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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

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Dritter Gesang.

Der andre soll niemals nach jungen Schönen sehn;
Der dritte, wenn er scherzt, soll stets vernünftig
scherzen,

Und Tobacksdampf soll euch die bunten Flügel schwärzen.

So sagt er; und die Schaar wird durch die
Ehr entflammt;

Mit stolzem Angesicht eilt jeder an sein Amt.
Jndessen läßt Sylvan die Thür der Sänste schließen;
Die Träger schreiten fort mit weitgedehnten Füßen.
Geräusch und Lärm nahm nun im blauen Hech-
te zu.

Der wilde Renommist verläßt die lange Ruh,
Und hebt sein schweres Haupt, dem hohen Tag entgegen,
Vom harten Stroh empor, auf dem er sanft gelegen.
Von seinen Lippen schallt ein jenischer Gesang,
Und nach Calmucken war sein allererster Gang.
Er stand im öden Stall, und hieng die schlaffen Ohren.
Was machst du, armes Thier? Hast du den Muth
verlohren?
Sprach

Dritter Geſang.

Der andre ſoll niemals nach jungen Schoͤnen ſehn;
Der dritte, wenn er ſcherzt, ſoll ſtets vernuͤnftig
ſcherzen,

Und Tobacksdampf ſoll euch die bunten Fluͤgel ſchwaͤrzen.

So ſagt er; und die Schaar wird durch die
Ehr entflammt;

Mit ſtolzem Angeſicht eilt jeder an ſein Amt.
Jndeſſen laͤßt Sylvan die Thuͤr der Saͤnſte ſchließen;
Die Traͤger ſchreiten fort mit weitgedehnten Fuͤßen.
Geraͤuſch und Laͤrm nahm nun im blauen Hech-
te zu.

Der wilde Renommiſt verlaͤßt die lange Ruh,
Und hebt ſein ſchweres Haupt, dem hohen Tag entgegen,
Vom harten Stroh empor, auf dem er ſanft gelegen.
Von ſeinen Lippen ſchallt ein jeniſcher Geſang,
Und nach Calmucken war ſein allererſter Gang.
Er ſtand im oͤden Stall, und hieng die ſchlaffen Ohren.
Was machſt du, armes Thier? Haſt du den Muth
verlohren?
Sprach
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[75/0139] Dritter Geſang. Der andre ſoll niemals nach jungen Schoͤnen ſehn; Der dritte, wenn er ſcherzt, ſoll ſtets vernuͤnftig ſcherzen, Und Tobacksdampf ſoll euch die bunten Fluͤgel ſchwaͤrzen. So ſagt er; und die Schaar wird durch die Ehr entflammt; Mit ſtolzem Angeſicht eilt jeder an ſein Amt. Jndeſſen laͤßt Sylvan die Thuͤr der Saͤnſte ſchließen; Die Traͤger ſchreiten fort mit weitgedehnten Fuͤßen. Geraͤuſch und Laͤrm nahm nun im blauen Hech- te zu. Der wilde Renommiſt verlaͤßt die lange Ruh, Und hebt ſein ſchweres Haupt, dem hohen Tag entgegen, Vom harten Stroh empor, auf dem er ſanft gelegen. Von ſeinen Lippen ſchallt ein jeniſcher Geſang, Und nach Calmucken war ſein allererſter Gang. Er ſtand im oͤden Stall, und hieng die ſchlaffen Ohren. Was machſt du, armes Thier? Haſt du den Muth verlohren? Sprach

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/139>, abgerufen am 23.11.2024.