Sanft soll dein holder Hauch um schöne Locken spielen; Auf volle Busen wehn, und heiße Wangen kühlen. Wenn Ritter Thoren sind, und Stutzer seufzend flehn, So weh die Seufzer weg, die auf Selinden gehn. Und wenn ein schlimmer Dampf die goldnen Zimmer särbet, So weh den Dampf von ihr, der ihren Schmuck ver- derbet; Und hauch ihr Angesicht mit Rosendüften an, Wenn sie erröthen soll, und nicht erröthen kan. Wirst du, o neuer West, nach dieser Vorschrift leben, So will ich dich der Hand der Dichter übergeben. Wie oft, o Westwind, wird dich ihr Befehl erfreun! Du wirst zur Abendzeit der Seufzer Bote seyn; Sie schicken dich alsdann in sanftbewegte Büsche, Und wollen nichts von dir als buhlendes Gezische. Und dafür küssest du noch mehr, als der Poet,
Den
Verwandlungen.
Sanft ſoll dein holder Hauch um ſchoͤne Locken ſpielen; Auf volle Buſen wehn, und heiße Wangen kuͤhlen. Wenn Ritter Thoren ſind, und Stutzer ſeufzend flehn, So weh die Seufzer weg, die auf Selinden gehn. Und wenn ein ſchlimmer Dampf die goldnen Zimmer ſaͤrbet, So weh den Dampf von ihr, der ihren Schmuck ver- derbet; Und hauch ihr Angeſicht mit Roſenduͤften an, Wenn ſie erroͤthen ſoll, und nicht erroͤthen kan. Wirſt du, o neuer Weſt, nach dieſer Vorſchrift leben, So will ich dich der Hand der Dichter uͤbergeben. Wie oft, o Weſtwind, wird dich ihr Befehl erfreun! Du wirſt zur Abendzeit der Seufzer Bote ſeyn; Sie ſchicken dich alsdann in ſanftbewegte Buͤſche, Und wollen nichts von dir als buhlendes Geziſche. Und dafuͤr kuͤſſeſt du noch mehr, als der Poet,
Den
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[206/0270]
Verwandlungen.
Sanft ſoll dein holder Hauch um ſchoͤne Locken ſpielen;
Auf volle Buſen wehn, und heiße Wangen kuͤhlen.
Wenn Ritter Thoren ſind, und Stutzer ſeufzend flehn,
So weh die Seufzer weg, die auf Selinden gehn.
Und wenn ein ſchlimmer Dampf die goldnen Zimmer
ſaͤrbet,
So weh den Dampf von ihr, der ihren Schmuck ver-
derbet;
Und hauch ihr Angeſicht mit Roſenduͤften an,
Wenn ſie erroͤthen ſoll, und nicht erroͤthen kan.
Wirſt du, o neuer Weſt, nach dieſer Vorſchrift leben,
So will ich dich der Hand der Dichter uͤbergeben.
Wie oft, o Weſtwind, wird dich ihr Befehl erfreun!
Du wirſt zur Abendzeit der Seufzer Bote ſeyn;
Sie ſchicken dich alsdann in ſanftbewegte Buͤſche,
Und wollen nichts von dir als buhlendes Geziſche.
Und dafuͤr kuͤſſeſt du noch mehr, als der Poet,
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/270>, abgerufen am 22.11.2024.
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