Werken vergilt; deines Richters, der eine Flammenrache den Gottlosen gedrohet hat; dei- nes Richters, der kein Opfer mehr für die Sün- de annimt; deines Richters, der die Pforten der schreckenvollen Ewigkeit nun vor dir eröffnet, und dir ruft! -- Wo ist dann dein Versöhner? Seele! er kennt dich nicht! Wo dein dich täu- schender Glaube? er tröstet dich nicht mehr! Zitternd würdest du vor der aufgehabnen Hand des Allmächtigen, des Allgerechten hinsinken! wer gäbe dir Muth in ihm deinen Vater zu sehn? dich ihm zu befehlen?
Herr! Herr! Barmherziger! Gnädi- ger! Langmüthiger! mein Versöhner! mein Erbarmer! Jesus Christus! -- Jch sehe dich sterbend auf Golgatha; und sehne mich nach deinem lezten Frieden: ich sehe mich liegend auf meinem Sterbebette; und zage, denn ich bin ein Sünder! -- und dennoch versöhnt mit Gott, und dennoch begnadigt durch dich, und dennoch zu deinem Frieden berufen! Jn dieser Stunde stürb ich gern, denn ich habe dich im Herzen, ich umfaße dich, und hange an dir. Aber ach! wenn in mancher unbedachtsamen Stunde, die Lust der Sinne dein Gedächtniß aufs neue aus
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Werken vergilt; deines Richters, der eine Flammenrache den Gottloſen gedrohet hat; dei- nes Richters, der kein Opfer mehr für die Sün- de annimt; deines Richters, der die Pforten der ſchreckenvollen Ewigkeit nun vor dir eröffnet, und dir ruft! — Wo iſt dann dein Verſöhner? Seele! er kennt dich nicht! Wo dein dich täu- ſchender Glaube? er tröſtet dich nicht mehr! Zitternd würdeſt du vor der aufgehabnen Hand des Allmächtigen, des Allgerechten hinſinken! wer gäbe dir Muth in ihm deinen Vater zu ſehn? dich ihm zu befehlen?
Herr! Herr! Barmherziger! Gnädi- ger! Langmüthiger! mein Verſöhner! mein Erbarmer! Jeſus Chriſtus! — Jch ſehe dich ſterbend auf Golgatha; und ſehne mich nach deinem lezten Frieden: ich ſehe mich liegend auf meinem Sterbebette; und zage, denn ich bin ein Sünder! — und dennoch verſöhnt mit Gott, und dennoch begnadigt durch dich, und dennoch zu deinem Frieden berufen! Jn dieſer Stunde ſtürb ich gern, denn ich habe dich im Herzen, ich umfaße dich, und hange an dir. Aber ach! wenn in mancher unbedachtſamen Stunde, die Luſt der Sinne dein Gedächtniß aufs neue aus
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Werken vergilt; deines Richters, der eine
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nes Richters, der kein Opfer mehr für die Sün-
de annimt; deines Richters, der die Pforten
der ſchreckenvollen Ewigkeit nun vor dir eröffnet,
und dir ruft! — Wo iſt dann dein Verſöhner?
Seele! er kennt dich nicht! Wo dein dich täu-
ſchender Glaube? er tröſtet dich nicht mehr!
Zitternd würdeſt du vor der aufgehabnen Hand
des Allmächtigen, des Allgerechten hinſinken! wer
gäbe dir Muth in ihm deinen Vater zu ſehn?
dich ihm zu befehlen?
Herr! Herr! Barmherziger! Gnädi-
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Erbarmer! Jeſus Chriſtus! — Jch ſehe
dich ſterbend auf Golgatha; und ſehne mich nach
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meinem Sterbebette; und zage, denn ich bin ein
Sünder! — und dennoch verſöhnt mit Gott,
und dennoch begnadigt durch dich, und dennoch
zu deinem Frieden berufen! Jn dieſer Stunde
ſtürb ich gern, denn ich habe dich im Herzen,
ich umfaße dich, und hange an dir. Aber ach!
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/341>, abgerufen am 28.06.2024.
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