Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.schäfte, so zu treffen, daß wir durch kein Hinder- niß aufgehalten, unsern Endzweck immer glücklich erreichen? Wer sind wir, unsre Güter und Be- sitzungen, vor jeder Gewalt der Naturbegeben- heiten, vor jeder Feindseligkeit der Menschen, zu schützen? unsern Freunden und Befördrern, Le- ben, Gesundheit, und Vermögen uns beizu- stehn, zu erhalten? Wer sind wir, alle unsre Schicksale so zu lenken, daß nicht oft ein klei- ner Gewinn uns einen großen Verlust bereite, eine augenblickliche Freude sich in langwierige Traurigkeit verwandle? So sehr wir wünschen, in jedem Augenblicke, und wenns möglich wäre, bis ins späteste Alter, reich und groß und froh und glücklich hienieden zu leben: wer sind wir, unserm irdischen Leben die Dauer, und unsern Schicksalen die weise Abwechselung zu bestimmen, welche uns gerade am meisten geschickt zur voll- kommnern Glückseligkeit in jener beßern Welt macht? Ach wie ohnmächtig, und unweise, wie gar nichts sind dazu alle Menschen! Wären wir nur auf einen Augenblick von her-
ſchäfte, ſo zu treffen, daß wir durch kein Hinder- niß aufgehalten, unſern Endzweck immer glücklich erreichen? Wer ſind wir, unſre Güter und Be- ſitzungen, vor jeder Gewalt der Naturbegeben- heiten, vor jeder Feindſeligkeit der Menſchen, zu ſchützen? unſern Freunden und Befördrern, Le- ben, Geſundheit, und Vermögen uns beizu- ſtehn, zu erhalten? Wer ſind wir, alle unſre Schickſale ſo zu lenken, daß nicht oft ein klei- ner Gewinn uns einen großen Verluſt bereite, eine augenblickliche Freude ſich in langwierige Traurigkeit verwandle? So ſehr wir wünſchen, in jedem Augenblicke, und wenns möglich wäre, bis ins ſpäteſte Alter, reich und groß und froh und glücklich hienieden zu leben: wer ſind wir, unſerm irdiſchen Leben die Dauer, und unſern Schickſalen die weiſe Abwechſelung zu beſtimmen, welche uns gerade am meiſten geſchickt zur voll- kommnern Glückſeligkeit in jener beßern Welt macht? Ach wie ohnmächtig, und unweiſe, wie gar nichts ſind dazu alle Menſchen! Wären wir nur auf einen Augenblick von her-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0159" n="107"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ſchäfte, ſo zu treffen, daß wir durch kein Hinder-<lb/> niß aufgehalten, unſern Endzweck immer glücklich<lb/> erreichen? Wer ſind wir, unſre Güter und Be-<lb/> ſitzungen, vor jeder Gewalt der Naturbegeben-<lb/> heiten, vor jeder Feindſeligkeit der Menſchen, zu<lb/> ſchützen? unſern Freunden und Befördrern, Le-<lb/> ben, Geſundheit, und Vermögen uns beizu-<lb/> ſtehn, zu erhalten? Wer ſind wir, alle unſre<lb/> Schickſale ſo zu lenken, daß nicht oft ein klei-<lb/> ner Gewinn uns einen großen Verluſt bereite,<lb/> eine augenblickliche Freude ſich in langwierige<lb/> Traurigkeit verwandle? So ſehr wir wünſchen,<lb/> in jedem Augenblicke, und wenns möglich wäre,<lb/> bis ins ſpäteſte Alter, reich und groß und froh<lb/> und glücklich hienieden zu leben: wer ſind wir,<lb/> unſerm irdiſchen Leben die Dauer, und unſern<lb/> Schickſalen die weiſe Abwechſelung zu beſtimmen,<lb/> welche uns gerade am meiſten geſchickt zur voll-<lb/> kommnern Glückſeligkeit in jener beßern Welt<lb/> macht? Ach wie ohnmächtig, und unweiſe, wie<lb/> gar nichts ſind dazu alle Menſchen!</p><lb/> <p>Wären wir nur auf einen Augenblick von<lb/> der väterlichen Güte unſers Gottes verlaßen;<lb/> ließe er uns nur eine einzige Freude, die uns nö-<lb/> thig iſt, fehlen; ließe er nur ein Unglück über uns<lb/> <fw place="bottom" type="catch">her-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0159]
ſchäfte, ſo zu treffen, daß wir durch kein Hinder-
niß aufgehalten, unſern Endzweck immer glücklich
erreichen? Wer ſind wir, unſre Güter und Be-
ſitzungen, vor jeder Gewalt der Naturbegeben-
heiten, vor jeder Feindſeligkeit der Menſchen, zu
ſchützen? unſern Freunden und Befördrern, Le-
ben, Geſundheit, und Vermögen uns beizu-
ſtehn, zu erhalten? Wer ſind wir, alle unſre
Schickſale ſo zu lenken, daß nicht oft ein klei-
ner Gewinn uns einen großen Verluſt bereite,
eine augenblickliche Freude ſich in langwierige
Traurigkeit verwandle? So ſehr wir wünſchen,
in jedem Augenblicke, und wenns möglich wäre,
bis ins ſpäteſte Alter, reich und groß und froh
und glücklich hienieden zu leben: wer ſind wir,
unſerm irdiſchen Leben die Dauer, und unſern
Schickſalen die weiſe Abwechſelung zu beſtimmen,
welche uns gerade am meiſten geſchickt zur voll-
kommnern Glückſeligkeit in jener beßern Welt
macht? Ach wie ohnmächtig, und unweiſe, wie
gar nichts ſind dazu alle Menſchen!
Wären wir nur auf einen Augenblick von
der väterlichen Güte unſers Gottes verlaßen;
ließe er uns nur eine einzige Freude, die uns nö-
thig iſt, fehlen; ließe er nur ein Unglück über uns
her-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/159 |
Zitationshilfe: | Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/159>, abgerufen am 22.02.2025. |