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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Die Gesetze der Bewegung.
bei s, so dass keine fortschreitende Be-
wegung derselben mehr möglich ist, so
wird höchstens eine Drehung um den Un-
terstützungspunkt noch erfolgen können.
Man bezeichnet eine derartige Linie, die
an irgend einem Punkt so unterstützt ist,
dass sie nicht fortbewegt, sondern nur um
[Abbildung] Fig. 4.
den Unterstützungspunkt gedreht werden kann, als einen einfa-
chen Hebel
. Wie stark die unterstützende Kraft sein muss, damit
keine fortschreitende Bewegung der Linie eintrete, ergibt sich schon
aus den für das Gleichgewicht eines Punktes festgestellten Bedingun-
gen. Wenn, wie in unserer Figur, die Kräfte parallel und gleicher
Richtung sind, so muss die Unterstützung mindestens der Summe der-
selben gleich sein. Wenn die Kräfte parallel, aber entgegengesetzter
Richtung sind, so muss die unterstützende Kraft gleich ihrem Unter-
schied sein. Wenn endlich die Richtungen der Kräfte verlängert ge-
dacht einen Winkel mit einander einschliessen, wenn z. B. c g und a e
in Fig. 5 die Richtungen der Kräfte sind, so zerlegt man eine jede
nach dem Satz vom Parallelogramm in der Weise, dass zwei Seiten-
kräfte c h und a f von gleicher Grösse und entgegengesetzter Richtung
entstehen und also die parallelen Seitenkräfte c d und a b übrig blei-
ben. c h und a f heben sich auf, bewirken also keine Bewegung, und
um die fortschreitende Bewegung, welche a b und c d erzeugen wür-
den, aufzuheben, muss man irgendwo an der Linie eine unterstützende
Kraft anbringen, deren Grösse wieder der Summe jener beiden paral-
lelen Kräfte gleich ist. Nachdem also in Bezug auf fortschreitende
Bewegung die Kräftewirkung an einer Linie ganz auf die nämlichen
Sätze zurückgeführt ist, die für die Kräftewirkung an einem Punkte
gelten, bleibt hier nur noch jene drehende Wirkung der Kräfte zu
betrachten übrig.

Sind wieder a b und c d (Fig. 5) die beiden an den Endpunkten
der Linie wirkenden Kräfte, so wird offenbar nichts geändert, wenn
man am Punkt a noch eine Kraft a f und am Punkt c eine ihr glei-
che c h von entgegengesetzter Richtung hinzufügt, da beide sich auf-
heben. Nun würden a b und a f zusammen die resultirende Kraft
a e, c d und c h zusammen die resultirende Kraft c g bilden. Da es
aber vollkommen gleichgültig ist, ob man a f und c h hinzufügt, so ist
es auch gleichgültig, ob man statt der Kräfte a b und c d die Kräfte
a e und c g setzt. Verlängert man die Richtungen a e und c g bis zu
ihrem Durchschnittspunkt i, und denkt man sich, die Linien a i und
i c wären gewichtslose, mit dem Hebel a c fest verbundene Stangen,
so würde offenbar durch das Dasein derselben an der Bewegung des
Hebels gar nichts geändert. Es würde aber dann auch ganz gleich-
gültig sein, an welchem Punkt der Linie a i die Kraft a e wirksam wäre,

Die Gesetze der Bewegung.
bei s, so dass keine fortschreitende Be-
wegung derselben mehr möglich ist, so
wird höchstens eine Drehung um den Un-
terstützungspunkt noch erfolgen können.
Man bezeichnet eine derartige Linie, die
an irgend einem Punkt so unterstützt ist,
dass sie nicht fortbewegt, sondern nur um
[Abbildung] Fig. 4.
den Unterstützungspunkt gedreht werden kann, als einen einfa-
chen Hebel
. Wie stark die unterstützende Kraft sein muss, damit
keine fortschreitende Bewegung der Linie eintrete, ergibt sich schon
aus den für das Gleichgewicht eines Punktes festgestellten Bedingun-
gen. Wenn, wie in unserer Figur, die Kräfte parallel und gleicher
Richtung sind, so muss die Unterstützung mindestens der Summe der-
selben gleich sein. Wenn die Kräfte parallel, aber entgegengesetzter
Richtung sind, so muss die unterstützende Kraft gleich ihrem Unter-
schied sein. Wenn endlich die Richtungen der Kräfte verlängert ge-
dacht einen Winkel mit einander einschliessen, wenn z. B. c g und a e
in Fig. 5 die Richtungen der Kräfte sind, so zerlegt man eine jede
nach dem Satz vom Parallelogramm in der Weise, dass zwei Seiten-
kräfte c h und a f von gleicher Grösse und entgegengesetzter Richtung
entstehen und also die parallelen Seitenkräfte c d und a b übrig blei-
ben. c h und a f heben sich auf, bewirken also keine Bewegung, und
um die fortschreitende Bewegung, welche a b und c d erzeugen wür-
den, aufzuheben, muss man irgendwo an der Linie eine unterstützende
Kraft anbringen, deren Grösse wieder der Summe jener beiden paral-
lelen Kräfte gleich ist. Nachdem also in Bezug auf fortschreitende
Bewegung die Kräftewirkung an einer Linie ganz auf die nämlichen
Sätze zurückgeführt ist, die für die Kräftewirkung an einem Punkte
gelten, bleibt hier nur noch jene drehende Wirkung der Kräfte zu
betrachten übrig.

Sind wieder a b und c d (Fig. 5) die beiden an den Endpunkten
der Linie wirkenden Kräfte, so wird offenbar nichts geändert, wenn
man am Punkt a noch eine Kraft a f und am Punkt c eine ihr glei-
che c h von entgegengesetzter Richtung hinzufügt, da beide sich auf-
heben. Nun würden a b und a f zusammen die resultirende Kraft
a e, c d und c h zusammen die resultirende Kraft c g bilden. Da es
aber vollkommen gleichgültig ist, ob man a f und c h hinzufügt, so ist
es auch gleichgültig, ob man statt der Kräfte a b und c d die Kräfte
a e und c g setzt. Verlängert man die Richtungen a e und c g bis zu
ihrem Durchschnittspunkt i, und denkt man sich, die Linien a i und
i c wären gewichtslose, mit dem Hebel a c fest verbundene Stangen,
so würde offenbar durch das Dasein derselben an der Bewegung des
Hebels gar nichts geändert. Es würde aber dann auch ganz gleich-
gültig sein, an welchem Punkt der Linie a i die Kraft a e wirksam wäre,

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[21/0043] Die Gesetze der Bewegung. bei s, so dass keine fortschreitende Be- wegung derselben mehr möglich ist, so wird höchstens eine Drehung um den Un- terstützungspunkt noch erfolgen können. Man bezeichnet eine derartige Linie, die an irgend einem Punkt so unterstützt ist, dass sie nicht fortbewegt, sondern nur um [Abbildung Fig. 4.] den Unterstützungspunkt gedreht werden kann, als einen einfa- chen Hebel. Wie stark die unterstützende Kraft sein muss, damit keine fortschreitende Bewegung der Linie eintrete, ergibt sich schon aus den für das Gleichgewicht eines Punktes festgestellten Bedingun- gen. Wenn, wie in unserer Figur, die Kräfte parallel und gleicher Richtung sind, so muss die Unterstützung mindestens der Summe der- selben gleich sein. Wenn die Kräfte parallel, aber entgegengesetzter Richtung sind, so muss die unterstützende Kraft gleich ihrem Unter- schied sein. Wenn endlich die Richtungen der Kräfte verlängert ge- dacht einen Winkel mit einander einschliessen, wenn z. B. c g und a e in Fig. 5 die Richtungen der Kräfte sind, so zerlegt man eine jede nach dem Satz vom Parallelogramm in der Weise, dass zwei Seiten- kräfte c h und a f von gleicher Grösse und entgegengesetzter Richtung entstehen und also die parallelen Seitenkräfte c d und a b übrig blei- ben. c h und a f heben sich auf, bewirken also keine Bewegung, und um die fortschreitende Bewegung, welche a b und c d erzeugen wür- den, aufzuheben, muss man irgendwo an der Linie eine unterstützende Kraft anbringen, deren Grösse wieder der Summe jener beiden paral- lelen Kräfte gleich ist. Nachdem also in Bezug auf fortschreitende Bewegung die Kräftewirkung an einer Linie ganz auf die nämlichen Sätze zurückgeführt ist, die für die Kräftewirkung an einem Punkte gelten, bleibt hier nur noch jene drehende Wirkung der Kräfte zu betrachten übrig. Sind wieder a b und c d (Fig. 5) die beiden an den Endpunkten der Linie wirkenden Kräfte, so wird offenbar nichts geändert, wenn man am Punkt a noch eine Kraft a f und am Punkt c eine ihr glei- che c h von entgegengesetzter Richtung hinzufügt, da beide sich auf- heben. Nun würden a b und a f zusammen die resultirende Kraft a e, c d und c h zusammen die resultirende Kraft c g bilden. Da es aber vollkommen gleichgültig ist, ob man a f und c h hinzufügt, so ist es auch gleichgültig, ob man statt der Kräfte a b und c d die Kräfte a e und c g setzt. Verlängert man die Richtungen a e und c g bis zu ihrem Durchschnittspunkt i, und denkt man sich, die Linien a i und i c wären gewichtslose, mit dem Hebel a c fest verbundene Stangen, so würde offenbar durch das Dasein derselben an der Bewegung des Hebels gar nichts geändert. Es würde aber dann auch ganz gleich- gültig sein, an welchem Punkt der Linie a i die Kraft a e wirksam wäre,

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/43>, abgerufen am 27.11.2024.