Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.§ 11. Die zeitlichen Vorstellungen. dauernder Empfindungen, und als discontinuirliche Takt-folgen, bei denen nur die Eintheilungspunkte der rhyth- mischen Perioden durch äußere Gehörseindrücke markirt sind. Bei derartigen Taktfolgen aus vollkommen gleich- artigen Schalleindrücken treten die zeitlichen Eigenschaften der Vorstellungen im allgemeinen deutlicher hervor als bei continuirlichen Eindrücken, weil dabei die Einflüsse der Tonqualität vollkommen hinwegfallen. Wir können uns da- her um so mehr auf ihre Betrachtung beschränken, als die bei ihnen gewonnenen Gesichtspunkte durchaus auch für die continuirlichen Taktfolgen gültig sind, bei denen man, wie leicht wahrzunehmen ist, in Wirklichkeit die rhythmische Gliederung ebenfalls vermittelst gewisser entweder durch den äußeren Eindruck gegebener oder willkürlich auf ihn an- gewandter Begrenzungen durch einzelne Taktpunkte vornimmt. 7. Eine auf diese Weise als einfachste Form zeitlicher § 11. Die zeitlichen Vorstellungen. dauernder Empfindungen, und als discontinuirliche Takt-folgen, bei denen nur die Eintheilungspunkte der rhyth- mischen Perioden durch äußere Gehörseindrücke markirt sind. Bei derartigen Taktfolgen aus vollkommen gleich- artigen Schalleindrücken treten die zeitlichen Eigenschaften der Vorstellungen im allgemeinen deutlicher hervor als bei continuirlichen Eindrücken, weil dabei die Einflüsse der Tonqualität vollkommen hinwegfallen. Wir können uns da- her um so mehr auf ihre Betrachtung beschränken, als die bei ihnen gewonnenen Gesichtspunkte durchaus auch für die continuirlichen Taktfolgen gültig sind, bei denen man, wie leicht wahrzunehmen ist, in Wirklichkeit die rhythmische Gliederung ebenfalls vermittelst gewisser entweder durch den äußeren Eindruck gegebener oder willkürlich auf ihn an- gewandter Begrenzungen durch einzelne Taktpunkte vornimmt. 7. Eine auf diese Weise als einfachste Form zeitlicher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0191" n="175"/><fw place="top" type="header">§ 11. Die zeitlichen Vorstellungen.</fw><lb/> dauernder Empfindungen, und als <hi rendition="#g">discontinuirliche</hi> Takt-<lb/> folgen, bei denen nur die Eintheilungspunkte der rhyth-<lb/> mischen Perioden durch äußere Gehörseindrücke markirt<lb/> sind. Bei derartigen Taktfolgen aus vollkommen gleich-<lb/> artigen Schalleindrücken treten die zeitlichen Eigenschaften<lb/> der Vorstellungen im allgemeinen deutlicher hervor als bei<lb/> continuirlichen Eindrücken, weil dabei die Einflüsse der<lb/> Tonqualität vollkommen hinwegfallen. Wir können uns da-<lb/> her um so mehr auf ihre Betrachtung beschränken, als die<lb/> bei ihnen gewonnenen Gesichtspunkte durchaus auch für die<lb/> continuirlichen Taktfolgen gültig sind, bei denen man, wie<lb/> leicht wahrzunehmen ist, in Wirklichkeit die rhythmische<lb/> Gliederung ebenfalls vermittelst gewisser entweder durch<lb/> den äußeren Eindruck gegebener oder willkürlich auf ihn an-<lb/> gewandter Begrenzungen durch einzelne Taktpunkte vornimmt.</p><lb/> <p>7. Eine auf diese Weise als einfachste Form zeitlicher<lb/> Gehörsvorstellungen hergestellte Reihe regelmäßiger Takt-<lb/> schläge unterscheidet sich von der oben erörterten einfachsten<lb/> Form zeitlicher Tastvorstellungen (S. 173) wesentlich dadurch,<lb/> dass den Zeitstrecken selbst jeder <hi rendition="#g">objective</hi> Empfindungs-<lb/> inhalt fehlt, indem die äußeren Eindrücke nur die Begrenzung<lb/> der Zeitstrecken gegen einander vermitteln. Nichts desto<lb/> weniger sind die Zeitstrecken einer solchen Taktfolge nicht<lb/> überhaupt leer, sondern sie sind von einem subjectiven Ge-<lb/> fühls- und Empfindungsinhalte erfüllt, der dem bei den Tast-<lb/> vorstellungen beobachteten durchaus entspricht. Dabei tritt<lb/> aber vor allem der <hi rendition="#g">Gefühlsinhalt</hi> der Strecken deutlich<lb/> hervor. Er gleicht in seinen auf einander folgenden Perioden<lb/> der allmählich steigenden und der plötzlich erfüllten Erwar-<lb/> tung vollständig dem Verlauf einer rhythmischen Tastbe-<lb/> wegung. Aber auch die Empfindungsgrundlage fehlt diesem<lb/> Gefühlsverlauf nicht; nur ist sie wechselnder: bald besteht<lb/> sie bloß in einer Spannungsempfindung des Trommelfells<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0191]
§ 11. Die zeitlichen Vorstellungen.
dauernder Empfindungen, und als discontinuirliche Takt-
folgen, bei denen nur die Eintheilungspunkte der rhyth-
mischen Perioden durch äußere Gehörseindrücke markirt
sind. Bei derartigen Taktfolgen aus vollkommen gleich-
artigen Schalleindrücken treten die zeitlichen Eigenschaften
der Vorstellungen im allgemeinen deutlicher hervor als bei
continuirlichen Eindrücken, weil dabei die Einflüsse der
Tonqualität vollkommen hinwegfallen. Wir können uns da-
her um so mehr auf ihre Betrachtung beschränken, als die
bei ihnen gewonnenen Gesichtspunkte durchaus auch für die
continuirlichen Taktfolgen gültig sind, bei denen man, wie
leicht wahrzunehmen ist, in Wirklichkeit die rhythmische
Gliederung ebenfalls vermittelst gewisser entweder durch
den äußeren Eindruck gegebener oder willkürlich auf ihn an-
gewandter Begrenzungen durch einzelne Taktpunkte vornimmt.
7. Eine auf diese Weise als einfachste Form zeitlicher
Gehörsvorstellungen hergestellte Reihe regelmäßiger Takt-
schläge unterscheidet sich von der oben erörterten einfachsten
Form zeitlicher Tastvorstellungen (S. 173) wesentlich dadurch,
dass den Zeitstrecken selbst jeder objective Empfindungs-
inhalt fehlt, indem die äußeren Eindrücke nur die Begrenzung
der Zeitstrecken gegen einander vermitteln. Nichts desto
weniger sind die Zeitstrecken einer solchen Taktfolge nicht
überhaupt leer, sondern sie sind von einem subjectiven Ge-
fühls- und Empfindungsinhalte erfüllt, der dem bei den Tast-
vorstellungen beobachteten durchaus entspricht. Dabei tritt
aber vor allem der Gefühlsinhalt der Strecken deutlich
hervor. Er gleicht in seinen auf einander folgenden Perioden
der allmählich steigenden und der plötzlich erfüllten Erwar-
tung vollständig dem Verlauf einer rhythmischen Tastbe-
wegung. Aber auch die Empfindungsgrundlage fehlt diesem
Gefühlsverlauf nicht; nur ist sie wechselnder: bald besteht
sie bloß in einer Spannungsempfindung des Trommelfells
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