Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Richterthron wandeln. Und wenn er, den wir
auf Erden nicht kennen wollten, auch uns dann
nicht kennt, nicht unser Fürsprecher und Erbar-
mer ist, und uns zuruft: weicht von mir! --
Welche schaudervolle Erwartung! --

Vater der Barmherzigkeit! wer wollte
sich nicht gern vor dir demüthigen? vor dir, der
so unendlich erhöhen kann und will! Ewiger Er-
barmer! Jesus Christus, unser Heiland! wer
wollte sich nicht gern in deine Arme werfen, in
denen wir allein, getröstet in der Noth des Le-
bens, sicher vor den Pfeilen des Todes, und
selig in Ewigkeit ruhn! Ach, wir sind nur Staub
vor dir; ohne dir arm und verlaßen von der
ganzen Welt; ohne dir unerfahren auf dem
Wege der Tugend, der zur Glückseligkeit führt;
ohne dir ohnmächtig unsre Beschwerden zu be-
siegen; ohne dir nichts! Herr, erbarme dich
unser!
Wir sind Sünder, abtrünnige, unge-
horsame, deiner Gnade unwürdige Kinder:
Herr, erbarme dich unser! Du siehst die ganze
Last des Elends, welche in diesem mühseligen Le-
ben uns drückt: Hilf uns Herr! o Herr, er-
barme dich unser!
-- Wenn böse Lüste in uns
aufsteigen, Leidenschaften sich in uns empören,

Ver-



Richterthron wandeln. Und wenn er, den wir
auf Erden nicht kennen wollten, auch uns dann
nicht kennt, nicht unſer Fürſprecher und Erbar-
mer iſt, und uns zuruft: weicht von mir! —
Welche ſchaudervolle Erwartung! —

Vater der Barmherzigkeit! wer wollte
ſich nicht gern vor dir demüthigen? vor dir, der
ſo unendlich erhöhen kann und will! Ewiger Er-
barmer! Jeſus Chriſtus, unſer Heiland! wer
wollte ſich nicht gern in deine Arme werfen, in
denen wir allein, getröſtet in der Noth des Le-
bens, ſicher vor den Pfeilen des Todes, und
ſelig in Ewigkeit ruhn! Ach, wir ſind nur Staub
vor dir; ohne dir arm und verlaßen von der
ganzen Welt; ohne dir unerfahren auf dem
Wege der Tugend, der zur Glückſeligkeit führt;
ohne dir ohnmächtig unſre Beſchwerden zu be-
ſiegen; ohne dir nichts! Herr, erbarme dich
unſer!
Wir ſind Sünder, abtrünnige, unge-
horſame, deiner Gnade unwürdige Kinder:
Herr, erbarme dich unſer! Du ſiehſt die ganze
Laſt des Elends, welche in dieſem mühſeligen Le-
ben uns drückt: Hilf uns Herr! o Herr, er-
barme dich unſer!
— Wenn böſe Lüſte in uns
aufſteigen, Leidenſchaften ſich in uns empören,

Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="136"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Richterthron wandeln. Und wenn er, den wir<lb/>
auf Erden nicht kennen wollten, auch uns dann<lb/>
nicht kennt, nicht un&#x017F;er Für&#x017F;precher und Erbar-<lb/>
mer i&#x017F;t, und uns zuruft: weicht von mir! &#x2014;<lb/>
Welche &#x017F;chaudervolle Erwartung! &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Vater der Barmherzigkeit!</hi> wer wollte<lb/>
&#x017F;ich nicht gern vor dir demüthigen? vor dir, der<lb/>
&#x017F;o unendlich erhöhen kann und will! Ewiger Er-<lb/>
barmer! Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus, un&#x017F;er Heiland! wer<lb/>
wollte &#x017F;ich nicht gern in deine Arme werfen, in<lb/>
denen wir allein, getrö&#x017F;tet in der Noth des Le-<lb/>
bens, &#x017F;icher vor den Pfeilen des Todes, und<lb/>
&#x017F;elig in Ewigkeit ruhn! Ach, wir &#x017F;ind nur Staub<lb/>
vor dir; ohne dir arm und verlaßen von der<lb/>
ganzen Welt; ohne dir unerfahren auf dem<lb/>
Wege der Tugend, der zur Glück&#x017F;eligkeit führt;<lb/>
ohne dir ohnmächtig un&#x017F;re Be&#x017F;chwerden zu be-<lb/>
&#x017F;iegen; ohne dir nichts! <hi rendition="#fr">Herr, erbarme dich<lb/>
un&#x017F;er!</hi> Wir &#x017F;ind Sünder, abtrünnige, unge-<lb/>
hor&#x017F;ame, deiner Gnade unwürdige Kinder:<lb/><hi rendition="#fr">Herr, erbarme dich un&#x017F;er!</hi> Du &#x017F;ieh&#x017F;t die ganze<lb/>
La&#x017F;t des Elends, welche in die&#x017F;em müh&#x017F;eligen Le-<lb/>
ben uns drückt: <hi rendition="#fr">Hilf uns Herr! o Herr, er-<lb/>
barme dich un&#x017F;er!</hi> &#x2014; Wenn bö&#x017F;e Lü&#x017F;te in uns<lb/>
auf&#x017F;teigen, Leiden&#x017F;chaften &#x017F;ich in uns empören,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0188] Richterthron wandeln. Und wenn er, den wir auf Erden nicht kennen wollten, auch uns dann nicht kennt, nicht unſer Fürſprecher und Erbar- mer iſt, und uns zuruft: weicht von mir! — Welche ſchaudervolle Erwartung! — Vater der Barmherzigkeit! wer wollte ſich nicht gern vor dir demüthigen? vor dir, der ſo unendlich erhöhen kann und will! Ewiger Er- barmer! Jeſus Chriſtus, unſer Heiland! wer wollte ſich nicht gern in deine Arme werfen, in denen wir allein, getröſtet in der Noth des Le- bens, ſicher vor den Pfeilen des Todes, und ſelig in Ewigkeit ruhn! Ach, wir ſind nur Staub vor dir; ohne dir arm und verlaßen von der ganzen Welt; ohne dir unerfahren auf dem Wege der Tugend, der zur Glückſeligkeit führt; ohne dir ohnmächtig unſre Beſchwerden zu be- ſiegen; ohne dir nichts! Herr, erbarme dich unſer! Wir ſind Sünder, abtrünnige, unge- horſame, deiner Gnade unwürdige Kinder: Herr, erbarme dich unſer! Du ſiehſt die ganze Laſt des Elends, welche in dieſem mühſeligen Le- ben uns drückt: Hilf uns Herr! o Herr, er- barme dich unſer! — Wenn böſe Lüſte in uns aufſteigen, Leidenſchaften ſich in uns empören, Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/188
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/188>, abgerufen am 25.11.2024.