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Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.

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Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
nicht gerne gesehen. Sollte es die Witterung unbedingt ver-
langen, so kann mit Bezug auf letztere wohl eine Ausnahme
von dieser Regel gemacht werden, das ist aber auch der einzige
Fall wo dies statthaft erscheint.

Von der alten Vorschrift, dass der Kutscher bedeutend höher
sitzen soll als der mitfahrende Diener, will die heutige Mode
nichts mehr wissen. Im Ganzen genommen, kann dies nur ge-
billigt werden. Muss doch die Harmonie des Gesamtbildes durch
gebrochene Linien eine Störung erleiden.

Das Chariot (Fig. 14) ist ebenfalls ein Wagen so vor-
nehmer Klasse, dass es für bürgerliche Verhältnisse wenig oder
gar nicht in Betracht kommt. Umso besser passt es für Fürst-
lichkeiten, hohe Staatsbeamte, Botschafter und ähnliche Herr-
schaften, ja diese können sich bei Staatsvisiten und feierlichen
Auffahrten gar keines geeigneteren Wagens bedienen. Sollte
indessen ein Mitglied der Finanzaristokratie oder irgend einer
unserer vielen Millionäre bürgerlichen Standes das Verlangen
empfinden, es im Equipagenluxus den Spitzen der Gesellschaft
gleich zu thun, so möge er sich nur ruhig ein Chariot anschaffen.
Den Fluch der Lächerlichkeit wird er dadurch nicht auf sich
laden, zumal wenn er bei der Benützung des imposanten Ge-
fährtes korrekt vorgeht, d. h. dasselbe nur zu offiziellen Be-
suchen und zur Teilnahme an den herbstlichen oder winterlichen
Spazierfahrten der eleganten Welt in Gebrauch nimmt.

Alles was wir weiter oben über die Ausstattung der Kalesche
geäussert, gilt auch für das Chariot und für den Landauer
a huit ressorts
, welch letzterer, wenn ohne Kutschbock, sich
vortrefflich für die Anspannung a la Daumont eignet, mit
Kutschbock aber den besten Familienwagen für Stadt- und
Parkgebrauch abgiebt. Der grosse Vorzug des Landauers ist,
dass er "ob schön, ob Regen" mit gleichem praktischen Nutzen
verwendet werden kann. Man braucht nur beim ersten Regen-
tropfen das Verdeck vorn und hinten aufzuschlagen, und der
offene Wagen ist in einen gedeckten umgewandelt. Dieses Auf-

Die zweispännigen Luxus-Equipagen.
nicht gerne gesehen. Sollte es die Witterung unbedingt ver-
langen, so kann mit Bezug auf letztere wohl eine Ausnahme
von dieser Regel gemacht werden, das ist aber auch der einzige
Fall wo dies statthaft erscheint.

Von der alten Vorschrift, dass der Kutscher bedeutend höher
sitzen soll als der mitfahrende Diener, will die heutige Mode
nichts mehr wissen. Im Ganzen genommen, kann dies nur ge-
billigt werden. Muss doch die Harmonie des Gesamtbildes durch
gebrochene Linien eine Störung erleiden.

Das Chariot (Fig. 14) ist ebenfalls ein Wagen so vor-
nehmer Klasse, dass es für bürgerliche Verhältnisse wenig oder
gar nicht in Betracht kommt. Umso besser passt es für Fürst-
lichkeiten, hohe Staatsbeamte, Botschafter und ähnliche Herr-
schaften, ja diese können sich bei Staatsvisiten und feierlichen
Auffahrten gar keines geeigneteren Wagens bedienen. Sollte
indessen ein Mitglied der Finanzaristokratie oder irgend einer
unserer vielen Millionäre bürgerlichen Standes das Verlangen
empfinden, es im Equipagenluxus den Spitzen der Gesellschaft
gleich zu thun, so möge er sich nur ruhig ein Chariot anschaffen.
Den Fluch der Lächerlichkeit wird er dadurch nicht auf sich
laden, zumal wenn er bei der Benützung des imposanten Ge-
fährtes korrekt vorgeht, d. h. dasselbe nur zu offiziellen Be-
suchen und zur Teilnahme an den herbstlichen oder winterlichen
Spazierfahrten der eleganten Welt in Gebrauch nimmt.

Alles was wir weiter oben über die Ausstattung der Kalesche
geäussert, gilt auch für das Chariot und für den Landauer
à huit ressorts
, welch letzterer, wenn ohne Kutschbock, sich
vortrefflich für die Anspannung à la Daumont eignet, mit
Kutschbock aber den besten Familienwagen für Stadt- und
Parkgebrauch abgiebt. Der grosse Vorzug des Landauers ist,
dass er „ob schön, ob Regen“ mit gleichem praktischen Nutzen
verwendet werden kann. Man braucht nur beim ersten Regen-
tropfen das Verdeck vorn und hinten aufzuschlagen, und der
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[67/0081] Die zweispännigen Luxus-Equipagen. nicht gerne gesehen. Sollte es die Witterung unbedingt ver- langen, so kann mit Bezug auf letztere wohl eine Ausnahme von dieser Regel gemacht werden, das ist aber auch der einzige Fall wo dies statthaft erscheint. Von der alten Vorschrift, dass der Kutscher bedeutend höher sitzen soll als der mitfahrende Diener, will die heutige Mode nichts mehr wissen. Im Ganzen genommen, kann dies nur ge- billigt werden. Muss doch die Harmonie des Gesamtbildes durch gebrochene Linien eine Störung erleiden. Das Chariot (Fig. 14) ist ebenfalls ein Wagen so vor- nehmer Klasse, dass es für bürgerliche Verhältnisse wenig oder gar nicht in Betracht kommt. Umso besser passt es für Fürst- lichkeiten, hohe Staatsbeamte, Botschafter und ähnliche Herr- schaften, ja diese können sich bei Staatsvisiten und feierlichen Auffahrten gar keines geeigneteren Wagens bedienen. Sollte indessen ein Mitglied der Finanzaristokratie oder irgend einer unserer vielen Millionäre bürgerlichen Standes das Verlangen empfinden, es im Equipagenluxus den Spitzen der Gesellschaft gleich zu thun, so möge er sich nur ruhig ein Chariot anschaffen. Den Fluch der Lächerlichkeit wird er dadurch nicht auf sich laden, zumal wenn er bei der Benützung des imposanten Ge- fährtes korrekt vorgeht, d. h. dasselbe nur zu offiziellen Be- suchen und zur Teilnahme an den herbstlichen oder winterlichen Spazierfahrten der eleganten Welt in Gebrauch nimmt. Alles was wir weiter oben über die Ausstattung der Kalesche geäussert, gilt auch für das Chariot und für den Landauer à huit ressorts, welch letzterer, wenn ohne Kutschbock, sich vortrefflich für die Anspannung à la Daumont eignet, mit Kutschbock aber den besten Familienwagen für Stadt- und Parkgebrauch abgiebt. Der grosse Vorzug des Landauers ist, dass er „ob schön, ob Regen“ mit gleichem praktischen Nutzen verwendet werden kann. Man braucht nur beim ersten Regen- tropfen das Verdeck vorn und hinten aufzuschlagen, und der offene Wagen ist in einen gedeckten umgewandelt. Dieses Auf-

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Zitationshilfe: Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wrangel_luxusfuhrwerk_1898/81>, abgerufen am 25.11.2024.