Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Verführer uns reizen, Vortheile uns zur Sünde
einladen, Beschwerden und Gefahren der Tu-
gend uns schrecken: -- ach, daß wir in der
Versuchung nicht unterliegen, sondern überwin-
den; Herr, erbarme dich unser! Wenn wir
sicher und frölich auf einem gesahrvollen Irr-
wege wandeln, und unter den Berauschungen
der Laster entschlummern wollen: ach, daß wir
frühe erwachen, frühe bedenken, was zu unserm
Frieden dient, frühe und eilend zum richtigen
Wege wiederkehren: Herr, erbarme dich un-
ser!
Wenn in der stillen Stunde der Betrach-
tung deines Wortes, und des Gebets, unsre
Andacht nicht so innig und glühend ist, als sie
seyn sollte: wenn der Gedanke an dich, den All-
seligen, unsern Vater, und das Bewustseyn
deiner allerheiligsten Gegenwart, nicht zu allen
Zeiten gleich mächtig und würksam in uns lebt:
wenn unsre Liebe zu dir manchmal laulicht,
unser Vertrauen wankend wird: wenn unsre
Absichten nicht immer edel genug, unsre Bru-
derliebe nicht feurig, nicht uneigennützig, nicht
thätig genug, unsre Sehnsucht und unser Bestre-
ben nach der Ewigkeit nicht immer würksam
genug ist: wenn unsre eifrigste Vorsätze, unsre
thätigste Bemühungen im Guten, noch immer

mit
J 5



Verführer uns reizen, Vortheile uns zur Sünde
einladen, Beſchwerden und Gefahren der Tu-
gend uns ſchrecken: — ach, daß wir in der
Verſuchung nicht unterliegen, ſondern überwin-
den; Herr, erbarme dich unſer! Wenn wir
ſicher und frölich auf einem geſahrvollen Irr-
wege wandeln, und unter den Berauſchungen
der Laſter entſchlummern wollen: ach, daß wir
frühe erwachen, frühe bedenken, was zu unſerm
Frieden dient, frühe und eilend zum richtigen
Wege wiederkehren: Herr, erbarme dich un-
ſer!
Wenn in der ſtillen Stunde der Betrach-
tung deines Wortes, und des Gebets, unſre
Andacht nicht ſo innig und glühend iſt, als ſie
ſeyn ſollte: wenn der Gedanke an dich, den All-
ſeligen, unſern Vater, und das Bewuſtſeyn
deiner allerheiligſten Gegenwart, nicht zu allen
Zeiten gleich mächtig und würkſam in uns lebt:
wenn unſre Liebe zu dir manchmal laulicht,
unſer Vertrauen wankend wird: wenn unſre
Abſichten nicht immer edel genug, unſre Bru-
derliebe nicht feurig, nicht uneigennützig, nicht
thätig genug, unſre Sehnſucht und unſer Beſtre-
ben nach der Ewigkeit nicht immer würkſam
genug iſt: wenn unſre eifrigſte Vorſätze, unſre
thätigſte Bemühungen im Guten, noch immer

mit
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="137"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Verführer uns reizen, Vortheile uns zur Sünde<lb/>
einladen, Be&#x017F;chwerden und Gefahren der Tu-<lb/>
gend uns &#x017F;chrecken: &#x2014; ach, daß wir in der<lb/>
Ver&#x017F;uchung nicht unterliegen, &#x017F;ondern überwin-<lb/>
den; <hi rendition="#fr">Herr, erbarme dich un&#x017F;er!</hi> Wenn wir<lb/>
&#x017F;icher und frölich auf einem ge&#x017F;ahrvollen Irr-<lb/>
wege wandeln, und unter den Berau&#x017F;chungen<lb/>
der La&#x017F;ter ent&#x017F;chlummern wollen: ach, daß wir<lb/>
frühe erwachen, frühe bedenken, was zu un&#x017F;erm<lb/>
Frieden dient, frühe und eilend zum richtigen<lb/>
Wege wiederkehren: <hi rendition="#fr">Herr, erbarme dich un-<lb/>
&#x017F;er!</hi> Wenn in der &#x017F;tillen Stunde der Betrach-<lb/>
tung deines Wortes, und des Gebets, un&#x017F;re<lb/>
Andacht nicht &#x017F;o innig und glühend i&#x017F;t, als &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ollte: wenn der Gedanke an dich, den All-<lb/>
&#x017F;eligen, un&#x017F;ern Vater, und das Bewu&#x017F;t&#x017F;eyn<lb/>
deiner allerheilig&#x017F;ten Gegenwart, nicht zu allen<lb/>
Zeiten gleich mächtig und würk&#x017F;am in uns lebt:<lb/>
wenn un&#x017F;re Liebe zu dir manchmal laulicht,<lb/>
un&#x017F;er Vertrauen wankend wird: wenn un&#x017F;re<lb/>
Ab&#x017F;ichten nicht immer edel genug, un&#x017F;re Bru-<lb/>
derliebe nicht feurig, nicht uneigennützig, nicht<lb/>
thätig genug, un&#x017F;re Sehn&#x017F;ucht und un&#x017F;er Be&#x017F;tre-<lb/>
ben nach der Ewigkeit nicht immer würk&#x017F;am<lb/>
genug i&#x017F;t: wenn un&#x017F;re eifrig&#x017F;te Vor&#x017F;ätze, un&#x017F;re<lb/>
thätig&#x017F;te Bemühungen im Guten, noch immer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 5</fw><fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0189] Verführer uns reizen, Vortheile uns zur Sünde einladen, Beſchwerden und Gefahren der Tu- gend uns ſchrecken: — ach, daß wir in der Verſuchung nicht unterliegen, ſondern überwin- den; Herr, erbarme dich unſer! Wenn wir ſicher und frölich auf einem geſahrvollen Irr- wege wandeln, und unter den Berauſchungen der Laſter entſchlummern wollen: ach, daß wir frühe erwachen, frühe bedenken, was zu unſerm Frieden dient, frühe und eilend zum richtigen Wege wiederkehren: Herr, erbarme dich un- ſer! Wenn in der ſtillen Stunde der Betrach- tung deines Wortes, und des Gebets, unſre Andacht nicht ſo innig und glühend iſt, als ſie ſeyn ſollte: wenn der Gedanke an dich, den All- ſeligen, unſern Vater, und das Bewuſtſeyn deiner allerheiligſten Gegenwart, nicht zu allen Zeiten gleich mächtig und würkſam in uns lebt: wenn unſre Liebe zu dir manchmal laulicht, unſer Vertrauen wankend wird: wenn unſre Abſichten nicht immer edel genug, unſre Bru- derliebe nicht feurig, nicht uneigennützig, nicht thätig genug, unſre Sehnſucht und unſer Beſtre- ben nach der Ewigkeit nicht immer würkſam genug iſt: wenn unſre eifrigſte Vorſätze, unſre thätigſte Bemühungen im Guten, noch immer mit J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/189
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/189>, abgerufen am 25.07.2024.