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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.

So beobachtet man z. B., dass verwickeltere stereo-
skopische Bilder meist mehrerer hin- und hergehender Con-
vergenzbewegungen bedürfen, ehe eine deutliche plastische
Vorstellung entsteht. Die Wirkung der parallaktischen Ver-
schiebung zeigt sich ferner bei der Beobachtung stereo-
skopischer Bilder, deren Theile gegen einander beweglich
sind. Solche Bewegungen sind nämlich von Veränderungen
des Reliefs begleitet, die genau den entsprechenden Verände-
rungen der binocularen Parallaxe entsprechen. Da die letz-
tere von der Distanz der beiden Augen abhängt, so kann man
endlich die körperliche Vorstellung auch bei solchen Objecten
hervorbringen, die in Wirklichkeit wegen ihrer großen Ent-
fernung keine plastischen Effecte erzeugen: wenn man näm-
lich Bilder dieser Objecte stereoskopisch verbindet, die von
Standorten aufgenommen sind, deren Distanz erheblich
größer als die der beiden Augen ist. Das geschieht z. B.
bei den stereoskopischen Landschaftsphotographien, die darum
auch nicht so wie die wirklichen Landschaften, sondern wie
plastische Modelle derselben aussehen, die wir in der Nähe
betrachten.

34. Beim Sehen mit einem Auge fallen alle die Be-
dingungen hinweg, die mit den Convergenzbewegungen und
der binocularen Verschiedenheit der Netzhautbilder zusammen-
hängen, und die sich im Stereoskop künstlich nachahmen
lassen. Dennoch ermangelt auch das monoculare Sehen
nicht aller Einflüsse, die eine, wenn auch unvollkommenere,
Tiefenlocalisation hervorbringen.

Wenig erheblich, ja wahrscheinlich im Vergleich mit den
andern Bedingungen gar nicht in Betracht kommend ist hier
der directe Einfluss der Accommodationsbewegungen.
Allerdings sind auch sie, ähnlich den Convergenzbewegungen,
von Empfindungen begleitet, die man bei starken Accom-
modationsanstrengungen von fern auf nah deutlich wahr-

II. Die psychischen Gebilde.

So beobachtet man z. B., dass verwickeltere stereo-
skopische Bilder meist mehrerer hin- und hergehender Con-
vergenzbewegungen bedürfen, ehe eine deutliche plastische
Vorstellung entsteht. Die Wirkung der parallaktischen Ver-
schiebung zeigt sich ferner bei der Beobachtung stereo-
skopischer Bilder, deren Theile gegen einander beweglich
sind. Solche Bewegungen sind nämlich von Veränderungen
des Reliefs begleitet, die genau den entsprechenden Verände-
rungen der binocularen Parallaxe entsprechen. Da die letz-
tere von der Distanz der beiden Augen abhängt, so kann man
endlich die körperliche Vorstellung auch bei solchen Objecten
hervorbringen, die in Wirklichkeit wegen ihrer großen Ent-
fernung keine plastischen Effecte erzeugen: wenn man näm-
lich Bilder dieser Objecte stereoskopisch verbindet, die von
Standorten aufgenommen sind, deren Distanz erheblich
größer als die der beiden Augen ist. Das geschieht z. B.
bei den stereoskopischen Landschaftsphotographien, die darum
auch nicht so wie die wirklichen Landschaften, sondern wie
plastische Modelle derselben aussehen, die wir in der Nähe
betrachten.

34. Beim Sehen mit einem Auge fallen alle die Be-
dingungen hinweg, die mit den Convergenzbewegungen und
der binocularen Verschiedenheit der Netzhautbilder zusammen-
hängen, und die sich im Stereoskop künstlich nachahmen
lassen. Dennoch ermangelt auch das monoculare Sehen
nicht aller Einflüsse, die eine, wenn auch unvollkommenere,
Tiefenlocalisation hervorbringen.

Wenig erheblich, ja wahrscheinlich im Vergleich mit den
andern Bedingungen gar nicht in Betracht kommend ist hier
der directe Einfluss der Accommodationsbewegungen.
Allerdings sind auch sie, ähnlich den Convergenzbewegungen,
von Empfindungen begleitet, die man bei starken Accom-
modationsanstrengungen von fern auf nah deutlich wahr-

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[164/0180] II. Die psychischen Gebilde. So beobachtet man z. B., dass verwickeltere stereo- skopische Bilder meist mehrerer hin- und hergehender Con- vergenzbewegungen bedürfen, ehe eine deutliche plastische Vorstellung entsteht. Die Wirkung der parallaktischen Ver- schiebung zeigt sich ferner bei der Beobachtung stereo- skopischer Bilder, deren Theile gegen einander beweglich sind. Solche Bewegungen sind nämlich von Veränderungen des Reliefs begleitet, die genau den entsprechenden Verände- rungen der binocularen Parallaxe entsprechen. Da die letz- tere von der Distanz der beiden Augen abhängt, so kann man endlich die körperliche Vorstellung auch bei solchen Objecten hervorbringen, die in Wirklichkeit wegen ihrer großen Ent- fernung keine plastischen Effecte erzeugen: wenn man näm- lich Bilder dieser Objecte stereoskopisch verbindet, die von Standorten aufgenommen sind, deren Distanz erheblich größer als die der beiden Augen ist. Das geschieht z. B. bei den stereoskopischen Landschaftsphotographien, die darum auch nicht so wie die wirklichen Landschaften, sondern wie plastische Modelle derselben aussehen, die wir in der Nähe betrachten. 34. Beim Sehen mit einem Auge fallen alle die Be- dingungen hinweg, die mit den Convergenzbewegungen und der binocularen Verschiedenheit der Netzhautbilder zusammen- hängen, und die sich im Stereoskop künstlich nachahmen lassen. Dennoch ermangelt auch das monoculare Sehen nicht aller Einflüsse, die eine, wenn auch unvollkommenere, Tiefenlocalisation hervorbringen. Wenig erheblich, ja wahrscheinlich im Vergleich mit den andern Bedingungen gar nicht in Betracht kommend ist hier der directe Einfluss der Accommodationsbewegungen. Allerdings sind auch sie, ähnlich den Convergenzbewegungen, von Empfindungen begleitet, die man bei starken Accom- modationsanstrengungen von fern auf nah deutlich wahr-

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/180>, abgerufen am 24.11.2024.