Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. der Regel zugleich Veränderungen in dem Zusammenhangund Verlauf der psychischen Vorgänge, die wir, gemäß dem für diesen Zusammenhang gebildeten Begriff des Be- wusstseins (S. 238), als abnorme Veränderungen des Bewusstseins bezeichnen. So lange sich die Abweichung von der Norm auf die einzelnen psychischen Gebilde, die Vorstellungen, Affecte, Willensvorgänge, beschränkt, ist zwar selbstverständlich durch die Veränderungen dieser seiner Bestandtheile auch das Bewusstsein verändert. Aber von einer Abnormität des Bewusstseins als solcher reden wir doch immer erst dann, wenn nicht bloß die einzelnen psy- chischen Gebilde, sondern auch ihre Verbindungen irgend welche erheblichere Abweichungen darbieten. Diese stellen sich freilich, sobald jene elementareren Störungen tiefere sind, immer ein, da ja die Verbindungen der Elemente zu Gebilden und der Gebilde unter einander Processe sind, die continuirlich in einander übergehen. Entsprechend den verschiedenen Verbindungsprocessen, 6. Associationsänderungen entstehen zunächst als III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. der Regel zugleich Veränderungen in dem Zusammenhangund Verlauf der psychischen Vorgänge, die wir, gemäß dem für diesen Zusammenhang gebildeten Begriff des Be- wusstseins (S. 238), als abnorme Veränderungen des Bewusstseins bezeichnen. So lange sich die Abweichung von der Norm auf die einzelnen psychischen Gebilde, die Vorstellungen, Affecte, Willensvorgänge, beschränkt, ist zwar selbstverständlich durch die Veränderungen dieser seiner Bestandtheile auch das Bewusstsein verändert. Aber von einer Abnormität des Bewusstseins als solcher reden wir doch immer erst dann, wenn nicht bloß die einzelnen psy- chischen Gebilde, sondern auch ihre Verbindungen irgend welche erheblichere Abweichungen darbieten. Diese stellen sich freilich, sobald jene elementareren Störungen tiefere sind, immer ein, da ja die Verbindungen der Elemente zu Gebilden und der Gebilde unter einander Processe sind, die continuirlich in einander übergehen. Entsprechend den verschiedenen Verbindungsprocessen, 6. Associationsänderungen entstehen zunächst als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0334" n="318"/><fw place="top" type="header">III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.</fw><lb/> der Regel zugleich Veränderungen in dem Zusammenhang<lb/> und Verlauf der psychischen Vorgänge, die wir, gemäß<lb/> dem für diesen Zusammenhang gebildeten Begriff des Be-<lb/> wusstseins (S. 238), als <hi rendition="#g">abnorme Veränderungen des<lb/> Bewusstseins</hi> bezeichnen. So lange sich die Abweichung<lb/> von der Norm auf die einzelnen psychischen Gebilde, die<lb/> Vorstellungen, Affecte, Willensvorgänge, beschränkt, ist zwar<lb/> selbstverständlich durch die Veränderungen dieser seiner<lb/> Bestandtheile auch das Bewusstsein verändert. Aber von<lb/> einer Abnormität des Bewusstseins als solcher reden wir<lb/> doch immer erst dann, wenn nicht bloß die einzelnen psy-<lb/> chischen Gebilde, sondern auch ihre Verbindungen irgend<lb/> welche erheblichere Abweichungen darbieten. Diese stellen<lb/> sich freilich, sobald jene elementareren Störungen tiefere<lb/> sind, immer ein, da ja die Verbindungen der Elemente zu<lb/> Gebilden und der Gebilde unter einander Processe sind,<lb/> die continuirlich in einander übergehen.</p><lb/> <p>Entsprechend den verschiedenen Verbindungsprocessen,<lb/> die den Zusammenhang des Bewusstseins ausmachen (S. 262),<lb/> lassen sich nun im allgemeinen <hi rendition="#g">drei</hi> Arten von Abnormi-<lb/> täten des Bewusstseins unterscheiden: 1) Associationsände-<lb/> rungen, 2) Veränderungen der Apperceptionsverbindungen,<lb/> und 3) Veränderungen in dem Verhältniss beider Verbin-<lb/> bindungsformen zu einander.</p><lb/> <p>6. <hi rendition="#g">Associationsänderungen</hi> entstehen zunächst als<lb/> unmittelbare Folgen der elementareren Störungen. Indem<lb/> die sensorielle Erregbarkeitssteigerung die normalen Assi-<lb/> milationen in phantastische Illusionen umwandelt, werden<lb/> zugleich die associativen Wiedererkennungsvorgänge (S. 278)<lb/> wesentlich alterirt: bald kann das Bekannte als ein Un-<lb/> bekanntes, bald das Unbekannte als ein Bekanntes erschei-<lb/> nen, je nachdem die reproductiven Elemente auf bestimmte<lb/> frühere Vorstellungen zurückgreifen oder weit von einander<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [318/0334]
III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
der Regel zugleich Veränderungen in dem Zusammenhang
und Verlauf der psychischen Vorgänge, die wir, gemäß
dem für diesen Zusammenhang gebildeten Begriff des Be-
wusstseins (S. 238), als abnorme Veränderungen des
Bewusstseins bezeichnen. So lange sich die Abweichung
von der Norm auf die einzelnen psychischen Gebilde, die
Vorstellungen, Affecte, Willensvorgänge, beschränkt, ist zwar
selbstverständlich durch die Veränderungen dieser seiner
Bestandtheile auch das Bewusstsein verändert. Aber von
einer Abnormität des Bewusstseins als solcher reden wir
doch immer erst dann, wenn nicht bloß die einzelnen psy-
chischen Gebilde, sondern auch ihre Verbindungen irgend
welche erheblichere Abweichungen darbieten. Diese stellen
sich freilich, sobald jene elementareren Störungen tiefere
sind, immer ein, da ja die Verbindungen der Elemente zu
Gebilden und der Gebilde unter einander Processe sind,
die continuirlich in einander übergehen.
Entsprechend den verschiedenen Verbindungsprocessen,
die den Zusammenhang des Bewusstseins ausmachen (S. 262),
lassen sich nun im allgemeinen drei Arten von Abnormi-
täten des Bewusstseins unterscheiden: 1) Associationsände-
rungen, 2) Veränderungen der Apperceptionsverbindungen,
und 3) Veränderungen in dem Verhältniss beider Verbin-
bindungsformen zu einander.
6. Associationsänderungen entstehen zunächst als
unmittelbare Folgen der elementareren Störungen. Indem
die sensorielle Erregbarkeitssteigerung die normalen Assi-
milationen in phantastische Illusionen umwandelt, werden
zugleich die associativen Wiedererkennungsvorgänge (S. 278)
wesentlich alterirt: bald kann das Bekannte als ein Un-
bekanntes, bald das Unbekannte als ein Bekanntes erschei-
nen, je nachdem die reproductiven Elemente auf bestimmte
frühere Vorstellungen zurückgreifen oder weit von einander
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