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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 6. Die reinen Empfindungen.
mehrere ganz verschiedene Qualitäten, ja zuweilen solche, die
sich selbst wieder neutralisiren, compensiren kann, während der
Complementarismus der Farben stets auf je zwei einander fest
zugeordnete Qualitäten beschränkt ist.

13. Etwas näher erforscht sind die Geschmacksem-
pfindungen
, insofern wir bei ihnen vier mit einander
unvergleichbare Hauptqualitäten unterscheiden können,
zwischen denen alle möglichen Uebergänge, die wir als
Mischempfindungen auffassen, vorkommen. Diese vier Haupt-
qualitäten sind: sauer, süß, bitter und salzig. Neben
ihnen betrachtet man zuweilen noch laugenhaft (alkalisch)
und metallisch als selbständige Qualitäten: unter ihnen zeigt
aber das Laugenhafte eine unverkennbare Verwandtschaft
mit dem Salzigen, das Metallische mit dem Saueren; beide
sind daher wahrscheinlich Misch- oder Uebergangsempfin-
dungen (das Alkalische vielleicht zwischen salzig und süß,
das Metallische zwischen sauer und salzig). Von den ge-
nannten vier Hauptqualitäten stehen süß und salzig insofern
in einem gegensätzlichen Verhältnisse, als die eine dieser
Empfindungen durch die andere, wenn dieser die geeignete
Intensität gegeben wird, zu einer neutralen (gewöhnlich
"fade" genannten) Mischempfindung aufgehoben wird, ohne
dass die Geschmacksreize, die sich in dieser Weise wechsel-
seitig neutralisiren, eine chemische Verbindung mit ein-
ander eingehen. Hiernach ist das System der Geschmacks-
empfindungen wahrscheinlich als eine zweidimensionale
Mannigfaltigkeit aufzufassen, die geometrisch etwa durch
eine Kreisfläche dargestellt werden kann, auf deren Peri-
pherie die vier Hauptqualitäten mit ihren Uebergängen
liegen, während die Mitte von den neutralen Mischempfin-
dungen, die übrige Fläche von den Zwischenstufen zwischen
diesen und den gesättigten Qualitäten der Peripherie ein-
genommen wird.

§ 6. Die reinen Empfindungen.
mehrere ganz verschiedene Qualitäten, ja zuweilen solche, die
sich selbst wieder neutralisiren, compensiren kann, während der
Complementarismus der Farben stets auf je zwei einander fest
zugeordnete Qualitäten beschränkt ist.

13. Etwas näher erforscht sind die Geschmacksem-
pfindungen
, insofern wir bei ihnen vier mit einander
unvergleichbare Hauptqualitäten unterscheiden können,
zwischen denen alle möglichen Uebergänge, die wir als
Mischempfindungen auffassen, vorkommen. Diese vier Haupt-
qualitäten sind: sauer, süß, bitter und salzig. Neben
ihnen betrachtet man zuweilen noch laugenhaft (alkalisch)
und metallisch als selbständige Qualitäten: unter ihnen zeigt
aber das Laugenhafte eine unverkennbare Verwandtschaft
mit dem Salzigen, das Metallische mit dem Saueren; beide
sind daher wahrscheinlich Misch- oder Uebergangsempfin-
dungen (das Alkalische vielleicht zwischen salzig und süß,
das Metallische zwischen sauer und salzig). Von den ge-
nannten vier Hauptqualitäten stehen süß und salzig insofern
in einem gegensätzlichen Verhältnisse, als die eine dieser
Empfindungen durch die andere, wenn dieser die geeignete
Intensität gegeben wird, zu einer neutralen (gewöhnlich
»fade« genannten) Mischempfindung aufgehoben wird, ohne
dass die Geschmacksreize, die sich in dieser Weise wechsel-
seitig neutralisiren, eine chemische Verbindung mit ein-
ander eingehen. Hiernach ist das System der Geschmacks-
empfindungen wahrscheinlich als eine zweidimensionale
Mannigfaltigkeit aufzufassen, die geometrisch etwa durch
eine Kreisfläche dargestellt werden kann, auf deren Peri-
pherie die vier Hauptqualitäten mit ihren Uebergängen
liegen, während die Mitte von den neutralen Mischempfin-
dungen, die übrige Fläche von den Zwischenstufen zwischen
diesen und den gesättigten Qualitäten der Peripherie ein-
genommen wird.

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[63/0079] § 6. Die reinen Empfindungen. mehrere ganz verschiedene Qualitäten, ja zuweilen solche, die sich selbst wieder neutralisiren, compensiren kann, während der Complementarismus der Farben stets auf je zwei einander fest zugeordnete Qualitäten beschränkt ist. 13. Etwas näher erforscht sind die Geschmacksem- pfindungen, insofern wir bei ihnen vier mit einander unvergleichbare Hauptqualitäten unterscheiden können, zwischen denen alle möglichen Uebergänge, die wir als Mischempfindungen auffassen, vorkommen. Diese vier Haupt- qualitäten sind: sauer, süß, bitter und salzig. Neben ihnen betrachtet man zuweilen noch laugenhaft (alkalisch) und metallisch als selbständige Qualitäten: unter ihnen zeigt aber das Laugenhafte eine unverkennbare Verwandtschaft mit dem Salzigen, das Metallische mit dem Saueren; beide sind daher wahrscheinlich Misch- oder Uebergangsempfin- dungen (das Alkalische vielleicht zwischen salzig und süß, das Metallische zwischen sauer und salzig). Von den ge- nannten vier Hauptqualitäten stehen süß und salzig insofern in einem gegensätzlichen Verhältnisse, als die eine dieser Empfindungen durch die andere, wenn dieser die geeignete Intensität gegeben wird, zu einer neutralen (gewöhnlich »fade« genannten) Mischempfindung aufgehoben wird, ohne dass die Geschmacksreize, die sich in dieser Weise wechsel- seitig neutralisiren, eine chemische Verbindung mit ein- ander eingehen. Hiernach ist das System der Geschmacks- empfindungen wahrscheinlich als eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit aufzufassen, die geometrisch etwa durch eine Kreisfläche dargestellt werden kann, auf deren Peri- pherie die vier Hauptqualitäten mit ihren Uebergängen liegen, während die Mitte von den neutralen Mischempfin- dungen, die übrige Fläche von den Zwischenstufen zwischen diesen und den gesättigten Qualitäten der Peripherie ein- genommen wird.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/79>, abgerufen am 28.11.2024.