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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 15. Bewusstsein und Aufmerksamkeit.
bindungen, die zwischen vorangegangenen und nachfolgen-
den Processen bestehen, bestimmend für den Zustand des
Bewusstseins. Wie das Bewusstsein in Bewusstlosigkeit
übergeht, wenn dieser Zusammenhang ganz unterbrochen
wird, so ist es ein unvollkommeneres, wenn nur schwache
Verbindungen zwischen einem gegebenen Moment und den
ihm vorausgehenden Vorgängen existiren. So beginnt na-
mentlich nach Zuständen der Bewusstlosigkeit das Bewusst-
sein in der Regel nur langsam seine normale Höhe zu
erreichen, indem allmählich wieder Anknüpfungen an frühere
Erlebnisse entstehen.

Hiernach unterscheiden wir überhaupt Grade des Be-
wusstseins. Die untere Grenze, der Nullpunkt dieser Grade,
ist die Bewusstlosigkeit. Von ihr, die als ein absoluter
Mangel aller psychischen Zusammenhänge dem Bewusstsein
gegenübersteht, ist wesentlich zu unterscheiden das Unbe-
wusstwerden
einzelner psychischer Inhalte. Dieses findet
bei dem stetigen Fluss des psychischen Geschehens fort-
während statt, indem nicht nur complexe Vorstellungen und
Gefühle, sondern auch einzelne Elemente dieser Gebilde
verschwinden können, während neue an ihre Stelle treten.
In diesem fortwährenden Bewusst- und Unbewusstwerden ein-
zelner elementarer und zusammengesetzter Processe besteht
eben jener successive Zusammenhang des Bewusstseins,
der an und für sich diesen Wechsel als seine Bedingung
voraussetzt. Irgend ein aus dem Bewusstsein verschwun-
denes psychisches Element wird aber insofern von uns als
ein unbewusst gewordenes bezeichnet, als wir dabei die
Möglichkeit seiner Erneuerung, d. h. seines Wiedereintritts
in den actuellen Zusammenhang der psychischen Vorgänge,
voraussetzen. Auf mehr als auf diese Möglichkeit der
Erneuerung bezieht sich unsere Kenntniss der unbewusst
gewordenen Elemente nicht. Sie bilden daher im psycho-

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§ 15. Bewusstsein und Aufmerksamkeit.
bindungen, die zwischen vorangegangenen und nachfolgen-
den Processen bestehen, bestimmend für den Zustand des
Bewusstseins. Wie das Bewusstsein in Bewusstlosigkeit
übergeht, wenn dieser Zusammenhang ganz unterbrochen
wird, so ist es ein unvollkommeneres, wenn nur schwache
Verbindungen zwischen einem gegebenen Moment und den
ihm vorausgehenden Vorgängen existiren. So beginnt na-
mentlich nach Zuständen der Bewusstlosigkeit das Bewusst-
sein in der Regel nur langsam seine normale Höhe zu
erreichen, indem allmählich wieder Anknüpfungen an frühere
Erlebnisse entstehen.

Hiernach unterscheiden wir überhaupt Grade des Be-
wusstseins. Die untere Grenze, der Nullpunkt dieser Grade,
ist die Bewusstlosigkeit. Von ihr, die als ein absoluter
Mangel aller psychischen Zusammenhänge dem Bewusstsein
gegenübersteht, ist wesentlich zu unterscheiden das Unbe-
wusstwerden
einzelner psychischer Inhalte. Dieses findet
bei dem stetigen Fluss des psychischen Geschehens fort-
während statt, indem nicht nur complexe Vorstellungen und
Gefühle, sondern auch einzelne Elemente dieser Gebilde
verschwinden können, während neue an ihre Stelle treten.
In diesem fortwährenden Bewusst- und Unbewusstwerden ein-
zelner elementarer und zusammengesetzter Processe besteht
eben jener successive Zusammenhang des Bewusstseins,
der an und für sich diesen Wechsel als seine Bedingung
voraussetzt. Irgend ein aus dem Bewusstsein verschwun-
denes psychisches Element wird aber insofern von uns als
ein unbewusst gewordenes bezeichnet, als wir dabei die
Möglichkeit seiner Erneuerung, d. h. seines Wiedereintritts
in den actuellen Zusammenhang der psychischen Vorgänge,
voraussetzen. Auf mehr als auf diese Möglichkeit der
Erneuerung bezieht sich unsere Kenntniss der unbewusst
gewordenen Elemente nicht. Sie bilden daher im psycho-

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[243/0259] § 15. Bewusstsein und Aufmerksamkeit. bindungen, die zwischen vorangegangenen und nachfolgen- den Processen bestehen, bestimmend für den Zustand des Bewusstseins. Wie das Bewusstsein in Bewusstlosigkeit übergeht, wenn dieser Zusammenhang ganz unterbrochen wird, so ist es ein unvollkommeneres, wenn nur schwache Verbindungen zwischen einem gegebenen Moment und den ihm vorausgehenden Vorgängen existiren. So beginnt na- mentlich nach Zuständen der Bewusstlosigkeit das Bewusst- sein in der Regel nur langsam seine normale Höhe zu erreichen, indem allmählich wieder Anknüpfungen an frühere Erlebnisse entstehen. Hiernach unterscheiden wir überhaupt Grade des Be- wusstseins. Die untere Grenze, der Nullpunkt dieser Grade, ist die Bewusstlosigkeit. Von ihr, die als ein absoluter Mangel aller psychischen Zusammenhänge dem Bewusstsein gegenübersteht, ist wesentlich zu unterscheiden das Unbe- wusstwerden einzelner psychischer Inhalte. Dieses findet bei dem stetigen Fluss des psychischen Geschehens fort- während statt, indem nicht nur complexe Vorstellungen und Gefühle, sondern auch einzelne Elemente dieser Gebilde verschwinden können, während neue an ihre Stelle treten. In diesem fortwährenden Bewusst- und Unbewusstwerden ein- zelner elementarer und zusammengesetzter Processe besteht eben jener successive Zusammenhang des Bewusstseins, der an und für sich diesen Wechsel als seine Bedingung voraussetzt. Irgend ein aus dem Bewusstsein verschwun- denes psychisches Element wird aber insofern von uns als ein unbewusst gewordenes bezeichnet, als wir dabei die Möglichkeit seiner Erneuerung, d. h. seines Wiedereintritts in den actuellen Zusammenhang der psychischen Vorgänge, voraussetzen. Auf mehr als auf diese Möglichkeit der Erneuerung bezieht sich unsere Kenntniss der unbewusst gewordenen Elemente nicht. Sie bilden daher im psycho- 16*

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/259>, abgerufen am 22.11.2024.