zuerst ein reelles vergrössertes Bild a' b' und dann von diesem Bilde ein virtuelles vergrös- sertes Bild a" b". Wenn man bei a' b' einen Schirm anbrächte, so könnte man hier unmit- telbar das reelle Bild auffangen. Das virtuelle Bild a" b" aber existirt nur für unser Auge, das die von a' b' ausgehenden Lichtstrahlen wegen ihrer Ablenkung in L' auf einen weiter rückwärts gelegenen Ort bezieht. Die unmit- telbar vor dem Object gelegene Linse L, welche das reelle Bild liefert, wird die Objectiv- linse, die vor dem Auge befindliche Linse L', welche das virtuelle Bild erzeugt, die Ocular- linse genannt.
Die Ausdehnung des von dem Auge ge- sehenen vergrösserten Bildes ist stets eine be- schränkte, theils weil schon die Linse L nur dann ein vollständiges Bild von dem Object a b entwirft, wenn dieses einen mässigen Um- fang hat, vorzüglich aber desshalb, weil von den von dem Bilde a' b' divergirend ausgehen- den Strahlen nur die mittleren auf die Ocular- linse L' treffen. Das Auge kann daher durch die letztere immer nur den mittleren Theil des Bildes a' b' vergrössert sehen. So ist das Bild a" b" in Fig. 130 nur eine Vergrösserung des Theiles a b vom Bilde a' b'.
Um die Vergrösserung zu erhalten, die ein zusammengesetztes dioptrisches Mi- kroskop hewirkt, müssen wir zuerst die Vergrösserung des von der Objectivlinse ent- worfenen Bildes und dann die weitere Vergrösserung des letzteren durch das Ocular- glas aufsuchen. Nun ist, wie wir in §. 151, Gl. 4 fanden, wenn wir mit b1 die Grösse von a b, mit b2 die von a' b', mit F1 die Brennweite der Objectivlinse und mit f1 die Entfernung des Objects von der letztern bezeichnen,
[Formel 1]
Das Bild a" b" = b3 aber ist nach §. 182, wenn F2 die Brennweite des Oculars und S die Sehweite bedeutet,
[Formel 2]
; folglich 1)
[Formel 3]
. In dieser Gleichung ist nun f1 innerhalb gewisser Grenzen willkürlich veränderlich. Verkleinert man f1, so wird das Bild a' b' grösser werden und weiter gegen die Linse L' rücken, es wird dann aber auch das Licht divergenter in das Auge einfallen, als der normalen Sehweite desselben entspricht. Es kann dem abgeholfen werden, wenn man entweder für L' eine stärker brechende Linse nimmt, oder die Linse L' weiter in die Höhe rückt. Bei gegebener Stärke der Ocular- und Objectivlinse stehen hier- nach die Distanz f1 des Objects von der Objectivlinse und die Entfernung der beiden
Von dem Lichte.
[Abbildung]
Fig. 130.
zuerst ein reelles vergrössertes Bild a' b' und dann von diesem Bilde ein virtuelles vergrös- sertes Bild a″ b″. Wenn man bei a' b' einen Schirm anbrächte, so könnte man hier unmit- telbar das reelle Bild auffangen. Das virtuelle Bild a″ b″ aber existirt nur für unser Auge, das die von a' b' ausgehenden Lichtstrahlen wegen ihrer Ablenkung in L' auf einen weiter rückwärts gelegenen Ort bezieht. Die unmit- telbar vor dem Object gelegene Linse L, welche das reelle Bild liefert, wird die Objectiv- linse, die vor dem Auge befindliche Linse L', welche das virtuelle Bild erzeugt, die Ocular- linse genannt.
Die Ausdehnung des von dem Auge ge- sehenen vergrösserten Bildes ist stets eine be- schränkte, theils weil schon die Linse L nur dann ein vollständiges Bild von dem Object a b entwirft, wenn dieses einen mässigen Um- fang hat, vorzüglich aber desshalb, weil von den von dem Bilde a' b' divergirend ausgehen- den Strahlen nur die mittleren auf die Ocular- linse L' treffen. Das Auge kann daher durch die letztere immer nur den mittleren Theil des Bildes a' b' vergrössert sehen. So ist das Bild a″ b″ in Fig. 130 nur eine Vergrösserung des Theiles α β vom Bilde a' b'.
Um die Vergrösserung zu erhalten, die ein zusammengesetztes dioptrisches Mi- kroskop hewirkt, müssen wir zuerst die Vergrösserung des von der Objectivlinse ent- worfenen Bildes und dann die weitere Vergrösserung des letzteren durch das Ocular- glas aufsuchen. Nun ist, wie wir in §. 151, Gl. 4 fanden, wenn wir mit β1 die Grösse von a b, mit β2 die von a' b', mit F1 die Brennweite der Objectivlinse und mit f1 die Entfernung des Objects von der letztern bezeichnen,
[Formel 1]
Das Bild a″ b″ = β3 aber ist nach §. 182, wenn F2 die Brennweite des Oculars und S die Sehweite bedeutet,
[Formel 2]
; folglich 1)
[Formel 3]
. In dieser Gleichung ist nun f1 innerhalb gewisser Grenzen willkürlich veränderlich. Verkleinert man f1, so wird das Bild a' b' grösser werden und weiter gegen die Linse L' rücken, es wird dann aber auch das Licht divergenter in das Auge einfallen, als der normalen Sehweite desselben entspricht. Es kann dem abgeholfen werden, wenn man entweder für L' eine stärker brechende Linse nimmt, oder die Linse L' weiter in die Höhe rückt. Bei gegebener Stärke der Ocular- und Objectivlinse stehen hier- nach die Distanz f1 des Objects von der Objectivlinse und die Entfernung der beiden
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[280/0302]
Von dem Lichte.
[Abbildung Fig. 130.]
zuerst ein reelles vergrössertes Bild a' b' und
dann von diesem Bilde ein virtuelles vergrös-
sertes Bild a″ b″. Wenn man bei a' b' einen
Schirm anbrächte, so könnte man hier unmit-
telbar das reelle Bild auffangen. Das virtuelle
Bild a″ b″ aber existirt nur für unser Auge,
das die von a' b' ausgehenden Lichtstrahlen
wegen ihrer Ablenkung in L' auf einen weiter
rückwärts gelegenen Ort bezieht. Die unmit-
telbar vor dem Object gelegene Linse L, welche
das reelle Bild liefert, wird die Objectiv-
linse, die vor dem Auge befindliche Linse L',
welche das virtuelle Bild erzeugt, die Ocular-
linse genannt.
Die Ausdehnung des von dem Auge ge-
sehenen vergrösserten Bildes ist stets eine be-
schränkte, theils weil schon die Linse L nur
dann ein vollständiges Bild von dem Object
a b entwirft, wenn dieses einen mässigen Um-
fang hat, vorzüglich aber desshalb, weil von
den von dem Bilde a' b' divergirend ausgehen-
den Strahlen nur die mittleren auf die Ocular-
linse L' treffen. Das Auge kann daher durch die letztere immer nur
den mittleren Theil des Bildes a' b' vergrössert sehen. So ist das
Bild a″ b″ in Fig. 130 nur eine Vergrösserung des Theiles α β vom
Bilde a' b'.
Um die Vergrösserung zu erhalten, die ein zusammengesetztes dioptrisches Mi-
kroskop hewirkt, müssen wir zuerst die Vergrösserung des von der Objectivlinse ent-
worfenen Bildes und dann die weitere Vergrösserung des letzteren durch das Ocular-
glas aufsuchen. Nun ist, wie wir in §. 151, Gl. 4 fanden, wenn wir mit β1 die
Grösse von a b, mit β2 die von a' b', mit F1 die Brennweite der Objectivlinse und
mit f1 die Entfernung des Objects von der letztern bezeichnen, [FORMEL]
Das Bild a″ b″ = β3 aber ist nach §. 182, wenn F2 die Brennweite des Oculars
und S die Sehweite bedeutet, [FORMEL]; folglich
1) [FORMEL].
In dieser Gleichung ist nun f1 innerhalb gewisser Grenzen willkürlich veränderlich.
Verkleinert man f1, so wird das Bild a' b' grösser werden und weiter gegen die Linse
L' rücken, es wird dann aber auch das Licht divergenter in das Auge einfallen, als
der normalen Sehweite desselben entspricht. Es kann dem abgeholfen werden, wenn
man entweder für L' eine stärker brechende Linse nimmt, oder die Linse L' weiter
in die Höhe rückt. Bei gegebener Stärke der Ocular- und Objectivlinse stehen hier-
nach die Distanz f1 des Objects von der Objectivlinse und die Entfernung der beiden
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/302>, abgerufen am 25.11.2024.
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