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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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I. Die psychischen Elemente.
Qualitätensysteme unterscheiden. Innerhalb eines gleich-
förmigen Qualitätensystems sind nur so geringe Differenzen
möglich, dass im allgemeinen kein praktisches Bedürfniss zur
sprachlichen Unterscheidung verschiedener Qualitäten entstan-
den ist. So unterscheiden wir qualitativ nur eine Druck-,
Wärme-, Kälte- und Schmerzempfindung, nur ein Gefühl
der Aufmerksamkeit, der Thätigkeit u. s. w., während aber
jede dieser Qualitäten in sehr verschiedenen Intensitäts-
graden möglich ist. Daraus ist nun nicht zu schließen, dass
es in jedem dieser Systeme nur eine Qualität gebe. Viel-
mehr scheint es, dass in diesen Fällen die Mannigfaltigkeit
der Qualitäten nur eine beschränktere ist, so dass das
System, wenn wir es uns räumlich versinnlicht denken,
wahrscheinlich niemals völlig auf einen Punkt reducirt
würde. So zeigen z. B. die Druckempfindungen der ver-
schiedenen Hautstellen zweifellos geringe qualitative Unter-
schiede, die groß genug sind, dass wir daran jede Haut-
stelle von einer andern erheblich von ihr entfernten
deutlich unterscheiden können. Dagegen sind allerdings
solche Unterschiede wie die bei der Berührung eines
spitzen oder stumpfen, rauhen oder glatten Körpers nicht
zu den Qualitätsunterschieden zu rechnen, da sie immer
auf einer größeren Zahl gleichzeitig vorhandener Empfin-
dungen beruhen, aus deren verschiedener Verbindung zu zu-
sammengesetzten psychischen Gebilden erst jene Eindrücke
hervorgehen.

Von diesen gleichförmigen unterscheiden sich nun die
mannigfaltigen Qualitätensysteme dadurch, dass sie eine
größere Zahl deutlich unterscheidbarer Elemente umschließen,
zwischen denen stetige Uebergänge möglich sind. Hierher
gehören unter den Empfindungssystemen das Tonsystem, das
Farbensystem, die Systeme der Geruchs- und der Geschmacks-
qualitäten, unter den Gefühlssystemen jedenfalls diejenigen,

I. Die psychischen Elemente.
Qualitätensysteme unterscheiden. Innerhalb eines gleich-
förmigen Qualitätensystems sind nur so geringe Differenzen
möglich, dass im allgemeinen kein praktisches Bedürfniss zur
sprachlichen Unterscheidung verschiedener Qualitäten entstan-
den ist. So unterscheiden wir qualitativ nur eine Druck-,
Wärme-, Kälte- und Schmerzempfindung, nur ein Gefühl
der Aufmerksamkeit, der Thätigkeit u. s. w., während aber
jede dieser Qualitäten in sehr verschiedenen Intensitäts-
graden möglich ist. Daraus ist nun nicht zu schließen, dass
es in jedem dieser Systeme nur eine Qualität gebe. Viel-
mehr scheint es, dass in diesen Fällen die Mannigfaltigkeit
der Qualitäten nur eine beschränktere ist, so dass das
System, wenn wir es uns räumlich versinnlicht denken,
wahrscheinlich niemals völlig auf einen Punkt reducirt
würde. So zeigen z. B. die Druckempfindungen der ver-
schiedenen Hautstellen zweifellos geringe qualitative Unter-
schiede, die groß genug sind, dass wir daran jede Haut-
stelle von einer andern erheblich von ihr entfernten
deutlich unterscheiden können. Dagegen sind allerdings
solche Unterschiede wie die bei der Berührung eines
spitzen oder stumpfen, rauhen oder glatten Körpers nicht
zu den Qualitätsunterschieden zu rechnen, da sie immer
auf einer größeren Zahl gleichzeitig vorhandener Empfin-
dungen beruhen, aus deren verschiedener Verbindung zu zu-
sammengesetzten psychischen Gebilden erst jene Eindrücke
hervorgehen.

Von diesen gleichförmigen unterscheiden sich nun die
mannigfaltigen Qualitätensysteme dadurch, dass sie eine
größere Zahl deutlich unterscheidbarer Elemente umschließen,
zwischen denen stetige Uebergänge möglich sind. Hierher
gehören unter den Empfindungssystemen das Tonsystem, das
Farbensystem, die Systeme der Geruchs- und der Geschmacks-
qualitäten, unter den Gefühlssystemen jedenfalls diejenigen,

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[38/0054] I. Die psychischen Elemente. Qualitätensysteme unterscheiden. Innerhalb eines gleich- förmigen Qualitätensystems sind nur so geringe Differenzen möglich, dass im allgemeinen kein praktisches Bedürfniss zur sprachlichen Unterscheidung verschiedener Qualitäten entstan- den ist. So unterscheiden wir qualitativ nur eine Druck-, Wärme-, Kälte- und Schmerzempfindung, nur ein Gefühl der Aufmerksamkeit, der Thätigkeit u. s. w., während aber jede dieser Qualitäten in sehr verschiedenen Intensitäts- graden möglich ist. Daraus ist nun nicht zu schließen, dass es in jedem dieser Systeme nur eine Qualität gebe. Viel- mehr scheint es, dass in diesen Fällen die Mannigfaltigkeit der Qualitäten nur eine beschränktere ist, so dass das System, wenn wir es uns räumlich versinnlicht denken, wahrscheinlich niemals völlig auf einen Punkt reducirt würde. So zeigen z. B. die Druckempfindungen der ver- schiedenen Hautstellen zweifellos geringe qualitative Unter- schiede, die groß genug sind, dass wir daran jede Haut- stelle von einer andern erheblich von ihr entfernten deutlich unterscheiden können. Dagegen sind allerdings solche Unterschiede wie die bei der Berührung eines spitzen oder stumpfen, rauhen oder glatten Körpers nicht zu den Qualitätsunterschieden zu rechnen, da sie immer auf einer größeren Zahl gleichzeitig vorhandener Empfin- dungen beruhen, aus deren verschiedener Verbindung zu zu- sammengesetzten psychischen Gebilden erst jene Eindrücke hervorgehen. Von diesen gleichförmigen unterscheiden sich nun die mannigfaltigen Qualitätensysteme dadurch, dass sie eine größere Zahl deutlich unterscheidbarer Elemente umschließen, zwischen denen stetige Uebergänge möglich sind. Hierher gehören unter den Empfindungssystemen das Tonsystem, das Farbensystem, die Systeme der Geruchs- und der Geschmacks- qualitäten, unter den Gefühlssystemen jedenfalls diejenigen,

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/54>, abgerufen am 24.11.2024.