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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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gen Kraft: o, denn vermag er auch, den
Schaden, den meine Schwachheitsfehler, mir
und meinen Nebenmenschen verursachen, durch
die überwiegenden Segnungen, die er mich durch
meine guten Thaten, mir und andern gewinnen
läßt, so zu mäßigen; daß er, so hart er mir
hier noch zur Prüfung und Warnung fühlbar
wird, dort, im Lande der Vollendung, nicht
mehr die Wonne meiner Tugend stören darf,
daß die Thränen der Reue, mit denen ich
hier meine Fehler beweine, dort Thränen
der Freude und des Danks zu dem Gott werden,
der alles herrlich hinausführt. -- Der Glaube
zeigt uns Gott den Allwißenden: Wenn nun
mein Herz mich verdammt, wenn es mir mit
peinlichen Vorwürfen sagt: ach! so manche Un-
lust und Trägheit, die dich von guten Thaten
abgehalten hat; so viele nicht ganz reine Absich-
ten deiner gut scheinenden Handlungen; so häu-
fige Gedankenlosigkeit und Mangel der Rührung,
in den Stunden der Andacht und des Gebets;
diese Anhänglichkeit, mit der du nach Gütern der
Erde strebtest, diese Unvorsichtigkeit im Genuß der
Sinnenfreuden, diese Ungeduld in kleinen Leiden
der Prüfung, diese Vergehungen deiner Leiden-
schaft gegen deine Nebenmenschen; -- und aus-

ser-
G 3



gen Kraft: o, denn vermag er auch, den
Schaden, den meine Schwachheitsfehler, mir
und meinen Nebenmenſchen verurſachen, durch
die überwiegenden Segnungen, die er mich durch
meine guten Thaten, mir und andern gewinnen
läßt, ſo zu mäßigen; daß er, ſo hart er mir
hier noch zur Prüfung und Warnung fühlbar
wird, dort, im Lande der Vollendung, nicht
mehr die Wonne meiner Tugend ſtören darf,
daß die Thränen der Reue, mit denen ich
hier meine Fehler beweine, dort Thränen
der Freude und des Danks zu dem Gott werden,
der alles herrlich hinausführt. — Der Glaube
zeigt uns Gott den Allwißenden: Wenn nun
mein Herz mich verdammt, wenn es mir mit
peinlichen Vorwürfen ſagt: ach! ſo manche Un-
luſt und Trägheit, die dich von guten Thaten
abgehalten hat; ſo viele nicht ganz reine Abſich-
ten deiner gut ſcheinenden Handlungen; ſo häu-
fige Gedankenloſigkeit und Mangel der Rührung,
in den Stunden der Andacht und des Gebets;
dieſe Anhänglichkeit, mit der du nach Gütern der
Erde ſtrebteſt, dieſe Unvorſichtigkeit im Genuß der
Sinnenfreuden, dieſe Ungeduld in kleinen Leiden
der Prüfung, dieſe Vergehungen deiner Leiden-
ſchaft gegen deine Nebenmenſchen; — und auſ-

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G 3
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[102[101]/0153] gen Kraft: o, denn vermag er auch, den Schaden, den meine Schwachheitsfehler, mir und meinen Nebenmenſchen verurſachen, durch die überwiegenden Segnungen, die er mich durch meine guten Thaten, mir und andern gewinnen läßt, ſo zu mäßigen; daß er, ſo hart er mir hier noch zur Prüfung und Warnung fühlbar wird, dort, im Lande der Vollendung, nicht mehr die Wonne meiner Tugend ſtören darf, daß die Thränen der Reue, mit denen ich hier meine Fehler beweine, dort Thränen der Freude und des Danks zu dem Gott werden, der alles herrlich hinausführt. — Der Glaube zeigt uns Gott den Allwißenden: Wenn nun mein Herz mich verdammt, wenn es mir mit peinlichen Vorwürfen ſagt: ach! ſo manche Un- luſt und Trägheit, die dich von guten Thaten abgehalten hat; ſo viele nicht ganz reine Abſich- ten deiner gut ſcheinenden Handlungen; ſo häu- fige Gedankenloſigkeit und Mangel der Rührung, in den Stunden der Andacht und des Gebets; dieſe Anhänglichkeit, mit der du nach Gütern der Erde ſtrebteſt, dieſe Unvorſichtigkeit im Genuß der Sinnenfreuden, dieſe Ungeduld in kleinen Leiden der Prüfung, dieſe Vergehungen deiner Leiden- ſchaft gegen deine Nebenmenſchen; — und auſ- ſer- G 3

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 102[101]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/153>, abgerufen am 22.11.2024.