Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Zwölfte Capitel.
selbst bey dir selbst so lang/ so schmerzlich/ mit
solchem jnnerlichen Verzehren/ durch deine/
doch nichts/ als ohnmächtige Gedanken: so
ist der Schad ja dein und nicht sein? Du
aber wirst ein Mörder an deinem Leib/ ein
Todschläger deiner Gesundheit/ ein Fresser
deiner Kräfften/ eine Gall deiner Seelen/
ein Gift deines Geblütes/ und kommest mir
eben für/ wie in den Fabeln der Maul-
wurf/
der es sich so bitterlich verdriessen
liesse/ und allen andern Tiehren von Herzen
mißgönnete/ daß sie das Gesicht hätten/ und
nicht auch blind wären wie er ist. So wenig
aber/ als der Maulwurf andere Tiehr er-
blinden kunte: so wenig kanstu oft dem/ den
du neidest/ auch tuhn. Die Gaben deß Ge-
mühtes kanstu ihm nit nehmen; und wann
du sie fchon nehmen köntest/ so kanst du sie
doch dir nicht geben. Du kanst ihm seinen
Dienst und Amt nicht nehmen; und wann
du es auch nehmen köntest/ so mag es doch
seyn/ daß du selbiges dannoch nicht erlan-
gest. Du kanst ihm seinen Adel nit nehmen/
seinen Reichtum nit/ seine Kundschaft nit/
seine Dames nicht; warum neidest du ihn

dann?

Das Zwoͤlfte Capitel.
ſelbſt bey dir ſelbſt ſo lang/ ſo ſchmerzlich/ mit
ſolchem jnnerlichen Verzehren/ durch deine/
doch nichts/ als ohnmaͤchtige Gedanken: ſo
iſt der Schad ja dein und nicht ſein? Du
aber wirſt ein Moͤrder an deinem Leib/ ein
Todſchlaͤger deiner Geſundheit/ ein Freſſer
deiner Kraͤfften/ eine Gall deiner Seelen/
ein Gift deines Gebluͤtes/ und kommeſt mir
eben fuͤr/ wie in den Fabeln der Maul-
wurf/
der es ſich ſo bitterlich verdrieſſen
lieſſe/ und allen andern Tiehren von Herzen
mißgoͤnnete/ daß ſie das Geſicht haͤtten/ und
nicht auch blind waͤren wie er iſt. So wenig
aber/ als der Maulwurf andere Tiehr er-
blinden kunte: ſo wenig kanſtu oft dem/ den
du neideſt/ auch tuhn. Die Gaben deß Ge-
muͤhtes kanſtu ihm nit nehmen; und wann
du ſie fchon nehmen koͤnteſt/ ſo kanſt du ſie
doch dir nicht geben. Du kanſt ihm ſeinen
Dienſt und Amt nicht nehmen; und wann
du es auch nehmen koͤnteſt/ ſo mag es doch
ſeyn/ daß du ſelbiges dannoch nicht erlan-
geſt. Du kanſt ihm ſeinen Adel nit nehmen/
ſeinen Reichtum nit/ ſeine Kundſchaft nit/
ſeine Dames nicht; warum neideſt du ihn

dann?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0448" n="368"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Zwo&#x0364;lfte Capitel.</hi></fw><lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bey dir &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o lang/ &#x017F;o &#x017F;chmerzlich/ mit<lb/>
&#x017F;olchem jnnerlichen Verzehren/ durch deine/<lb/>
doch nichts/ als ohnma&#x0364;chtige Gedanken: &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t der Schad ja dein und nicht &#x017F;ein? Du<lb/>
aber wir&#x017F;t ein Mo&#x0364;rder an deinem Leib/ ein<lb/>
Tod&#x017F;chla&#x0364;ger deiner Ge&#x017F;undheit/ ein Fre&#x017F;&#x017F;er<lb/>
deiner Kra&#x0364;fften/ eine Gall deiner Seelen/<lb/>
ein Gift deines Geblu&#x0364;tes/ und komme&#x017F;t mir<lb/>
eben fu&#x0364;r/ wie in den Fabeln <hi rendition="#fr">der Maul-<lb/>
wurf/</hi> der es &#x017F;ich &#x017F;o bitterlich verdrie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
lie&#x017F;&#x017F;e/ und allen andern Tiehren von Herzen<lb/>
mißgo&#x0364;nnete/ daß &#x017F;ie das Ge&#x017F;icht ha&#x0364;tten/ und<lb/>
nicht auch blind wa&#x0364;ren wie er i&#x017F;t. So wenig<lb/>
aber/ als der Maulwurf andere Tiehr er-<lb/>
blinden kunte: &#x017F;o wenig kan&#x017F;tu oft dem/ den<lb/>
du neide&#x017F;t/ auch tuhn. Die Gaben deß Ge-<lb/>
mu&#x0364;htes kan&#x017F;tu ihm nit nehmen; und wann<lb/>
du &#x017F;ie fchon nehmen ko&#x0364;nte&#x017F;t/ &#x017F;o kan&#x017F;t du &#x017F;ie<lb/>
doch dir nicht geben. Du kan&#x017F;t ihm &#x017F;einen<lb/>
Dien&#x017F;t und Amt nicht nehmen; und wann<lb/>
du es auch nehmen ko&#x0364;nte&#x017F;t/ &#x017F;o mag es doch<lb/>
&#x017F;eyn/ daß du &#x017F;elbiges dannoch nicht erlan-<lb/>
ge&#x017F;t. Du kan&#x017F;t ihm &#x017F;einen Adel nit nehmen/<lb/>
&#x017F;einen Reichtum nit/ &#x017F;eine Kund&#x017F;chaft nit/<lb/>
&#x017F;eine <hi rendition="#aq">Dames</hi> nicht; warum neide&#x017F;t du ihn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dann?</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0448] Das Zwoͤlfte Capitel. ſelbſt bey dir ſelbſt ſo lang/ ſo ſchmerzlich/ mit ſolchem jnnerlichen Verzehren/ durch deine/ doch nichts/ als ohnmaͤchtige Gedanken: ſo iſt der Schad ja dein und nicht ſein? Du aber wirſt ein Moͤrder an deinem Leib/ ein Todſchlaͤger deiner Geſundheit/ ein Freſſer deiner Kraͤfften/ eine Gall deiner Seelen/ ein Gift deines Gebluͤtes/ und kommeſt mir eben fuͤr/ wie in den Fabeln der Maul- wurf/ der es ſich ſo bitterlich verdrieſſen lieſſe/ und allen andern Tiehren von Herzen mißgoͤnnete/ daß ſie das Geſicht haͤtten/ und nicht auch blind waͤren wie er iſt. So wenig aber/ als der Maulwurf andere Tiehr er- blinden kunte: ſo wenig kanſtu oft dem/ den du neideſt/ auch tuhn. Die Gaben deß Ge- muͤhtes kanſtu ihm nit nehmen; und wann du ſie fchon nehmen koͤnteſt/ ſo kanſt du ſie doch dir nicht geben. Du kanſt ihm ſeinen Dienſt und Amt nicht nehmen; und wann du es auch nehmen koͤnteſt/ ſo mag es doch ſeyn/ daß du ſelbiges dannoch nicht erlan- geſt. Du kanſt ihm ſeinen Adel nit nehmen/ ſeinen Reichtum nit/ ſeine Kundſchaft nit/ ſeine Dames nicht; warum neideſt du ihn dann?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/448
Zitationshilfe: Wülfer, Daniel: Das vertheidigte Gottes-geschick/ und vernichtete Heyden-Glück. Nürnberg, 1656, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wuelffer_gottesgeschick_1656/448>, abgerufen am 24.11.2024.