Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.I. Die psychischen Elemente. sobald man ihre qualitativen und intensiven Eigenschaftengleichzeitig in Betracht zieht, ein zweidimensionales Con- tinuum bilden, bleibt das System der reinen Helligkeits- empfindungen unter Berücksichtigung beider Bestimmungs- stücke ein eindimensionales. Das ganze System lässt sich daher auch als eine stetige Reihe von Helligkeits- graden auffassen, wobei die niederen Grade ihrer Qualität nach als schwarz, ihrer Intensität nach als schwach, die höheren Grade ihrer Qualität nach als weiß, ihrer Intensität nach als stark bezeichnet werden. 15. Die Farbenempfindungen bilden, wenn man I. Die psychischen Elemente. sobald man ihre qualitativen und intensiven Eigenschaftengleichzeitig in Betracht zieht, ein zweidimensionales Con- tinuum bilden, bleibt das System der reinen Helligkeits- empfindungen unter Berücksichtigung beider Bestimmungs- stücke ein eindimensionales. Das ganze System lässt sich daher auch als eine stetige Reihe von Helligkeits- graden auffassen, wobei die niederen Grade ihrer Qualität nach als schwarz, ihrer Intensität nach als schwach, die höheren Grade ihrer Qualität nach als weiß, ihrer Intensität nach als stark bezeichnet werden. 15. Die Farbenempfindungen bilden, wenn man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0082" n="66"/><fw place="top" type="header">I. Die psychischen Elemente.</fw><lb/> sobald man ihre qualitativen und intensiven Eigenschaften<lb/> gleichzeitig in Betracht zieht, ein zweidimensionales Con-<lb/> tinuum bilden, bleibt das System der reinen Helligkeits-<lb/> empfindungen unter Berücksichtigung beider Bestimmungs-<lb/> stücke ein <hi rendition="#g">eindimensionales</hi>. Das ganze System lässt<lb/> sich daher auch als eine stetige Reihe von <hi rendition="#g">Helligkeits-<lb/> graden</hi> auffassen, wobei die niederen Grade ihrer Qualität<lb/> nach als schwarz, ihrer Intensität nach als schwach, die<lb/> höheren Grade ihrer Qualität nach als weiß, ihrer Intensität<lb/> nach als stark bezeichnet werden.</p><lb/> <p>15. Die <hi rendition="#g">Farbenempfindungen</hi> bilden, wenn man<lb/> bloß ihre Qualität berücksichtigt, ebenfalls ein eindimensio-<lb/> nales System. Dasselbe hat aber, im Unterschied von dem<lb/> System der reinen Helligkeitsempfindungen, die Eigenschaft,<lb/> dass es, von welchem Punkte man auch ausgehen möge, in<lb/> sich zurückläuft, indem man immer zunächst allmählich zu<lb/> einer Qualität größter Differenz und dann von dieser aus<lb/> wieder zu Qualitäten kleinerer Differenz und schließlich zum<lb/> Ausgangspunkte zurückkommt. Das durch die Brechung des<lb/> Sonnenlichtes in einem Prisma gewonnene oder das am<lb/> Regenbogen beobachtete Farbenspektrum zeigt bereits diese<lb/> Eigenschaft, wenngleich nicht vollständig. Geht man näm-<lb/> lich von dem rothen Ende dieses Spektrums aus, so gelangt<lb/> man zunächst zu Orange, dann zu Gelb, Gelbgrün, Grün,<lb/> Grünblau, Blau, Indigoblau bis zu Violett, welches letztere<lb/> wieder dem Roth ähnlicher ist als alle zwischenliegenden<lb/> Farben mit Ausnahme der ihm nächsten, des Orange. Wenn<lb/> diese Linie der Farben des Spektrums nicht ganz in sich<lb/> zurückläuft, so hat dies aber darin seinen Grund, dass<lb/> sie überhaupt nicht alle in unserer Empfindung vorhandenen<lb/> Farben enthält. Es fehlen nämlich im Spektrum die purpur-<lb/> rothen Farbentöne, die man physikalisch durch Mischung<lb/> rother und violetter Strahlen erhalten kann. Ergänzt man<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0082]
I. Die psychischen Elemente.
sobald man ihre qualitativen und intensiven Eigenschaften
gleichzeitig in Betracht zieht, ein zweidimensionales Con-
tinuum bilden, bleibt das System der reinen Helligkeits-
empfindungen unter Berücksichtigung beider Bestimmungs-
stücke ein eindimensionales. Das ganze System lässt
sich daher auch als eine stetige Reihe von Helligkeits-
graden auffassen, wobei die niederen Grade ihrer Qualität
nach als schwarz, ihrer Intensität nach als schwach, die
höheren Grade ihrer Qualität nach als weiß, ihrer Intensität
nach als stark bezeichnet werden.
15. Die Farbenempfindungen bilden, wenn man
bloß ihre Qualität berücksichtigt, ebenfalls ein eindimensio-
nales System. Dasselbe hat aber, im Unterschied von dem
System der reinen Helligkeitsempfindungen, die Eigenschaft,
dass es, von welchem Punkte man auch ausgehen möge, in
sich zurückläuft, indem man immer zunächst allmählich zu
einer Qualität größter Differenz und dann von dieser aus
wieder zu Qualitäten kleinerer Differenz und schließlich zum
Ausgangspunkte zurückkommt. Das durch die Brechung des
Sonnenlichtes in einem Prisma gewonnene oder das am
Regenbogen beobachtete Farbenspektrum zeigt bereits diese
Eigenschaft, wenngleich nicht vollständig. Geht man näm-
lich von dem rothen Ende dieses Spektrums aus, so gelangt
man zunächst zu Orange, dann zu Gelb, Gelbgrün, Grün,
Grünblau, Blau, Indigoblau bis zu Violett, welches letztere
wieder dem Roth ähnlicher ist als alle zwischenliegenden
Farben mit Ausnahme der ihm nächsten, des Orange. Wenn
diese Linie der Farben des Spektrums nicht ganz in sich
zurückläuft, so hat dies aber darin seinen Grund, dass
sie überhaupt nicht alle in unserer Empfindung vorhandenen
Farben enthält. Es fehlen nämlich im Spektrum die purpur-
rothen Farbentöne, die man physikalisch durch Mischung
rother und violetter Strahlen erhalten kann. Ergänzt man
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