Wie? wenn einer gedächte, es könte sich dergleichen etwas auch in Servien begeben? Die unbändige und ungehaltene Einwohner dorten könten aus Verlangen, Verdruß, Liebe, Zorn, Rachgierigkeit, Unversöhnlichkeit, und dergleichen Affecten kranck werden? in der Kranckheit könten sie sich einbilden, die ge- liebten, oder die beleidigten Personen kämen zu ihnen, und embrassirten sie, es seye, aus wel- chem Affect es wolle? Das sagen die Patienten aus; der aberglaubische und schon praeoccu- pirte Pöbel glaubet es Himmel-feste; die An- verwandten fürchten sich, und erkrancken auch; die Nachbarn erschrecken, und vor Schrecken stirbt einer nach dem andern dahin. Wer denn so von einem vermeynten Vampyr gestor- ben ist, wird auch ein Vampyr, dadurch sich das Ubel in kurtzer Zeit fast ins unendliche auß- breiten kan. Wie leicht können schlaue Köpfe, deren es auch unter der Bauerschafft nicht we- nige gibt, solcher persuasion, die einmal unter einem Volck herrschet, zu allerhand bösen Ab- sichten mißbrauchen! Es kan leicht Hanß ein Körbgen von der Gretha empfangen haben, so kan er sich nach Art des dortigen rachgierigen Volcks fürnehmen, solche verschmähte Liebe aufs empfindlichste zu rächen!
§. 3.
Wie? wenn einer gedaͤchte, es koͤnte sich dergleichen etwas auch in Servien begeben? Die unbaͤndige und ungehaltene Einwohner dorten koͤnten aus Verlangen, Verdruß, Liebe, Zorn, Rachgierigkeit, Unversoͤhnlichkeit, und dergleichen Affecten kranck werden? in der Kranckheit koͤnten sie sich einbilden, die ge- liebten, oder die beleidigten Personen kaͤmen zu ihnen, und embrassirten sie, es seye, aus wel- chem Affect es wolle? Das sagen die Patienten aus; der aberglaubische und schon præoccu- pirte Poͤbel glaubet es Himmel-feste; die An- verwandten fuͤrchten sich, und erkrancken auch; die Nachbarn erschrecken, und vor Schrecken stirbt einer nach dem andern dahin. Wer denn so von einem vermeynten Vampyr gestor- ben ist, wird auch ein Vampyr, dadurch sich das Ubel in kurtzer Zeit fast ins unendliche auß- breiten kan. Wie leicht koͤnnen schlaue Koͤpfe, deren es auch unter der Bauerschafft nicht we- nige gibt, solcher persuasion, die einmal unter einem Volck herrschet, zu allerhand boͤsen Ab- sichten mißbrauchen! Es kan leicht Hanß ein Koͤrbgen von der Gretha empfangen haben, so kan er sich nach Art des dortigen rachgierigen Volcks fuͤrnehmen, solche verschmaͤhte Liebe aufs empfindlichste zu raͤchen!
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§. 3. Wie? wenn einer gedaͤchte, es koͤnte sich
dergleichen etwas auch in Servien begeben?
Die unbaͤndige und ungehaltene Einwohner
dorten koͤnten aus Verlangen, Verdruß, Liebe,
Zorn, Rachgierigkeit, Unversoͤhnlichkeit, und
dergleichen Affecten kranck werden? in der
Kranckheit koͤnten sie sich einbilden, die ge-
liebten, oder die beleidigten Personen kaͤmen zu
ihnen, und embrassirten sie, es seye, aus wel-
chem Affect es wolle? Das sagen die Patienten
aus; der aberglaubische und schon præoccu-
pirte Poͤbel glaubet es Himmel-feste; die An-
verwandten fuͤrchten sich, und erkrancken auch;
die Nachbarn erschrecken, und vor Schrecken
stirbt einer nach dem andern dahin. Wer
denn so von einem vermeynten Vampyr gestor-
ben ist, wird auch ein Vampyr, dadurch sich
das Ubel in kurtzer Zeit fast ins unendliche auß-
breiten kan. Wie leicht koͤnnen schlaue Koͤpfe,
deren es auch unter der Bauerschafft nicht we-
nige gibt, solcher persuasion, die einmal unter
einem Volck herrschet, zu allerhand boͤsen Ab-
sichten mißbrauchen! Es kan leicht Hanß ein
Koͤrbgen von der Gretha empfangen haben, so
kan er sich nach Art des dortigen rachgierigen
Volcks fuͤrnehmen, solche verschmaͤhte Liebe
aufs empfindlichste zu raͤchen!
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W. S. G. E.: Curieuse und sehr wunderbare Relation, von denen sich neuer Dingen in Servien erzeigenden Blut-Saugern oder Vampyrs. 1732, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wsge_vampyr_1732/54>, abgerufen am 03.03.2025.
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