Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

PA
erfordert, als die gebährende Frau und das Kind, dann kommen auch noch
die Heb-Amme mit den andern Frauen zu Hülffe. III. die Consequen-
tia,
oder was nach der Geburt folget, die Lösung der Affter- oder Nach-
Geburt, und die Verbindung des abgeschnittenen Nabels etc.

Partus caesareus, Sectio caesarea, der Kayserliche Schnitt, ist eine
chirurgische Operation, oder eine vernünfftige und Kunst-gegründete Ap-
plication
der Hände, da eine todte Frucht von der annoch lebenden Mutter,
entweder durch Handgriffe, oder Instrumenta, aus dem Utero der Mutter
gezogen, oder wenn die Mutter schon todt, die lebendige Frucht, vermöge
eines Schnitts, herausgenommen wird. Diese Operation wird vornem-
lich um drey Ursachen angestellet, da entweder die Mutter lebet, und die
Frucht gestorben ist, oder da Mutter und Kind noch leben, oder da die
Mutter todt und die Frucht noch lebet. Diesem sey nun wie ihm wolle,
so bleibet doch ein Zweifel, ob man bey einer annoch lebenden Frau diese
Operation ohne ihre höchste Gefahr administriren könne? solches vernei-
nen Pareus, Guillemeau, Rolfinc. Andere hingegen bejahen und be-
kräfftigen es mit solchen Exemplis, da sie gantz glücklich gebrauchet wor-
den, wie davon Cornar. Histor. admirabl. 6. und 7. Rousset de pa[x]t. Cae-
sar. S. 1. cap.
5. und Roonhuys. part. 1. observ. chirurg. pag. 56. Die-
sen dienet aber zur Antwort, daß, obgleich diese Operation einmal glück-
lich von statten gegangen, nicht zu schliessen ist, daß sie allemal glücklich ge-
hen müsse, denn eine Schwalbe bey weiten den Sommer nicht machet.
Guillemeau bezeugets, daß er diese Operation zweymal verrichtet, und et-
liche mal von andern celebriret gesehen, aber sie sind alle geblieben.
Dahero ist diese Operation sehr gefährlich, und bey lebendigen Personen
schwer zu exerciren.

Partus difficilis, eine harte und schwere Geburt, auch Dystocia
genannt, ist, wenn die schwangere Frau mit ungewöhnlichen Schmer-
tzen, und etliche Tage mit Lebens-Gefahr, in der Geburt arbeiten muß.
Die Ursachen einer schweren Geburt sind entweder bey der Gebähren-
den, oder bey der Frucht, oder bey der Heb-Ammen zu suchen. Die
Gebährende ist in Schuld, wenn sie entweder von Natur, oder von ei-
ner Kranckheit, oder von der Geburts-Arbeit schwach ist; ferner, wenn
sie nicht gnügliche und continuirliche oder falsche Wehen empfindet;
drittens, wenn der Weg gar zu enge ist; vierdtens, wenn sie die Wehen
verbeist, und nicht befördert. Das Kind machet die Geburt schwer,
wenn es mit seiner Gegen-Arbeit säumet, krancket, todt ist, oder wider-

natür-

PA
erfordert, als die gebaͤhrende Frau und das Kind, dann kommen auch noch
die Heb-Amme mit den andern Frauen zu Huͤlffe. III. die Conſequen-
tia,
oder was nach der Geburt folget, die Loͤſung der Affter- oder Nach-
Geburt, und die Verbindung des abgeſchnittenen Nabels ꝛc.

Partus cæſareus, Sectio cæſarea, der Kayſerliche Schnitt, iſt eine
chirurgiſche Operation, oder eine vernuͤnfftige und Kunſt-gegruͤndete Ap-
plication
der Haͤnde, da eine todte Frucht von der annoch lebenden Mutter,
entweder durch Handgriffe, oder Inſtrumenta, aus dem Utero der Mutter
gezogen, oder wenn die Mutter ſchon todt, die lebendige Frucht, vermoͤge
eines Schnitts, herausgenommen wird. Dieſe Operation wird vornem-
lich um drey Urſachen angeſtellet, da entweder die Mutter lebet, und die
Frucht geſtorben iſt, oder da Mutter und Kind noch leben, oder da die
Mutter todt und die Frucht noch lebet. Dieſem ſey nun wie ihm wolle,
ſo bleibet doch ein Zweifel, ob man bey einer annoch lebenden Frau dieſe
Operation ohne ihre hoͤchſte Gefahr adminiſtriren koͤnne? ſolches vernei-
nen Pareus, Guillemeau, Rolfinc. Andere hingegen bejahen und be-
kraͤfftigen es mit ſolchen Exemplis, da ſie gantz gluͤcklich gebrauchet wor-
den, wie davon Cornar. Hiſtor. admirabl. 6. und 7. Rouſſet de pa[x]t. Cæ-
ſar. S. 1. cap.
5. und Roonhuyſ. part. 1. obſerv. chirurg. pag. 56. Die-
ſen dienet aber zur Antwort, daß, obgleich dieſe Operation einmal gluͤck-
lich von ſtatten gegangen, nicht zu ſchlieſſen iſt, daß ſie allemal gluͤcklich ge-
hen muͤſſe, denn eine Schwalbe bey weiten den Sommer nicht machet.
Guillemeau bezeugets, daß er dieſe Operation zweymal verrichtet, und et-
liche mal von andern celebriret geſehen, aber ſie ſind alle geblieben.
Dahero iſt dieſe Operation ſehr gefaͤhrlich, und bey lebendigen Perſonen
ſchwer zu exerciren.

Partus difficilis, eine harte und ſchwere Geburt, auch Dyſtocia
genannt, iſt, wenn die ſchwangere Frau mit ungewoͤhnlichen Schmer-
tzen, und etliche Tage mit Lebens-Gefahr, in der Geburt arbeiten muß.
Die Urſachen einer ſchweren Geburt ſind entweder bey der Gebaͤhren-
den, oder bey der Frucht, oder bey der Heb-Ammen zu ſuchen. Die
Gebaͤhrende iſt in Schuld, wenn ſie entweder von Natur, oder von ei-
ner Kranckheit, oder von der Geburts-Arbeit ſchwach iſt; ferner, wenn
ſie nicht gnuͤgliche und continuirliche oder falſche Wehen empfindet;
drittens, wenn der Weg gar zu enge iſt; vierdtens, wenn ſie die Wehen
verbeiſt, und nicht befoͤrdert. Das Kind machet die Geburt ſchwer,
wenn es mit ſeiner Gegen-Arbeit ſaͤumet, krancket, todt iſt, oder wider-

natuͤr-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0704" n="692"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">PA</hi></hi></hi></fw><lb/>
erfordert, als die geba&#x0364;hrende Frau und das Kind, dann kommen auch noch<lb/>
die Heb-Amme mit den andern Frauen zu Hu&#x0364;lffe. <hi rendition="#aq">III.</hi> die <hi rendition="#aq">Con&#x017F;equen-<lb/>
tia,</hi> oder was nach der Geburt folget, die Lo&#x0364;&#x017F;ung der Affter- oder Nach-<lb/>
Geburt, und die Verbindung des abge&#x017F;chnittenen Nabels &#xA75B;c.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Partus cæ&#x017F;areus, Sectio cæ&#x017F;area,</hi> der <hi rendition="#fr">Kay&#x017F;erliche Schnitt,</hi> i&#x017F;t eine<lb/><hi rendition="#aq">chirurgi</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Operation,</hi> oder eine vernu&#x0364;nfftige und Kun&#x017F;t-gegru&#x0364;ndete <hi rendition="#aq">Ap-<lb/>
plication</hi> der Ha&#x0364;nde, da eine todte Frucht von der annoch lebenden Mutter,<lb/>
entweder durch Handgriffe, oder <hi rendition="#aq">In&#x017F;trumenta,</hi> aus dem <hi rendition="#aq">Utero</hi> der Mutter<lb/>
gezogen, oder wenn die Mutter &#x017F;chon todt, die lebendige Frucht, vermo&#x0364;ge<lb/>
eines Schnitts, herausgenommen wird. Die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Operation</hi> wird vornem-<lb/>
lich um drey Ur&#x017F;achen ange&#x017F;tellet, da entweder die Mutter lebet, und die<lb/>
Frucht ge&#x017F;torben i&#x017F;t, oder da Mutter und Kind noch leben, oder da die<lb/>
Mutter todt und die Frucht noch lebet. Die&#x017F;em &#x017F;ey nun wie ihm wolle,<lb/>
&#x017F;o bleibet doch ein Zweifel, ob man bey einer annoch lebenden Frau die&#x017F;e<lb/><hi rendition="#aq">Operation</hi> ohne ihre ho&#x0364;ch&#x017F;te Gefahr <hi rendition="#aq">admini&#x017F;tri</hi>ren ko&#x0364;nne? &#x017F;olches vernei-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">Pareus, Guillemeau, Rolfinc.</hi> Andere hingegen bejahen und be-<lb/>
kra&#x0364;fftigen es mit &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">Exemplis,</hi> da &#x017F;ie gantz glu&#x0364;cklich gebrauchet wor-<lb/>
den, wie davon <hi rendition="#aq">Cornar. Hi&#x017F;tor. admirabl.</hi> 6. und 7. <hi rendition="#aq">Rou&#x017F;&#x017F;et de pa<supplied>x</supplied>t. Cæ-<lb/>
&#x017F;ar. S. 1. cap.</hi> 5. und <hi rendition="#aq">Roonhuy&#x017F;. part. 1. ob&#x017F;erv. chirurg. pag.</hi> 56. Die-<lb/>
&#x017F;en dienet aber zur Antwort, daß, obgleich die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Operation</hi> einmal glu&#x0364;ck-<lb/>
lich von &#x017F;tatten gegangen, nicht zu &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t, daß &#x017F;ie allemal glu&#x0364;cklich ge-<lb/>
hen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, denn eine Schwalbe bey weiten den Sommer nicht machet.<lb/><hi rendition="#aq">Guillemeau</hi> bezeugets, daß er die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Operation</hi> zweymal verrichtet, und et-<lb/>
liche mal von andern <hi rendition="#aq">celebri</hi>ret ge&#x017F;ehen, aber &#x017F;ie &#x017F;ind alle geblieben.<lb/>
Dahero i&#x017F;t die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Operation</hi> &#x017F;ehr gefa&#x0364;hrlich, und bey lebendigen Per&#x017F;onen<lb/>
&#x017F;chwer zu <hi rendition="#aq">exerci</hi>ren.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Partus difficilis,</hi> eine <hi rendition="#fr">harte</hi> und <hi rendition="#fr">&#x017F;chwere Geburt,</hi> auch <hi rendition="#aq">Dy&#x017F;tocia</hi><lb/>
genannt, i&#x017F;t, wenn die &#x017F;chwangere Frau mit ungewo&#x0364;hnlichen Schmer-<lb/>
tzen, und etliche Tage mit Lebens-Gefahr, in der Geburt arbeiten muß.<lb/>
Die Ur&#x017F;achen einer &#x017F;chweren Geburt &#x017F;ind entweder bey der Geba&#x0364;hren-<lb/>
den, oder bey der Frucht, oder bey der Heb-Ammen zu &#x017F;uchen. Die<lb/>
Geba&#x0364;hrende i&#x017F;t in Schuld, wenn &#x017F;ie entweder von Natur, oder von ei-<lb/>
ner Kranckheit, oder von der Geburts-Arbeit &#x017F;chwach i&#x017F;t; ferner, wenn<lb/>
&#x017F;ie nicht gnu&#x0364;gliche und <hi rendition="#aq">continui</hi>rliche oder fal&#x017F;che Wehen empfindet;<lb/>
drittens, wenn der Weg gar zu enge i&#x017F;t; vierdtens, wenn &#x017F;ie die Wehen<lb/>
verbei&#x017F;t, und nicht befo&#x0364;rdert. Das Kind machet die Geburt &#x017F;chwer,<lb/>
wenn es mit &#x017F;einer Gegen-Arbeit &#x017F;a&#x0364;umet, krancket, todt i&#x017F;t, oder wider-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">natu&#x0364;r-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[692/0704] PA erfordert, als die gebaͤhrende Frau und das Kind, dann kommen auch noch die Heb-Amme mit den andern Frauen zu Huͤlffe. III. die Conſequen- tia, oder was nach der Geburt folget, die Loͤſung der Affter- oder Nach- Geburt, und die Verbindung des abgeſchnittenen Nabels ꝛc. Partus cæſareus, Sectio cæſarea, der Kayſerliche Schnitt, iſt eine chirurgiſche Operation, oder eine vernuͤnfftige und Kunſt-gegruͤndete Ap- plication der Haͤnde, da eine todte Frucht von der annoch lebenden Mutter, entweder durch Handgriffe, oder Inſtrumenta, aus dem Utero der Mutter gezogen, oder wenn die Mutter ſchon todt, die lebendige Frucht, vermoͤge eines Schnitts, herausgenommen wird. Dieſe Operation wird vornem- lich um drey Urſachen angeſtellet, da entweder die Mutter lebet, und die Frucht geſtorben iſt, oder da Mutter und Kind noch leben, oder da die Mutter todt und die Frucht noch lebet. Dieſem ſey nun wie ihm wolle, ſo bleibet doch ein Zweifel, ob man bey einer annoch lebenden Frau dieſe Operation ohne ihre hoͤchſte Gefahr adminiſtriren koͤnne? ſolches vernei- nen Pareus, Guillemeau, Rolfinc. Andere hingegen bejahen und be- kraͤfftigen es mit ſolchen Exemplis, da ſie gantz gluͤcklich gebrauchet wor- den, wie davon Cornar. Hiſtor. admirabl. 6. und 7. Rouſſet de paxt. Cæ- ſar. S. 1. cap. 5. und Roonhuyſ. part. 1. obſerv. chirurg. pag. 56. Die- ſen dienet aber zur Antwort, daß, obgleich dieſe Operation einmal gluͤck- lich von ſtatten gegangen, nicht zu ſchlieſſen iſt, daß ſie allemal gluͤcklich ge- hen muͤſſe, denn eine Schwalbe bey weiten den Sommer nicht machet. Guillemeau bezeugets, daß er dieſe Operation zweymal verrichtet, und et- liche mal von andern celebriret geſehen, aber ſie ſind alle geblieben. Dahero iſt dieſe Operation ſehr gefaͤhrlich, und bey lebendigen Perſonen ſchwer zu exerciren. Partus difficilis, eine harte und ſchwere Geburt, auch Dyſtocia genannt, iſt, wenn die ſchwangere Frau mit ungewoͤhnlichen Schmer- tzen, und etliche Tage mit Lebens-Gefahr, in der Geburt arbeiten muß. Die Urſachen einer ſchweren Geburt ſind entweder bey der Gebaͤhren- den, oder bey der Frucht, oder bey der Heb-Ammen zu ſuchen. Die Gebaͤhrende iſt in Schuld, wenn ſie entweder von Natur, oder von ei- ner Kranckheit, oder von der Geburts-Arbeit ſchwach iſt; ferner, wenn ſie nicht gnuͤgliche und continuirliche oder falſche Wehen empfindet; drittens, wenn der Weg gar zu enge iſt; vierdtens, wenn ſie die Wehen verbeiſt, und nicht befoͤrdert. Das Kind machet die Geburt ſchwer, wenn es mit ſeiner Gegen-Arbeit ſaͤumet, krancket, todt iſt, oder wider- natuͤr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/704
Zitationshilfe: Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/704>, abgerufen am 22.11.2024.