Reichs oblieget. Weil ein Anfaller des Reichs, wenn ihm die Unterthanen Treue zugesagt haben, die höchste Herrschaft hat, und auswärtige Völcker es müssen bey dem Urtheil eines andern Volckes bewenden laßen (§. 1089.); so ist es erlaubt mit einem Anfaller des Reichs, dem die Unter- thanen gehuldiget haben, Friede zu machen. Da ein König über sein väterli- ches Erbreich nach Gefallen Verfügung tref- fen kann (§. 986.); so kann ein gefan- gen genommener König, wenn sein Reich ein väterliches Erbe ist, Frieden eingehen. Weil aber dem Könige durch die Gefangenschaft die freye Verwaltung sei- ner Herrschaft genommen wird, und zu be- sorgen stehet, daß er zum Nachtheil seines Volckes etwas zu versprechen gezwungen wer- de, was er in der Freyheit nicht würde ver- sprochen haben; so kann ein gefangener König, wenn sein Reich nicht vom Vater geerbt ist, durch diejenigen, wel- chen er die Verwaltung der Herrschaft aufgetragen hat, oder, wenn darüber nichts verordnet worden, durch den, der die nächste Hoffnung ihm in der Regierung zu folgen hat, Frieden ma- chen. Und weil er über seine Privatsachen nach eignem Belieben Einrichtung treffen kann (§. 195.); so kann er auch Friede machen, wenn er seine Privatsachen schlechterdings, oder ohne Bedingung, die
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Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag.
Reichs oblieget. Weil ein Anfaller des Reichs, wenn ihm die Unterthanen Treue zugeſagt haben, die hoͤchſte Herrſchaft hat, und auswaͤrtige Voͤlcker es muͤſſen bey dem Urtheil eines andern Volckes bewenden laßen (§. 1089.); ſo iſt es erlaubt mit einem Anfaller des Reichs, dem die Unter- thanen gehuldiget haben, Friede zu machen. Da ein Koͤnig uͤber ſein vaͤterli- ches Erbreich nach Gefallen Verfuͤgung tref- fen kann (§. 986.); ſo kann ein gefan- gen genommener Koͤnig, wenn ſein Reich ein vaͤterliches Erbe iſt, Frieden eingehen. Weil aber dem Koͤnige durch die Gefangenſchaft die freye Verwaltung ſei- ner Herrſchaft genommen wird, und zu be- ſorgen ſtehet, daß er zum Nachtheil ſeines Volckes etwas zu verſprechen gezwungen wer- de, was er in der Freyheit nicht wuͤrde ver- ſprochen haben; ſo kann ein gefangener Koͤnig, wenn ſein Reich nicht vom Vater geerbt iſt, durch diejenigen, wel- chen er die Verwaltung der Herrſchaft aufgetragen hat, oder, wenn daruͤber nichts verordnet worden, durch den, der die naͤchſte Hoffnung ihm in der Regierung zu folgen hat, Frieden ma- chen. Und weil er uͤber ſeine Privatſachen nach eignem Belieben Einrichtung treffen kann (§. 195.); ſo kann er auch Friede machen, wenn er ſeine Privatſachen ſchlechterdings, oder ohne Bedingung, die
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Von dem Frieden u. dem Friedensvertrag.
Reichs oblieget. Weil ein Anfaller des
Reichs, wenn ihm die Unterthanen Treue
zugeſagt haben, die hoͤchſte Herrſchaft hat,
und auswaͤrtige Voͤlcker es muͤſſen bey dem
Urtheil eines andern Volckes bewenden laßen
(§. 1089.); ſo iſt es erlaubt mit einem
Anfaller des Reichs, dem die Unter-
thanen gehuldiget haben, Friede zu
machen. Da ein Koͤnig uͤber ſein vaͤterli-
ches Erbreich nach Gefallen Verfuͤgung tref-
fen kann (§. 986.); ſo kann ein gefan-
gen genommener Koͤnig, wenn ſein
Reich ein vaͤterliches Erbe iſt, Frieden
eingehen. Weil aber dem Koͤnige durch
die Gefangenſchaft die freye Verwaltung ſei-
ner Herrſchaft genommen wird, und zu be-
ſorgen ſtehet, daß er zum Nachtheil ſeines
Volckes etwas zu verſprechen gezwungen wer-
de, was er in der Freyheit nicht wuͤrde ver-
ſprochen haben; ſo kann ein gefangener
Koͤnig, wenn ſein Reich nicht vom
Vater geerbt iſt, durch diejenigen, wel-
chen er die Verwaltung der Herrſchaft
aufgetragen hat, oder, wenn daruͤber
nichts verordnet worden, durch den,
der die naͤchſte Hoffnung ihm in der
Regierung zu folgen hat, Frieden ma-
chen. Und weil er uͤber ſeine Privatſachen
nach eignem Belieben Einrichtung treffen
kann (§. 195.); ſo kann er auch Friede
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 899. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/935>, abgerufen am 22.11.2024.
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