Ein ewig grünend Thal, das Sterbliche nie finden; Um das ein dicker Kranz von schattenreichen Linden Mit Blüthen überschneit, die schwarzen Zweige streckt, Und einen schmalen Weg den Reisenden verdeckt. Allhier steht ein Pallast, wo nur ein Theil der Zim- mer Jn stetem Abend steht, indem der Sonne Schimmer Den andern Theil bestralt. Jm Theil, umhüllt mit Nacht, Wohnt Morpheus, der so oft die Schäfer glücklich macht. Allein der neure Theil, von dunkler Nacht verschonet, Wird von der Mittagsruh, und ihrem Hof bewohnet. Die Stille leget hier den Finger auf den Mund; Ein ewig Schweigen herrscht durch den verwachsnen Grund. Kein Wind rauscht durch das Laub der hohen stillen Bäume, Hier ist im tiefen Wald das Vaterland der Träume. Die Phantasey, ein Weib mit freundlichem Gesicht,
Die
Verwandlungen.
Ein ewig gruͤnend Thal, das Sterbliche nie finden; Um das ein dicker Kranz von ſchattenreichen Linden Mit Bluͤthen uͤberſchneit, die ſchwarzen Zweige ſtreckt, Und einen ſchmalen Weg den Reiſenden verdeckt. Allhier ſteht ein Pallaſt, wo nur ein Theil der Zim- mer Jn ſtetem Abend ſteht, indem der Sonne Schimmer Den andern Theil beſtralt. Jm Theil, umhuͤllt mit Nacht, Wohnt Morpheus, der ſo oft die Schaͤfer gluͤcklich macht. Allein der neure Theil, von dunkler Nacht verſchonet, Wird von der Mittagsruh, und ihrem Hof bewohnet. Die Stille leget hier den Finger auf den Mund; Ein ewig Schweigen herrſcht durch den verwachſnen Grund. Kein Wind rauſcht durch das Laub der hohen ſtillen Baͤume, Hier iſt im tiefen Wald das Vaterland der Traͤume. Die Phantaſey, ein Weib mit freundlichem Geſicht,
Die
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Verwandlungen.
Ein ewig gruͤnend Thal, das Sterbliche nie finden;
Um das ein dicker Kranz von ſchattenreichen Linden
Mit Bluͤthen uͤberſchneit, die ſchwarzen Zweige ſtreckt,
Und einen ſchmalen Weg den Reiſenden verdeckt.
Allhier ſteht ein Pallaſt, wo nur ein Theil der Zim-
mer
Jn ſtetem Abend ſteht, indem der Sonne Schimmer
Den andern Theil beſtralt. Jm Theil, umhuͤllt mit
Nacht,
Wohnt Morpheus, der ſo oft die Schaͤfer gluͤcklich
macht.
Allein der neure Theil, von dunkler Nacht verſchonet,
Wird von der Mittagsruh, und ihrem Hof bewohnet.
Die Stille leget hier den Finger auf den Mund;
Ein ewig Schweigen herrſcht durch den verwachſnen
Grund.
Kein Wind rauſcht durch das Laub der hohen ſtillen
Baͤume,
Hier iſt im tiefen Wald das Vaterland der Traͤume.
Die Phantaſey, ein Weib mit freundlichem Geſicht,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/278>, abgerufen am 28.11.2024.
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