag sie in leichter Tracht nachläßig hingestreckt; Jhr schöner Busen hob sich sanft, und unverdeckt; Sie ließ den schönsten Fuß mit träger Anmuth sehen, Und Zephis blieb entzückt von so viel Liebreiz stehen. Zuletzt erholt er sich, und küßt die Marmorhand, Die er so weich, wie Sammt, auf seinen Lippen fand, Und sprach: O Königin! die du die Welt gelehret, Wie man am Tag auch schläft, und blassen Sorgen wehret; Die du manch schönes Kind dem Schäfer hold gemacht, Wenn es zu schlafen schien, und doch verliebt gewacht; O Göttin, hilf mir doch durch deine Künste siegen, Und hilf, durch einen Traum, Selinden mir betriegen! Sie liebt und haßt mich nicht; ihr Herz ist still, und kalt. Doch wies' ihr nur ein Traum des Pudergotts Ge- stalt, Jch weis, sie würde mir nicht widerstehen können, Und bald genung für mich in Liebesflammen brennen.
Sie
Verwandlungen.
Lag ſie in leichter Tracht nachlaͤßig hingeſtreckt; Jhr ſchoͤner Buſen hob ſich ſanft, und unverdeckt; Sie ließ den ſchoͤnſten Fuß mit traͤger Anmuth ſehen, Und Zephis blieb entzuͤckt von ſo viel Liebreiz ſtehen. Zuletzt erholt er ſich, und kuͤßt die Marmorhand, Die er ſo weich, wie Sammt, auf ſeinen Lippen fand, Und ſprach: O Koͤnigin! die du die Welt gelehret, Wie man am Tag auch ſchlaͤft, und blaſſen Sorgen wehret; Die du manch ſchoͤnes Kind dem Schaͤfer hold gemacht, Wenn es zu ſchlafen ſchien, und doch verliebt gewacht; O Goͤttin, hilf mir doch durch deine Kuͤnſte ſiegen, Und hilf, durch einen Traum, Selinden mir betriegen! Sie liebt und haßt mich nicht; ihr Herz iſt ſtill, und kalt. Doch wieſ’ ihr nur ein Traum des Pudergotts Ge- ſtalt, Jch weis, ſie wuͤrde mir nicht widerſtehen koͤnnen, Und bald genung fuͤr mich in Liebesflammen brennen.
Sie
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Verwandlungen.
Lag ſie in leichter Tracht nachlaͤßig hingeſtreckt;
Jhr ſchoͤner Buſen hob ſich ſanft, und unverdeckt;
Sie ließ den ſchoͤnſten Fuß mit traͤger Anmuth ſehen,
Und Zephis blieb entzuͤckt von ſo viel Liebreiz ſtehen.
Zuletzt erholt er ſich, und kuͤßt die Marmorhand,
Die er ſo weich, wie Sammt, auf ſeinen Lippen fand,
Und ſprach: O Koͤnigin! die du die Welt gelehret,
Wie man am Tag auch ſchlaͤft, und blaſſen Sorgen
wehret;
Die du manch ſchoͤnes Kind dem Schaͤfer hold gemacht,
Wenn es zu ſchlafen ſchien, und doch verliebt gewacht;
O Goͤttin, hilf mir doch durch deine Kuͤnſte ſiegen,
Und hilf, durch einen Traum, Selinden mir betriegen!
Sie liebt und haßt mich nicht; ihr Herz iſt ſtill, und
kalt.
Doch wieſ’ ihr nur ein Traum des Pudergotts Ge-
ſtalt,
Jch weis, ſie wuͤrde mir nicht widerſtehen koͤnnen,
Und bald genung fuͤr mich in Liebesflammen brennen.
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/280>, abgerufen am 24.11.2024.
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