also der Strahl m i einen Winkel mit m o bildet, der kleiner als 90° ist, wird man jede in m ankommende Schwingung zunächst in zwei zu einander senkrechte Compo- nenten zerlegen können, von denen die auf der Einfallsebene senkrechte unmittelbar dem reflectirten Strahl angehört, während die in der Einfallsebene erfolgende wieder in zwei Componenten zerlegt werden muss, von denen nur die eine auf dem gebro- chenen Strahl senkrecht steht, während die andere der Fortpflanzungsrichtung dessel- ben parallel ist. Dasjenige Licht, dessen Schwingungen in der Einfallsebene erfolgen, besteht also aus Transversal- und Longitudinalschwingungen. Diese Longitudinal- schwingungen werden aber gerade so wirken, als wenn die Transversalschwin- gungen um einen bestimmten Theil einer Wellenphase zurückblieben. Denn ist a die Amplitude der Longitudinalschwingungen, so wird die mittlere Verzögerung der Transversalschwingung offenbar = 1/2 a sein. Ist also z. B. die Ampli- tude der Longitudinalschwingung halb so gross wie die Wellenlänge einer Trans- versalschwingung, so ist die Verzögerung der letzteren = 1/4 Wellenlänge. Wir wer- den diese hier ausnahmsweise im Lichte auftretenden Longitudinalschwingungen so- gleich nachher zur Erklärung der elliptischen Polarisation benützen.
Das gewöhnliche Licht konnten wir als nach zwei zu einander senkrechten Richtungen polarisirtes Licht betrachten, wobei aber die beiden Componenten, in die wir so die Schwingungen zerlegten, fort- während in ihrer relativen Grösse wechselten (s. Fig. 157). Lässt man dagegen zwei Strahlen zusammentreffen, die nur nach zwei Richtungen des Raumes polarisirt sind, nach diesen Richtungen also constante Schwingungsamplituden besitzen, so setzen sich diese zu einer einzigen Resultirenden zusammen, deren Polarisationsebene ähn- lich der Resultirenden im Kräfteparallelogramm zu bestimmen ist. Man erhält also auf diese Weise wieder nach einer Ebene polarisir- tes Licht.
Andere Erscheinungen treten jedoch ein, wenn die Strahlen, deren Polarisationsebenen zu einander geneigt sind, zugleich einen bestimmten Gangunterschied besitzen. Nehmen wir an, die Schwin-
[Abbildung]
Fig. 159.
gungsrichtung des einen Strahls sei a b, die des andern d e (Fig. 159), beide seien aber um 1/4 Wellenlänge von einander verschieden. Es würde dann, während ein dem in der Rich- tung d e schwingenden Strahl angehöriges Theilchen sich in c befände, ein dem nach a b schwingenden Strahl zugehöriges Theilchen in b sein, und während nun c sich mit abnehmender Geschwindigkeit nach e bewegte, würde sich b mit zunehmender Geschwindigkeit nach c bewegen. Es werden daher alle schwingenden Theilchen zu be- trachten sein als unter dem Einfluss zweier Kräfte stehend, von denen die eine von c nach e gerichtete abnimmt, die andere von b nach c gerichtete zunimmt. Das in b befindliche Theilchen wird somit einen Weg zurücklegen, den man erhält, wenn man für jede momentane Kraftwirkung die Diagonale zieht und alle diese Diagonalen mit einan-
Von dem Lichte.
also der Strahl m i einen Winkel mit m o bildet, der kleiner als 90° ist, wird man jede in m ankommende Schwingung zunächst in zwei zu einander senkrechte Compo- nenten zerlegen können, von denen die auf der Einfallsebene senkrechte unmittelbar dem reflectirten Strahl angehört, während die in der Einfallsebene erfolgende wieder in zwei Componenten zerlegt werden muss, von denen nur die eine auf dem gebro- chenen Strahl senkrecht steht, während die andere der Fortpflanzungsrichtung dessel- ben parallel ist. Dasjenige Licht, dessen Schwingungen in der Einfallsebene erfolgen, besteht also aus Transversal- und Longitudinalschwingungen. Diese Longitudinal- schwingungen werden aber gerade so wirken, als wenn die Transversalschwin- gungen um einen bestimmten Theil einer Wellenphase zurückblieben. Denn ist α die Amplitude der Longitudinalschwingungen, so wird die mittlere Verzögerung der Transversalschwingung offenbar = ½ α sein. Ist also z. B. die Ampli- tude der Longitudinalschwingung halb so gross wie die Wellenlänge einer Trans- versalschwingung, so ist die Verzögerung der letzteren = ¼ Wellenlänge. Wir wer- den diese hier ausnahmsweise im Lichte auftretenden Longitudinalschwingungen so- gleich nachher zur Erklärung der elliptischen Polarisation benützen.
Das gewöhnliche Licht konnten wir als nach zwei zu einander senkrechten Richtungen polarisirtes Licht betrachten, wobei aber die beiden Componenten, in die wir so die Schwingungen zerlegten, fort- während in ihrer relativen Grösse wechselten (s. Fig. 157). Lässt man dagegen zwei Strahlen zusammentreffen, die nur nach zwei Richtungen des Raumes polarisirt sind, nach diesen Richtungen also constante Schwingungsamplituden besitzen, so setzen sich diese zu einer einzigen Resultirenden zusammen, deren Polarisationsebene ähn- lich der Resultirenden im Kräfteparallelogramm zu bestimmen ist. Man erhält also auf diese Weise wieder nach einer Ebene polarisir- tes Licht.
Andere Erscheinungen treten jedoch ein, wenn die Strahlen, deren Polarisationsebenen zu einander geneigt sind, zugleich einen bestimmten Gangunterschied besitzen. Nehmen wir an, die Schwin-
[Abbildung]
Fig. 159.
gungsrichtung des einen Strahls sei a b, die des andern d e (Fig. 159), beide seien aber um ¼ Wellenlänge von einander verschieden. Es würde dann, während ein dem in der Rich- tung d e schwingenden Strahl angehöriges Theilchen sich in c befände, ein dem nach a b schwingenden Strahl zugehöriges Theilchen in b sein, und während nun c sich mit abnehmender Geschwindigkeit nach e bewegte, würde sich b mit zunehmender Geschwindigkeit nach c bewegen. Es werden daher alle schwingenden Theilchen zu be- trachten sein als unter dem Einfluss zweier Kräfte stehend, von denen die eine von c nach e gerichtete abnimmt, die andere von b nach c gerichtete zunimmt. Das in b befindliche Theilchen wird somit einen Weg zurücklegen, den man erhält, wenn man für jede momentane Kraftwirkung die Diagonale zieht und alle diese Diagonalen mit einan-
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[326/0348]
Von dem Lichte.
also der Strahl m i einen Winkel mit m o bildet, der kleiner als 90° ist, wird man
jede in m ankommende Schwingung zunächst in zwei zu einander senkrechte Compo-
nenten zerlegen können, von denen die auf der Einfallsebene senkrechte unmittelbar
dem reflectirten Strahl angehört, während die in der Einfallsebene erfolgende wieder
in zwei Componenten zerlegt werden muss, von denen nur die eine auf dem gebro-
chenen Strahl senkrecht steht, während die andere der Fortpflanzungsrichtung dessel-
ben parallel ist. Dasjenige Licht, dessen Schwingungen in der Einfallsebene erfolgen,
besteht also aus Transversal- und Longitudinalschwingungen. Diese Longitudinal-
schwingungen werden aber gerade so wirken, als wenn die Transversalschwin-
gungen um einen bestimmten Theil einer Wellenphase zurückblieben. Denn ist
α die Amplitude der Longitudinalschwingungen, so wird die mittlere Verzögerung
der Transversalschwingung offenbar = ½ α sein. Ist also z. B. die Ampli-
tude der Longitudinalschwingung halb so gross wie die Wellenlänge einer Trans-
versalschwingung, so ist die Verzögerung der letzteren = ¼ Wellenlänge. Wir wer-
den diese hier ausnahmsweise im Lichte auftretenden Longitudinalschwingungen so-
gleich nachher zur Erklärung der elliptischen Polarisation benützen.
Das gewöhnliche Licht konnten wir als nach zwei zu einander
senkrechten Richtungen polarisirtes Licht betrachten, wobei aber die
beiden Componenten, in die wir so die Schwingungen zerlegten, fort-
während in ihrer relativen Grösse wechselten (s. Fig. 157). Lässt
man dagegen zwei Strahlen zusammentreffen, die nur nach zwei
Richtungen des Raumes polarisirt sind, nach diesen Richtungen also
constante Schwingungsamplituden besitzen, so setzen sich diese zu
einer einzigen Resultirenden zusammen, deren Polarisationsebene ähn-
lich der Resultirenden im Kräfteparallelogramm zu bestimmen ist.
Man erhält also auf diese Weise wieder nach einer Ebene polarisir-
tes Licht.
Andere Erscheinungen treten jedoch ein, wenn die Strahlen,
deren Polarisationsebenen zu einander geneigt sind, zugleich einen
bestimmten Gangunterschied besitzen. Nehmen wir an, die Schwin-
[Abbildung Fig. 159.]
gungsrichtung des einen Strahls sei a b, die
des andern d e (Fig. 159), beide seien aber
um ¼ Wellenlänge von einander verschieden.
Es würde dann, während ein dem in der Rich-
tung d e schwingenden Strahl angehöriges
Theilchen sich in c befände, ein dem nach a b
schwingenden Strahl zugehöriges Theilchen in
b sein, und während nun c sich mit abnehmender Geschwindigkeit
nach e bewegte, würde sich b mit zunehmender Geschwindigkeit nach
c bewegen. Es werden daher alle schwingenden Theilchen zu be-
trachten sein als unter dem Einfluss zweier Kräfte stehend, von denen
die eine von c nach e gerichtete abnimmt, die andere von b nach c
gerichtete zunimmt. Das in b befindliche Theilchen wird somit einen
Weg zurücklegen, den man erhält, wenn man für jede momentane
Kraftwirkung die Diagonale zieht und alle diese Diagonalen mit einan-
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/348>, abgerufen am 10.01.2025.
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