Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.gegen, in welchem sich die Rechnung unsrer Ta- ge vor dem Thron unsers Richters dort oben an- hebt. -- Bei dieser Aussicht sind denn aber am Abend unsers Lebens, nothwendig unsre Erwar- tungen der Zukunft jenseit des Todes weit ange- legentlicher und ängstlicher, als am Abend eines Jahres alle Erwartungen der Zukunft dieses Le- bens. Jene süßen Bilder künftiger Reichthümer und Ehrenstellen, und sinnlicher Vergnügungen, die wir uns am Ablauf eines Jahres noch so angenehm erträumen mögen; Wünsche nach Gü- tern, von denen bald ein einziges zureicht, uns auf eine Zeitlang zufrieden zu stellen, bald ein einziges nur fehlen darf, um uns gegen die glänzendsten Vorzüge unsers Zustands gleichgül- tig zu machen: -- was sind sie, gegen die Wün- sche des Sterbenden, der nach den Freuden einer beßern Welt dürstet, nach Freuden, die von ein- ander ungetrennt, entweder alle, obgleich in verschiedner Maaße, sein Thei werden müßen, oder auch alle für ihn ewig verloren sind? Was ist die Frucht künstiger zeitlicher Unglückssälle, welche sich doch unter den unaufhörlichen Abwechselungen des Lebens, noch wieder in Vortheil und Freude für uns verwandeln können; gegen die Furcht einer Unselig- keit, aus welcher keine Rettung zu hoffen steht? -- Was
gegen, in welchem ſich die Rechnung unſrer Ta- ge vor dem Thron unſers Richters dort oben an- hebt. — Bei dieſer Ausſicht ſind denn aber am Abend unſers Lebens, nothwendig unſre Erwar- tungen der Zukunft jenſeit des Todes weit ange- legentlicher und ängſtlicher, als am Abend eines Jahres alle Erwartungen der Zukunft dieſes Le- bens. Jene ſüßen Bilder künftiger Reichthümer und Ehrenſtellen, und ſinnlicher Vergnügungen, die wir uns am Ablauf eines Jahres noch ſo angenehm erträumen mögen; Wünſche nach Gü- tern, von denen bald ein einziges zureicht, uns auf eine Zeitlang zufrieden zu ſtellen, bald ein einziges nur fehlen darf, um uns gegen die glänzendſten Vorzüge unſers Zuſtands gleichgül- tig zu machen: — was ſind ſie, gegen die Wün- ſche des Sterbenden, der nach den Freuden einer beßern Welt dürſtet, nach Freuden, die von ein- ander ungetrennt, entweder alle, obgleich in verſchiedner Maaße, ſein Thei werden müßen, oder auch alle für ihn ewig verloren ſind? Was iſt die Frucht künſtiger zeitlicher Unglücksſälle, welche ſich doch unter den unaufhörlichen Abwechſelungen des Lebens, noch wieder in Vortheil und Freude für uns verwandeln können; gegen die Furcht einer Unſelig- keit, aus welcher keine Rettung zu hoffen ſteht? — Was
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gegen, in welchem ſich die Rechnung unſrer Ta-
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hebt. — Bei dieſer Ausſicht ſind denn aber
am Abend unſers Lebens, nothwendig unſre Erwar-
tungen der Zukunft jenſeit des Todes weit ange-
legentlicher und ängſtlicher, als am Abend eines
Jahres alle Erwartungen der Zukunft dieſes Le-
bens. Jene ſüßen Bilder künftiger Reichthümer
und Ehrenſtellen, und ſinnlicher Vergnügungen,
die wir uns am Ablauf eines Jahres noch ſo
angenehm erträumen mögen; Wünſche nach Gü-
tern, von denen bald ein einziges zureicht, uns
auf eine Zeitlang zufrieden zu ſtellen, bald ein
einziges nur fehlen darf, um uns gegen die
glänzendſten Vorzüge unſers Zuſtands gleichgül-
tig zu machen: — was ſind ſie, gegen die Wün-
ſche des Sterbenden, der nach den Freuden einer
beßern Welt dürſtet, nach Freuden, die von ein-
ander ungetrennt, entweder alle, obgleich in
verſchiedner Maaße, ſein Thei werden müßen, oder
auch alle für ihn ewig verloren ſind? Was iſt die
Frucht künſtiger zeitlicher Unglücksſälle, welche ſich
doch unter den unaufhörlichen Abwechſelungen des
Lebens, noch wieder in Vortheil und Freude für uns
verwandeln können; gegen die Furcht einer Unſelig-
keit, aus welcher keine Rettung zu hoffen ſteht? —
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