Ein Himmelblau Gewand nachläßig aufgelöst, Das halb den Leib umschließt, und halb den Leib entblößt, Fliegt flatternd in die Luft, bewegt von leichten Win- den, Voll Falten, die entstehn, und auch sogleich ver- schwinden; Der Runzeln Menge gleich, die man des Morgens sieht, Doch die am Nachttisch schnell durch Putz und Schmink entflieht. Als Pudergott herrscht er mit mächtigen Befehlen. Das Alter lehret er, das Alter zu verhehlen. Den Rathsherrn hebet er durch der Perücke Gunst, Und manches rothe Haar verstecket seine Kunst. Er sah Selindens Glanz, durch Jugend noch er- hoben, Und blieb verlohren stehn im Anschaun, und im Loben. Wie, wenn zum erstenmal ein edelmüthger Mohr, Der eifrig auf die Jagd in Wäldern sich verlohr, Ein weißes Mädchen sieht, das in den Büschen irret;
Jhm
Verwandlungen.
Ein Himmelblau Gewand nachlaͤßig aufgeloͤſt, Das halb den Leib umſchließt, und halb den Leib entbloͤßt, Fliegt flatternd in die Luft, bewegt von leichten Win- den, Voll Falten, die entſtehn, und auch ſogleich ver- ſchwinden; Der Runzeln Menge gleich, die man des Morgens ſieht, Doch die am Nachttiſch ſchnell durch Putz und Schmink entflieht. Als Pudergott herrſcht er mit maͤchtigen Befehlen. Das Alter lehret er, das Alter zu verhehlen. Den Rathsherrn hebet er durch der Peruͤcke Gunſt, Und manches rothe Haar verſtecket ſeine Kunſt. Er ſah Selindens Glanz, durch Jugend noch er- hoben, Und blieb verlohren ſtehn im Anſchaun, und im Loben. Wie, wenn zum erſtenmal ein edelmuͤthger Mohr, Der eifrig auf die Jagd in Waͤldern ſich verlohr, Ein weißes Maͤdchen ſieht, das in den Buͤſchen irret;
Jhm
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Verwandlungen.
Ein Himmelblau Gewand nachlaͤßig aufgeloͤſt,
Das halb den Leib umſchließt, und halb den Leib
entbloͤßt,
Fliegt flatternd in die Luft, bewegt von leichten Win-
den,
Voll Falten, die entſtehn, und auch ſogleich ver-
ſchwinden;
Der Runzeln Menge gleich, die man des Morgens ſieht,
Doch die am Nachttiſch ſchnell durch Putz und Schmink
entflieht.
Als Pudergott herrſcht er mit maͤchtigen Befehlen.
Das Alter lehret er, das Alter zu verhehlen.
Den Rathsherrn hebet er durch der Peruͤcke Gunſt,
Und manches rothe Haar verſtecket ſeine Kunſt.
Er ſah Selindens Glanz, durch Jugend noch er-
hoben,
Und blieb verlohren ſtehn im Anſchaun, und im Loben.
Wie, wenn zum erſtenmal ein edelmuͤthger Mohr,
Der eifrig auf die Jagd in Waͤldern ſich verlohr,
Ein weißes Maͤdchen ſieht, das in den Buͤſchen irret;
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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