Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.überwältigen, alle Ruhe und Freude zerrütten, und uns an den Rand einer unabsehlichen Tiefe des Verderbens hinreißen: Sicherheit in Sün- den, die uns Vergehungen auf Vergehungen, Unglück auf Unglück häufen läßt: -- und wann einmal das Herz aus seinem Traume erwacht, -- überwältigende Schrecken, zagende Furcht, trostlose Reue, Verzweiflung an der Gnade des Gottes, der Sündern ein verzehrend Feuer ist! Trauriges, unergründliches zahllo- ses Verderben! Siehe! das ist der Mensch, ohne Jesu Christo. Ach! das ist er noch nicht in seiner ganzen Gestalt, sein Verderben ist größer! Was wäre der Mensch, einst zum Ebenbilde Gottes geschaffen, durch die Sünde so tief von seiner Würde herabgesunken, in den Augen jener reinern seligern Geister des Him- mels, jener Engel am Throne Gottes? -- ach, nur ein Gegenstand ihres Mitleids; aber auch, von ihnen verachtet, ihrer Freundschaft unwerth, wie es der niedrigste Sclave der Laster in den Augen der Rechtschaffnen hienieden immer seyn kann. Siehe! das ist der Mensch, ohne Jesu Christo! Endlich, mehr als das alles. Konnte der Allerheiligste und Allergerechteste ewig schweigen, zu allen Unordnu[n]gen und Zer- rüt-
überwältigen, alle Ruhe und Freude zerrütten, und uns an den Rand einer unabſehlichen Tiefe des Verderbens hinreißen: Sicherheit in Sün- den, die uns Vergehungen auf Vergehungen, Unglück auf Unglück häufen läßt: — und wann einmal das Herz aus ſeinem Traume erwacht, — überwältigende Schrecken, zagende Furcht, troſtloſe Reue, Verzweiflung an der Gnade des Gottes, der Sündern ein verzehrend Feuer iſt! Trauriges, unergründliches zahllo- ſes Verderben! Siehe! das iſt der Menſch, ohne Jeſu Chriſto. Ach! das iſt er noch nicht in ſeiner ganzen Geſtalt, ſein Verderben iſt größer! Was wäre der Menſch, einſt zum Ebenbilde Gottes geſchaffen, durch die Sünde ſo tief von ſeiner Würde herabgeſunken, in den Augen jener reinern ſeligern Geiſter des Him- mels, jener Engel am Throne Gottes? — ach, nur ein Gegenſtand ihres Mitleids; aber auch, von ihnen verachtet, ihrer Freundſchaft unwerth, wie es der niedrigſte Sclave der Laſter in den Augen der Rechtſchaffnen hienieden immer ſeyn kann. Siehe! das iſt der Menſch, ohne Jeſu Chriſto! Endlich, mehr als das alles. Konnte der Allerheiligſte und Allergerechteſte ewig ſchweigen, zu allen Unordnu[n]gen und Zer- rüt-
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überwältigen, alle Ruhe und Freude zerrütten,
und uns an den Rand einer unabſehlichen Tiefe
des Verderbens hinreißen: Sicherheit in Sün-
den, die uns Vergehungen auf Vergehungen,
Unglück auf Unglück häufen läßt: — und wann
einmal das Herz aus ſeinem Traume erwacht,
— überwältigende Schrecken, zagende
Furcht, troſtloſe Reue, Verzweiflung an der
Gnade des Gottes, der Sündern ein verzehrend
Feuer iſt! Trauriges, unergründliches zahllo-
ſes Verderben! Siehe! das iſt der Menſch,
ohne Jeſu Chriſto. Ach! das iſt er noch
nicht in ſeiner ganzen Geſtalt, ſein Verderben
iſt größer! Was wäre der Menſch, einſt zum
Ebenbilde Gottes geſchaffen, durch die Sünde
ſo tief von ſeiner Würde herabgeſunken, in den
Augen jener reinern ſeligern Geiſter des Him-
mels, jener Engel am Throne Gottes? — ach,
nur ein Gegenſtand ihres Mitleids; aber auch,
von ihnen verachtet, ihrer Freundſchaft unwerth,
wie es der niedrigſte Sclave der Laſter in den
Augen der Rechtſchaffnen hienieden immer ſeyn
kann. Siehe! das iſt der Menſch, ohne
Jeſu Chriſto! Endlich, mehr als das alles.
Konnte der Allerheiligſte und Allergerechteſte
ewig ſchweigen, zu allen Unordnungen und Zer-
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