Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch.

So schmücke Bockshaar nicht die Stirn von jun-
gen Greisen;

So mag man Puder, Kamm, Pomad, und Kräu-
seleisen

Jm alten Chaos sehn; und durch der Nachwelt Fleiß
Sey Puder künftig grau, und nicht mehr blendend
weiß.

Er schwieg. Sein Donner fuhr von den erzürn-
ten Lippen.

Und ihm antworteten die ungeheuren Klippen.
Von jedem Felsen rauscht, auf seiner Stimme Schall,
Mit fürchterlichem Laut ein rauher Wiederhall.
Arminde nahm sogleich von ihrer Götterstirne
Ein feuerrothes Band, das von geweihtem Zwirne
Die Zauberey gewebt. Sie spricht: Dies Band sey
dein.

Was es berührt, hört auf, das, was es war, zu seyn,
Und wird, was du befiehlst. Die, so dein Herz
entführet,

Bestäubt gewiß ihr Haar, wenn sie dies Band be-
rühret;

Ja durch dies Band kanst du dich selbst verwandelt
sehn;
Willst

Erſtes Buch.

So ſchmuͤcke Bockshaar nicht die Stirn von jun-
gen Greiſen;

So mag man Puder, Kamm, Pomad, und Kraͤu-
ſeleiſen

Jm alten Chaos ſehn; und durch der Nachwelt Fleiß
Sey Puder kuͤnftig grau, und nicht mehr blendend
weiß.

Er ſchwieg. Sein Donner fuhr von den erzuͤrn-
ten Lippen.

Und ihm antworteten die ungeheuren Klippen.
Von jedem Felſen rauſcht, auf ſeiner Stimme Schall,
Mit fuͤrchterlichem Laut ein rauher Wiederhall.
Arminde nahm ſogleich von ihrer Goͤtterſtirne
Ein feuerrothes Band, das von geweihtem Zwirne
Die Zauberey gewebt. Sie ſpricht: Dies Band ſey
dein.

Was es beruͤhrt, hoͤrt auf, das, was es war, zu ſeyn,
Und wird, was du befiehlſt. Die, ſo dein Herz
entfuͤhret,

Beſtaͤubt gewiß ihr Haar, wenn ſie dies Band be-
ruͤhret;

Ja durch dies Band kanſt du dich ſelbſt verwandelt
ſehn;
Willſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <l>
            <pb facs="#f0237" n="173"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi> </fw>
          </l><lb/>
          <l>So &#x017F;chmu&#x0364;cke Bockshaar nicht die Stirn von jun-<lb/><hi rendition="#et">gen Grei&#x017F;en;</hi></l><lb/>
          <l>So mag man Puder, Kamm, Pomad, und Kra&#x0364;u-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;elei&#x017F;en</hi></l><lb/>
          <l>Jm alten Chaos &#x017F;ehn; und durch der Nachwelt Fleiß</l><lb/>
          <l>Sey Puder ku&#x0364;nftig grau, und nicht mehr blendend<lb/><hi rendition="#et">weiß.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Er &#x017F;chwieg. Sein Donner fuhr von den erzu&#x0364;rn-<lb/><hi rendition="#et">ten Lippen.</hi></l><lb/>
          <l>Und ihm antworteten die ungeheuren Klippen.</l><lb/>
          <l>Von jedem Fel&#x017F;en rau&#x017F;cht, auf &#x017F;einer Stimme Schall,</l><lb/>
          <l>Mit fu&#x0364;rchterlichem Laut ein rauher Wiederhall.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Arminde nahm &#x017F;ogleich von ihrer Go&#x0364;tter&#x017F;tirne</l><lb/>
          <l>Ein feuerrothes Band, das von geweihtem Zwirne</l><lb/>
          <l>Die Zauberey gewebt. Sie &#x017F;pricht: Dies Band &#x017F;ey<lb/><hi rendition="#et">dein.</hi></l><lb/>
          <l>Was es beru&#x0364;hrt, ho&#x0364;rt auf, das, was es war, zu &#x017F;eyn,</l><lb/>
          <l>Und wird, was du befiehl&#x017F;t. Die, &#x017F;o dein Herz<lb/><hi rendition="#et">entfu&#x0364;hret,</hi></l><lb/>
          <l>Be&#x017F;ta&#x0364;ubt gewiß ihr Haar, wenn &#x017F;ie dies Band be-<lb/><hi rendition="#et">ru&#x0364;hret;</hi></l><lb/>
          <l>Ja durch dies Band kan&#x017F;t du dich &#x017F;elb&#x017F;t verwandelt<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ehn;</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Will&#x017F;t</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0237] Erſtes Buch. So ſchmuͤcke Bockshaar nicht die Stirn von jun- gen Greiſen; So mag man Puder, Kamm, Pomad, und Kraͤu- ſeleiſen Jm alten Chaos ſehn; und durch der Nachwelt Fleiß Sey Puder kuͤnftig grau, und nicht mehr blendend weiß. Er ſchwieg. Sein Donner fuhr von den erzuͤrn- ten Lippen. Und ihm antworteten die ungeheuren Klippen. Von jedem Felſen rauſcht, auf ſeiner Stimme Schall, Mit fuͤrchterlichem Laut ein rauher Wiederhall. Arminde nahm ſogleich von ihrer Goͤtterſtirne Ein feuerrothes Band, das von geweihtem Zwirne Die Zauberey gewebt. Sie ſpricht: Dies Band ſey dein. Was es beruͤhrt, hoͤrt auf, das, was es war, zu ſeyn, Und wird, was du befiehlſt. Die, ſo dein Herz entfuͤhret, Beſtaͤubt gewiß ihr Haar, wenn ſie dies Band be- ruͤhret; Ja durch dies Band kanſt du dich ſelbſt verwandelt ſehn; Willſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/237
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/237>, abgerufen am 22.11.2024.