Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.ner sterbenden Zunge: denn sie faßen mehr in sich, als alle seine Zeitgenoßen vorhersahn; mehr, als die spätesten Jahrhunderte nach ihm erfah- ren; mehr, als alle Zeiten bis ans Ende der Tage sich verkündigen können; sie faßen einen unendlichen Reichthum des Wohlthuns in sich, den nur die Ewigkeit vollenden kann. Er er- schien; der erste ewige lebendige Urquell des Lichts, alle Menschen zu erleuchten; er hat keine Sün- de gethan, und in seinem Munde ward kein Betrug erfunden. Er zog allenthalben umher wohlzuthun. -- Jhr Bekümmerte, denen er Trost einsprach; ihr Blinde und Taube, denen er Augen und Ohren eröffnete; ihr unheilbare Kran- ke, die er vom Siechbette aufrichtete; ihr Ent- schlafne, die er zurück ins Leben rief; ihr selbst, seine zärtliche Thränen am Grabe seines Freun- des: zeugt für ihn, so weit der Nachwelt seine Lehre verkündigt wird: daß Mitleid und Milde auf seinem Antlitz, jeden Nothleidenden still- schweigend rief, jedem Schüchternen Muth zu- sprach: daß kein Hülfsbedürftiger ohne Trost und ohne Hülfe von ihm zurückegieng: daß sein ganzes Leben Wohlthun, und Wohlthun seine Freude war. Bei dem höchsten Ue- berfluße an Lebensfreuden, die ihm offen stan- den,
ner ſterbenden Zunge: denn ſie faßen mehr in ſich, als alle ſeine Zeitgenoßen vorherſahn; mehr, als die ſpäteſten Jahrhunderte nach ihm erfah- ren; mehr, als alle Zeiten bis ans Ende der Tage ſich verkündigen können; ſie faßen einen unendlichen Reichthum des Wohlthuns in ſich, den nur die Ewigkeit vollenden kann. Er er- ſchien; der erſte ewige lebendige Urquell des Lichts, alle Menſchen zu erleuchten; er hat keine Sün- de gethan, und in ſeinem Munde ward kein Betrug erfunden. Er zog allenthalben umher wohlzuthun. — Jhr Bekümmerte, denen er Troſt einſprach; ihr Blinde und Taube, denen er Augen und Ohren eröffnete; ihr unheilbare Kran- ke, die er vom Siechbette aufrichtete; ihr Ent- ſchlafne, die er zurück ins Leben rief; ihr ſelbſt, ſeine zärtliche Thränen am Grabe ſeines Freun- des: zeugt für ihn, ſo weit der Nachwelt ſeine Lehre verkündigt wird: daß Mitleid und Milde auf ſeinem Antlitz, jeden Nothleidenden ſtill- ſchweigend rief, jedem Schüchternen Muth zu- ſprach: daß kein Hülfsbedürftiger ohne Troſt und ohne Hülfe von ihm zurückegieng: daß ſein ganzes Leben Wohlthun, und Wohlthun ſeine Freude war. Bei dem höchſten Ue- berfluße an Lebensfreuden, die ihm offen ſtan- den,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0362" n="310"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ner ſterbenden Zunge: denn ſie faßen <hi rendition="#fr">mehr</hi> in<lb/> ſich, als alle ſeine Zeitgenoßen vorherſahn; <hi rendition="#fr">mehr,</hi><lb/> als die ſpäteſten Jahrhunderte nach ihm erfah-<lb/> ren; <hi rendition="#fr">mehr,</hi> als alle Zeiten bis ans Ende der<lb/> Tage ſich verkündigen können; ſie faßen einen<lb/> unendlichen Reichthum des Wohlthuns in ſich,<lb/> den nur die Ewigkeit vollenden kann. Er er-<lb/> ſchien; der erſte ewige lebendige Urquell des Lichts,<lb/> alle Menſchen zu erleuchten; <hi rendition="#fr">er</hi> hat keine Sün-<lb/> de gethan, und in ſeinem Munde ward kein<lb/> Betrug erfunden. Er zog allenthalben umher<lb/> wohlzuthun. — Jhr Bekümmerte, denen er Troſt<lb/> einſprach; ihr Blinde und Taube, denen er<lb/> Augen und Ohren eröffnete; ihr unheilbare Kran-<lb/> ke, die er vom Siechbette aufrichtete; ihr Ent-<lb/> ſchlafne, die er zurück ins Leben rief; ihr ſelbſt,<lb/> ſeine zärtliche Thränen am Grabe ſeines Freun-<lb/> des: zeugt für ihn, ſo weit der Nachwelt ſeine<lb/> Lehre verkündigt wird: daß Mitleid und Milde<lb/> auf ſeinem Antlitz, jeden Nothleidenden ſtill-<lb/> ſchweigend rief, jedem Schüchternen Muth zu-<lb/> ſprach: daß kein Hülfsbedürftiger ohne Troſt<lb/> und ohne Hülfe von ihm zurückegieng: daß<lb/> ſein ganzes Leben Wohlthun, und Wohlthun<lb/> ſeine Freude war. Bei dem höchſten Ue-<lb/> berfluße an Lebensfreuden, die ihm offen ſtan-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [310/0362]
ner ſterbenden Zunge: denn ſie faßen mehr in
ſich, als alle ſeine Zeitgenoßen vorherſahn; mehr,
als die ſpäteſten Jahrhunderte nach ihm erfah-
ren; mehr, als alle Zeiten bis ans Ende der
Tage ſich verkündigen können; ſie faßen einen
unendlichen Reichthum des Wohlthuns in ſich,
den nur die Ewigkeit vollenden kann. Er er-
ſchien; der erſte ewige lebendige Urquell des Lichts,
alle Menſchen zu erleuchten; er hat keine Sün-
de gethan, und in ſeinem Munde ward kein
Betrug erfunden. Er zog allenthalben umher
wohlzuthun. — Jhr Bekümmerte, denen er Troſt
einſprach; ihr Blinde und Taube, denen er
Augen und Ohren eröffnete; ihr unheilbare Kran-
ke, die er vom Siechbette aufrichtete; ihr Ent-
ſchlafne, die er zurück ins Leben rief; ihr ſelbſt,
ſeine zärtliche Thränen am Grabe ſeines Freun-
des: zeugt für ihn, ſo weit der Nachwelt ſeine
Lehre verkündigt wird: daß Mitleid und Milde
auf ſeinem Antlitz, jeden Nothleidenden ſtill-
ſchweigend rief, jedem Schüchternen Muth zu-
ſprach: daß kein Hülfsbedürftiger ohne Troſt
und ohne Hülfe von ihm zurückegieng: daß
ſein ganzes Leben Wohlthun, und Wohlthun
ſeine Freude war. Bei dem höchſten Ue-
berfluße an Lebensfreuden, die ihm offen ſtan-
den,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/362 |
Zitationshilfe: | Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/362>, abgerufen am 30.06.2024. |