Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Zweyter Gesang.

Wie? Leipzig, wirst du mir auf einmal ungetreu?
Will der bebänderte nie bloß gesehne Degen
Auf einmal kriegrisch seyn, auf einmal Lärm erregen?
Die Mode sieht indeß, mit aufgebrachtem Sinn,
Voll Unmuth, Furcht, und Angst, starr auf den Bo-
den hin.

Jhr Herz fängt bey dem Lärm unruhig an zu schlagen.
Jetzt schweigt sie, ietzt will sie beherzt zu reden wagen.
Und endlich hebt sie an: O Göttin, zürne nicht,
Wenn Ungezogenheit den festen Damm durchbricht,
Den nie -- jedoch die Furcht verbietet ihr zu sprechen,
Und Raufbold, und sein Heer rathschlagt indeß Ver-
brechen.

Jhr Stürmer, haltet ein! Der keichende Lindan,
Der Schutzgott Leipzigs kam auf schnellen Flügeln an;
Mit Staub auf seinem Kopf, und mit zerrißnen
Haaren;

Die Moden machen Platz; er drängt sich durch die
Schaaren,

Und
C 5

Zweyter Geſang.

Wie? Leipzig, wirſt du mir auf einmal ungetreu?
Will der bebaͤnderte nie bloß geſehne Degen
Auf einmal kriegriſch ſeyn, auf einmal Laͤrm erregen?
Die Mode ſieht indeß, mit aufgebrachtem Sinn,
Voll Unmuth, Furcht, und Angſt, ſtarr auf den Bo-
den hin.

Jhr Herz faͤngt bey dem Laͤrm unruhig an zu ſchlagen.
Jetzt ſchweigt ſie, ietzt will ſie beherzt zu reden wagen.
Und endlich hebt ſie an: O Goͤttin, zuͤrne nicht,
Wenn Ungezogenheit den feſten Damm durchbricht,
Den nie — jedoch die Furcht verbietet ihr zu ſprechen,
Und Raufbold, und ſein Heer rathſchlagt indeß Ver-
brechen.

Jhr Stuͤrmer, haltet ein! Der keichende Lindan,
Der Schutzgott Leipzigs kam auf ſchnellen Fluͤgeln an;
Mit Staub auf ſeinem Kopf, und mit zerrißnen
Haaren;

Die Moden machen Platz; er draͤngt ſich durch die
Schaaren,

Und
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <l>
            <pb facs="#f0105" n="41"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zweyter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw>
          </l><lb/>
          <l>Wie? Leipzig, wir&#x017F;t du mir auf einmal ungetreu?</l><lb/>
          <l>Will der beba&#x0364;nderte nie bloß ge&#x017F;ehne Degen</l><lb/>
          <l>Auf einmal kriegri&#x017F;ch &#x017F;eyn, auf einmal La&#x0364;rm erregen?</l><lb/>
          <l>Die Mode &#x017F;ieht indeß, mit aufgebrachtem Sinn,</l><lb/>
          <l>Voll Unmuth, Furcht, und Ang&#x017F;t, &#x017F;tarr auf den Bo-<lb/><hi rendition="#et">den hin.</hi></l><lb/>
          <l>Jhr Herz fa&#x0364;ngt bey dem La&#x0364;rm unruhig an zu &#x017F;chlagen.</l><lb/>
          <l>Jetzt &#x017F;chweigt &#x017F;ie, ietzt will &#x017F;ie beherzt zu reden wagen.</l><lb/>
          <l>Und endlich hebt &#x017F;ie an: O Go&#x0364;ttin, zu&#x0364;rne nicht,</l><lb/>
          <l>Wenn Ungezogenheit den fe&#x017F;ten Damm durchbricht,</l><lb/>
          <l>Den nie &#x2014; jedoch die Furcht verbietet ihr zu &#x017F;prechen,</l><lb/>
          <l>Und Raufbold, und &#x017F;ein Heer rath&#x017F;chlagt indeß Ver-<lb/><hi rendition="#et">brechen.</hi></l><lb/>
          <l>Jhr Stu&#x0364;rmer, haltet ein! Der keichende Lindan,</l><lb/>
          <l>Der Schutzgott Leipzigs kam auf &#x017F;chnellen Flu&#x0364;geln an;</l><lb/>
          <l>Mit Staub auf &#x017F;einem Kopf, und mit zerrißnen<lb/><hi rendition="#et">Haaren;</hi></l><lb/>
          <l>Die Moden machen Platz; er dra&#x0364;ngt &#x017F;ich durch die<lb/><hi rendition="#et">Schaaren,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0105] Zweyter Geſang. Wie? Leipzig, wirſt du mir auf einmal ungetreu? Will der bebaͤnderte nie bloß geſehne Degen Auf einmal kriegriſch ſeyn, auf einmal Laͤrm erregen? Die Mode ſieht indeß, mit aufgebrachtem Sinn, Voll Unmuth, Furcht, und Angſt, ſtarr auf den Bo- den hin. Jhr Herz faͤngt bey dem Laͤrm unruhig an zu ſchlagen. Jetzt ſchweigt ſie, ietzt will ſie beherzt zu reden wagen. Und endlich hebt ſie an: O Goͤttin, zuͤrne nicht, Wenn Ungezogenheit den feſten Damm durchbricht, Den nie — jedoch die Furcht verbietet ihr zu ſprechen, Und Raufbold, und ſein Heer rathſchlagt indeß Ver- brechen. Jhr Stuͤrmer, haltet ein! Der keichende Lindan, Der Schutzgott Leipzigs kam auf ſchnellen Fluͤgeln an; Mit Staub auf ſeinem Kopf, und mit zerrißnen Haaren; Die Moden machen Platz; er draͤngt ſich durch die Schaaren, Und C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/105
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/105>, abgerufen am 27.11.2024.