Ein jenseits d g befindliches Auge sieht daher statt des Punktes l zwei Punkte l und l'. Untersucht man nun die austretenden Strahlen o p und i r, so findet man, dass beide nach zu einander senkrechten Ebenen polarisirt sind. Die Polarisationsebene des ordentlichen Strahls o p fällt mit dem Hauptschnitt zusammen, und die Polarisationsebene des ausserordentlichen Strahls i r ist senkrecht zum Hauptschnitt: hier liegen daher die Schwingungen im Hauptschnitt, während sie dort auf ihm senkrecht stehen. Fällt der Strahl l m nicht senkrecht sondern unter irgend einem Winkel auf die Fläche a e, so verhält sich natürlich die Sache ähnlich, nur dass dann auch der ordentliche Strahl m o gemäss dem Brechungsgesetz von seinem Weg abgelenkt wird.
Untersucht man nun die Brechung im Kalkspath bei irgend ver- schiedenen Einfallswinkeln, so findet man, dass der ordentliche Strahl unter allen Umständen dem regelmässigen Brechungsgesetze folgt, sein Brechungsindex ist also constant, beiläufig = 1,6543, und der gebrochene Strahl liegt mit dem einfallenden und dem Einfallsloth in einer Ebene. Anders verhält sich dagegen der ausserordentliche Strahl. Dieser fällt, wenn der einfallende Strahl der Hauptaxe pa- rallel ist, mit dem ordentlichen Strahl zusammen, sein Brechungsindex ist also hier gleich demjenigen des letztern. Sobald aber der ein- fallende Strahl mit der Hauptaxe einen Winkel einschliesst, wird der Brechungsindex des ausserordentlichen Strahls kleiner als derjenige des ordentlichen, und er geht, bei einer zur Hauptaxe senkrechten Richtung, bis auf 1,483 herab. Ausserdem aber liegt der ausserordent- liche Strahl nur dann in der Einfallsebene, wenn diese ein Haupt- schnitt oder eine die Hauptschnitte unter einem rechten Winkel kreu- zende Ebene ist; in allen andern Fällen tritt er aus der Einfalls- ebene aus.
Da der Brechungsindex und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit220 Wellenfläche einaxiger Kry- stalle. des Lichtes in der bestimmten Beziehung
[Formel 1]
= n stehen, wenn man mit v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der Luft und mit v' die- jenige in dem dichteren Medium bezeichnet, so folgt aus den obigen
[Abbildung]
Fig. 165.
Thatsachen, dass die Fortpflanzungsge- schwindigkeit des ordentlichen Strahls nach allen Richtungen die nämliche, die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit des ausserordent- lichen Strahls dagegen nach den verschie- denen Richtungen eine verschiedene ist. Während also der ordentliche Strahl die Wegstrecken b c und d e (Fig. 165) in gleichen Zeiten zurücklegt, pflanzt sich der
Doppelbrechung in ein- und zweiaxigen Krystallen.
Ein jenseits d g befindliches Auge sieht daher statt des Punktes l zwei Punkte l und l'. Untersucht man nun die austretenden Strahlen o p und i r, so findet man, dass beide nach zu einander senkrechten Ebenen polarisirt sind. Die Polarisationsebene des ordentlichen Strahls o p fällt mit dem Hauptschnitt zusammen, und die Polarisationsebene des ausserordentlichen Strahls i r ist senkrecht zum Hauptschnitt: hier liegen daher die Schwingungen im Hauptschnitt, während sie dort auf ihm senkrecht stehen. Fällt der Strahl l m nicht senkrecht sondern unter irgend einem Winkel auf die Fläche a e, so verhält sich natürlich die Sache ähnlich, nur dass dann auch der ordentliche Strahl m o gemäss dem Brechungsgesetz von seinem Weg abgelenkt wird.
Untersucht man nun die Brechung im Kalkspath bei irgend ver- schiedenen Einfallswinkeln, so findet man, dass der ordentliche Strahl unter allen Umständen dem regelmässigen Brechungsgesetze folgt, sein Brechungsindex ist also constant, beiläufig = 1,6543, und der gebrochene Strahl liegt mit dem einfallenden und dem Einfallsloth in einer Ebene. Anders verhält sich dagegen der ausserordentliche Strahl. Dieser fällt, wenn der einfallende Strahl der Hauptaxe pa- rallel ist, mit dem ordentlichen Strahl zusammen, sein Brechungsindex ist also hier gleich demjenigen des letztern. Sobald aber der ein- fallende Strahl mit der Hauptaxe einen Winkel einschliesst, wird der Brechungsindex des ausserordentlichen Strahls kleiner als derjenige des ordentlichen, und er geht, bei einer zur Hauptaxe senkrechten Richtung, bis auf 1,483 herab. Ausserdem aber liegt der ausserordent- liche Strahl nur dann in der Einfallsebene, wenn diese ein Haupt- schnitt oder eine die Hauptschnitte unter einem rechten Winkel kreu- zende Ebene ist; in allen andern Fällen tritt er aus der Einfalls- ebene aus.
Da der Brechungsindex und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit220 Wellenfläche einaxiger Kry- stalle. des Lichtes in der bestimmten Beziehung
[Formel 1]
= n stehen, wenn man mit v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der Luft und mit v' die- jenige in dem dichteren Medium bezeichnet, so folgt aus den obigen
[Abbildung]
Fig. 165.
Thatsachen, dass die Fortpflanzungsge- schwindigkeit des ordentlichen Strahls nach allen Richtungen die nämliche, die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit des ausserordent- lichen Strahls dagegen nach den verschie- denen Richtungen eine verschiedene ist. Während also der ordentliche Strahl die Wegstrecken b c und d e (Fig. 165) in gleichen Zeiten zurücklegt, pflanzt sich der
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Doppelbrechung in ein- und zweiaxigen Krystallen.
Ein jenseits d g befindliches Auge sieht daher statt des Punktes l
zwei Punkte l und l'. Untersucht man nun die austretenden Strahlen
o p und i r, so findet man, dass beide nach zu einander senkrechten
Ebenen polarisirt sind. Die Polarisationsebene des ordentlichen Strahls
o p fällt mit dem Hauptschnitt zusammen, und die Polarisationsebene
des ausserordentlichen Strahls i r ist senkrecht zum Hauptschnitt:
hier liegen daher die Schwingungen im Hauptschnitt, während sie
dort auf ihm senkrecht stehen. Fällt der Strahl l m nicht senkrecht
sondern unter irgend einem Winkel auf die Fläche a e, so verhält
sich natürlich die Sache ähnlich, nur dass dann auch der ordentliche
Strahl m o gemäss dem Brechungsgesetz von seinem Weg abgelenkt
wird.
Untersucht man nun die Brechung im Kalkspath bei irgend ver-
schiedenen Einfallswinkeln, so findet man, dass der ordentliche Strahl
unter allen Umständen dem regelmässigen Brechungsgesetze folgt,
sein Brechungsindex ist also constant, beiläufig = 1,6543, und der
gebrochene Strahl liegt mit dem einfallenden und dem Einfallsloth in
einer Ebene. Anders verhält sich dagegen der ausserordentliche
Strahl. Dieser fällt, wenn der einfallende Strahl der Hauptaxe pa-
rallel ist, mit dem ordentlichen Strahl zusammen, sein Brechungsindex
ist also hier gleich demjenigen des letztern. Sobald aber der ein-
fallende Strahl mit der Hauptaxe einen Winkel einschliesst, wird der
Brechungsindex des ausserordentlichen Strahls kleiner als derjenige
des ordentlichen, und er geht, bei einer zur Hauptaxe senkrechten
Richtung, bis auf 1,483 herab. Ausserdem aber liegt der ausserordent-
liche Strahl nur dann in der Einfallsebene, wenn diese ein Haupt-
schnitt oder eine die Hauptschnitte unter einem rechten Winkel kreu-
zende Ebene ist; in allen andern Fällen tritt er aus der Einfalls-
ebene aus.
Da der Brechungsindex und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Lichtes in der bestimmten Beziehung [FORMEL] = n stehen, wenn man
mit v die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in der Luft und mit v' die-
jenige in dem dichteren Medium bezeichnet, so folgt aus den obigen
[Abbildung Fig. 165.]
Thatsachen, dass die Fortpflanzungsge-
schwindigkeit des ordentlichen Strahls nach
allen Richtungen die nämliche, die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit des ausserordent-
lichen Strahls dagegen nach den verschie-
denen Richtungen eine verschiedene ist.
Während also der ordentliche Strahl die
Wegstrecken b c und d e (Fig. 165) in
gleichen Zeiten zurücklegt, pflanzt sich der
220
Wellenfläche
einaxiger Kry-
stalle.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/353>, abgerufen am 16.07.2024.
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