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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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Alle übrige Vergnügungen der Sinne,
wie sehr sind sie doch der Veränderung unsers
Geschmacks, der Abnahme unsrer Gesundheit,
der Abwechselung der Jahrszeiten und des Lebens-
alters, dem Unbestande unsrer Glücksumstände,
dem Eigensinn der Mode, und tausend kleinen
Zufällen unterworfen, die uns ihren Genuß un-
möglich machen, oder erschweren? Aber wo ist
ein Ort auf der Erde, ein Alter unsers Lebens,
ein Zustand unsers Körpers, in welchem wir
nicht, mehr oder weniger, die Freuden der schö-
nen Natur genießen könnten? Der scheelsichtige
Neid, die verschlagenste Bosheit, so wehe sie
uns immer thun mögen, können doch den schönen
Himmel über uns nicht verhüllen, die Blüten
der Erde nicht versengen, die Geschöpfe der Na-
tur nicht zerstören. Den Gesunden steht die gan-
ze weite Erde offen, auf derselben umher zu wan-
deln, und die geheimsten Wohnungen ihrer kunst-
vollen Geschöpfe aufzusuchen: auch der Kranke,
kann noch aus seinem Zimmer, an dem Anblick
einer grünen Wiese, eines blumenreichen Gar-
tens, eines blühenden Baums sich erfreun.
Die Freude des Jünglings an dem Reichthum
der Natur, ist die lebhafteste und gefühlvollste;
die Freude des Mannes, ist ein stilles, aber

desto


Alle übrige Vergnügungen der Sinne,
wie ſehr ſind ſie doch der Veränderung unſers
Geſchmacks, der Abnahme unſrer Geſundheit,
der Abwechſelung der Jahrszeiten und des Lebens-
alters, dem Unbeſtande unſrer Glücksumſtände,
dem Eigenſinn der Mode, und tauſend kleinen
Zufällen unterworfen, die uns ihren Genuß un-
möglich machen, oder erſchweren? Aber wo iſt
ein Ort auf der Erde, ein Alter unſers Lebens,
ein Zuſtand unſers Körpers, in welchem wir
nicht, mehr oder weniger, die Freuden der ſchö-
nen Natur genießen könnten? Der ſcheelſichtige
Neid, die verſchlagenſte Bosheit, ſo wehe ſie
uns immer thun mögen, können doch den ſchönen
Himmel über uns nicht verhüllen, die Blüten
der Erde nicht verſengen, die Geſchöpfe der Na-
tur nicht zerſtören. Den Geſunden ſteht die gan-
ze weite Erde offen, auf derſelben umher zu wan-
deln, und die geheimſten Wohnungen ihrer kunſt-
vollen Geſchöpfe aufzuſuchen: auch der Kranke,
kann noch aus ſeinem Zimmer, an dem Anblick
einer grünen Wieſe, eines blumenreichen Gar-
tens, eines blühenden Baums ſich erfreun.
Die Freude des Jünglings an dem Reichthum
der Natur, iſt die lebhafteſte und gefühlvollſte;
die Freude des Mannes, iſt ein ſtilles, aber

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[26/0078] Alle übrige Vergnügungen der Sinne, wie ſehr ſind ſie doch der Veränderung unſers Geſchmacks, der Abnahme unſrer Geſundheit, der Abwechſelung der Jahrszeiten und des Lebens- alters, dem Unbeſtande unſrer Glücksumſtände, dem Eigenſinn der Mode, und tauſend kleinen Zufällen unterworfen, die uns ihren Genuß un- möglich machen, oder erſchweren? Aber wo iſt ein Ort auf der Erde, ein Alter unſers Lebens, ein Zuſtand unſers Körpers, in welchem wir nicht, mehr oder weniger, die Freuden der ſchö- nen Natur genießen könnten? Der ſcheelſichtige Neid, die verſchlagenſte Bosheit, ſo wehe ſie uns immer thun mögen, können doch den ſchönen Himmel über uns nicht verhüllen, die Blüten der Erde nicht verſengen, die Geſchöpfe der Na- tur nicht zerſtören. Den Geſunden ſteht die gan- ze weite Erde offen, auf derſelben umher zu wan- deln, und die geheimſten Wohnungen ihrer kunſt- vollen Geſchöpfe aufzuſuchen: auch der Kranke, kann noch aus ſeinem Zimmer, an dem Anblick einer grünen Wieſe, eines blumenreichen Gar- tens, eines blühenden Baums ſich erfreun. Die Freude des Jünglings an dem Reichthum der Natur, iſt die lebhafteſte und gefühlvollſte; die Freude des Mannes, iſt ein ſtilles, aber deſto

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/78>, abgerufen am 24.11.2024.