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Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.

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Das Erste Capitel.
wer es nicht finde/ der müsse ein geschlagner
Mensch seyn/ so lang er lebet.

Die Ungedult/ sprich ich/ macht eben die
Kümmerniß im Hertzen daß einer sich dün-
ken läßt: er sey so verworfen/ so von der
Natur fast verschlagen/ so ungesegnet in
allem was er gedenkt/ redt und tuht. Das
nidergeschlagene Gemuht gebieret fol-
gend den Neid/ daß eben jener das alles
haben soll/ und er nicht/ dem er doch seinem/
aber eignen/ Urteihl nach gleich sey! was
man eben an jenem ersehen/ und an ihm
selbst nicht/ der sich ja so wol sehen lasse? Zu
dem Dienst/ zu dem Amt/ zu der Verrich-
tung nehme man jenen: warum ihn nicht?
So giftet sich nun der Neid im Hertzen
an/ biß er durch den Mund gar heraüß
bricht. Da gehet dann das Lästern an/ das
Verleumden/ das Verkleinern/ in seiner
Abwesenheit/ in seiner Gegenwart/ das
Stochern/ das Zwicken/ und wann man
etwas weiß oder sihet/ daran er sich/ als ein
Mensch/ verstossen/ das Auffmutzen der ho-
hen Weißheit/ die sich da oder da (aber
umgewendet) sehen lasse/ welcher wegen
er andern sey vorgezogen worden. Den ei-

nigen

Das Erſte Capitel.
wer es nicht finde/ der muͤſſe ein geſchlagner
Menſch ſeyn/ ſo lang er lebet.

Die Ungedult/ ſprich ich/ macht eben die
Kuͤmmerniß im Hertzen daß einer ſich duͤn-
ken laͤßt: er ſey ſo verworfen/ ſo von der
Natur faſt verſchlagen/ ſo ungeſegnet in
allem was er gedenkt/ redt und tuht. Das
nidergeſchlagene Gemůht gebieret fol-
gend den Neid/ daß eben jener das alles
haben ſoll/ und er nicht/ dem er doch ſeinem/
aber eignen/ Urteihl nach gleich ſey! was
man eben an jenem erſehen/ und an ihm
ſelbſt nicht/ der ſich ja ſo wol ſehen laſſe? Zu
dem Dienſt/ zu dem Amt/ zu der Verꝛich-
tung nehme man jenen: warum ihn nicht?
So giftet ſich nun der Neid im Hertzen
an/ biß er durch den Mund gar heraüß
bricht. Da gehet dann das Laͤſtern an/ das
Verleumden/ das Verkleinern/ in ſeiner
Abweſenheit/ in ſeiner Gegenwart/ das
Stochern/ das Zwicken/ und wann man
etwas weiß oder ſihet/ daran er ſich/ als ein
Menſch/ verſtoſſen/ das Auffmutzen der ho-
hen Weißheit/ die ſich da oder da (aber
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er andern ſey vorgezogen worden. Den ei-

nigen
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[6/0064] Das Erſte Capitel. wer es nicht finde/ der muͤſſe ein geſchlagner Menſch ſeyn/ ſo lang er lebet. Die Ungedult/ ſprich ich/ macht eben die Kuͤmmerniß im Hertzen daß einer ſich duͤn- ken laͤßt: er ſey ſo verworfen/ ſo von der Natur faſt verſchlagen/ ſo ungeſegnet in allem was er gedenkt/ redt und tuht. Das nidergeſchlagene Gemůht gebieret fol- gend den Neid/ daß eben jener das alles haben ſoll/ und er nicht/ dem er doch ſeinem/ aber eignen/ Urteihl nach gleich ſey! was man eben an jenem erſehen/ und an ihm ſelbſt nicht/ der ſich ja ſo wol ſehen laſſe? Zu dem Dienſt/ zu dem Amt/ zu der Verꝛich- tung nehme man jenen: warum ihn nicht? So giftet ſich nun der Neid im Hertzen an/ biß er durch den Mund gar heraüß bricht. Da gehet dann das Laͤſtern an/ das Verleumden/ das Verkleinern/ in ſeiner Abweſenheit/ in ſeiner Gegenwart/ das Stochern/ das Zwicken/ und wann man etwas weiß oder ſihet/ daran er ſich/ als ein Menſch/ verſtoſſen/ das Auffmutzen der ho- hen Weißheit/ die ſich da oder da (aber umgewendet) ſehen laſſe/ welcher wegen er andern ſey vorgezogen worden. Den ei- nigen

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Zitationshilfe: Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/64>, abgerufen am 24.11.2024.