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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 6. Die reinen Empfindungen.
Sinne von "reinen Gefühlen" geredet werden kann, da auch die
einfachen Gefühle niemals losgelöst von begleitenden Empfin-
dungen oder von Verbindungen solcher gedacht werden können.
Hiermit hängt zugleich das zweite der oben (S. 41) angeführten
Unterschiedsmerkmale unmittelbar zusammen.

§ 6. Die reinen Empfindungen.

1. Der Begriff der "reinen Empfindung" setzt nach
§ 5 eine doppelte Abstraction voraus: 1) die Abstraction
von den Vorstellungen, in denen die Empfindung vorkommt,
und 2) die Abstraction von den einfachen Gefühlen, mit
denen sie verbunden ist. Die in diesem Sinne definirten
reinen Empfindungen bilden eine Reihe disparater Quali-
tätensysteme, und jedes dieser Systeme, wie das der Druck-
empfindungen, der Ton-, der Lichtempfindungen, ist ent-
weder ein gleichförmiges oder ein mannigfaltiges Continuum
(§ 5, 5), das, in sich abgeschlossen, keinerlei Uebergänge zu
einem der anderen Systeme erkennen lässt.

2. Die Entstehung der Empfindungen ist, wie
uns die physiologische Erfahrung lehrt, regelmäßig an ge-
wisse physische Vorgänge gebunden, die theils in der unseren
Körper umgebenden Außenwelt, theils in bestimmten Körper-
organen ihren Ursprung haben, und die wir mit einem der
Physiologie entlehnten Ausdruck als die Sinnesreize oder
Empfindungsreize bezeichnen. Besteht der Reiz in
einem Vorgang der Außenwelt, so nennen wir ihn einen
physikalischen; besteht er in einem Vorgang in unserm
eigenen Körper, so nennen wir ihn einen physiolo-
gischen
. Die physiologischen Reize lassen sich dann wieder
in periphere und centrale unterscheiden, je nachdem sie
in Vorgängen in den verschiedenen Körperorganen außerhalb
des Gehirns oder in solchen im Gehirn selbst bestehen. In
zahlreichen Fällen ist eine Empfindung von diesen dreierlei

§ 6. Die reinen Empfindungen.
Sinne von »reinen Gefühlen« geredet werden kann, da auch die
einfachen Gefühle niemals losgelöst von begleitenden Empfin-
dungen oder von Verbindungen solcher gedacht werden können.
Hiermit hängt zugleich das zweite der oben (S. 41) angeführten
Unterschiedsmerkmale unmittelbar zusammen.

§ 6. Die reinen Empfindungen.

1. Der Begriff der »reinen Empfindung« setzt nach
§ 5 eine doppelte Abstraction voraus: 1) die Abstraction
von den Vorstellungen, in denen die Empfindung vorkommt,
und 2) die Abstraction von den einfachen Gefühlen, mit
denen sie verbunden ist. Die in diesem Sinne definirten
reinen Empfindungen bilden eine Reihe disparater Quali-
tätensysteme, und jedes dieser Systeme, wie das der Druck-
empfindungen, der Ton-, der Lichtempfindungen, ist ent-
weder ein gleichförmiges oder ein mannigfaltiges Continuum
(§ 5, 5), das, in sich abgeschlossen, keinerlei Uebergänge zu
einem der anderen Systeme erkennen lässt.

2. Die Entstehung der Empfindungen ist, wie
uns die physiologische Erfahrung lehrt, regelmäßig an ge-
wisse physische Vorgänge gebunden, die theils in der unseren
Körper umgebenden Außenwelt, theils in bestimmten Körper-
organen ihren Ursprung haben, und die wir mit einem der
Physiologie entlehnten Ausdruck als die Sinnesreize oder
Empfindungsreize bezeichnen. Besteht der Reiz in
einem Vorgang der Außenwelt, so nennen wir ihn einen
physikalischen; besteht er in einem Vorgang in unserm
eigenen Körper, so nennen wir ihn einen physiolo-
gischen
. Die physiologischen Reize lassen sich dann wieder
in periphere und centrale unterscheiden, je nachdem sie
in Vorgängen in den verschiedenen Körperorganen außerhalb
des Gehirns oder in solchen im Gehirn selbst bestehen. In
zahlreichen Fällen ist eine Empfindung von diesen dreierlei

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[45/0061] § 6. Die reinen Empfindungen. Sinne von »reinen Gefühlen« geredet werden kann, da auch die einfachen Gefühle niemals losgelöst von begleitenden Empfin- dungen oder von Verbindungen solcher gedacht werden können. Hiermit hängt zugleich das zweite der oben (S. 41) angeführten Unterschiedsmerkmale unmittelbar zusammen. § 6. Die reinen Empfindungen. 1. Der Begriff der »reinen Empfindung« setzt nach § 5 eine doppelte Abstraction voraus: 1) die Abstraction von den Vorstellungen, in denen die Empfindung vorkommt, und 2) die Abstraction von den einfachen Gefühlen, mit denen sie verbunden ist. Die in diesem Sinne definirten reinen Empfindungen bilden eine Reihe disparater Quali- tätensysteme, und jedes dieser Systeme, wie das der Druck- empfindungen, der Ton-, der Lichtempfindungen, ist ent- weder ein gleichförmiges oder ein mannigfaltiges Continuum (§ 5, 5), das, in sich abgeschlossen, keinerlei Uebergänge zu einem der anderen Systeme erkennen lässt. 2. Die Entstehung der Empfindungen ist, wie uns die physiologische Erfahrung lehrt, regelmäßig an ge- wisse physische Vorgänge gebunden, die theils in der unseren Körper umgebenden Außenwelt, theils in bestimmten Körper- organen ihren Ursprung haben, und die wir mit einem der Physiologie entlehnten Ausdruck als die Sinnesreize oder Empfindungsreize bezeichnen. Besteht der Reiz in einem Vorgang der Außenwelt, so nennen wir ihn einen physikalischen; besteht er in einem Vorgang in unserm eigenen Körper, so nennen wir ihn einen physiolo- gischen. Die physiologischen Reize lassen sich dann wieder in periphere und centrale unterscheiden, je nachdem sie in Vorgängen in den verschiedenen Körperorganen außerhalb des Gehirns oder in solchen im Gehirn selbst bestehen. In zahlreichen Fällen ist eine Empfindung von diesen dreierlei

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/61>, abgerufen am 24.11.2024.