Natur gegrün- bet ist.thanen und deren Rechte wider die äusserli- che Gewalt der Feinde zu vertheidigen (§. 972.), und ein ungerechter Krieger natürli- cher weise durch eine kriegerische Einnehmung kein Recht über die weggenommenen Sachen und gefangenen Personen erhalten kann (§. 1189.); so werden allerdings die mit unrechtmäßiger Gewalt von dem Fein- de weggenommenen Sachen und Per- sonen, wenn sie wiederum zu den ih- rigen kommen, in den vorigen Zustand gesetzet. Und hieraus erhellet, in wie fern das Recht der Wiederkunft zu den seinen zum Recht der Natur gehöre: wiefern es aber zum Völckerrecht zu rechnen sey, soll bald ge- lehret werden. Hingegen aber, was diejeni- gen anlanget, welche sich und das ihri- ge dem Feinde übergeben haben; so ge- niessen diese, und die Sachen, so ihnen zugehöret, das Recht der Wiederkunft nicht, dieweil sie eben dadurch sich anheischig gemacht haben, daß sie und ihre Sachen dem Feinde zugehören wollen und sollen, und ihm daher dieses Recht nicht wiedergenommen wer- den kann (§. 100.). Wenn aber Personen losgelassen, oder schuldige Sachen von ihm verlassen werden; so geniessen sie, weil der Feind hiermit andeutet, daß er sie, ohne daß sein Recht fernerhin im Wege ste- hen werde, nicht mehr haben wolle, das Recht der Wiederkunft.
§. 1215.
IV. Theil 8. Hauptſtuͤck.
Natur gegruͤn- bet iſt.thanen und deren Rechte wider die aͤuſſerli- che Gewalt der Feinde zu vertheidigen (§. 972.), und ein ungerechter Krieger natuͤrli- cher weiſe durch eine kriegeriſche Einnehmung kein Recht uͤber die weggenommenen Sachen und gefangenen Perſonen erhalten kann (§. 1189.); ſo werden allerdings die mit unrechtmaͤßiger Gewalt von dem Fein- de weggenommenen Sachen und Per- ſonen, wenn ſie wiederum zu den ih- rigen kommen, in den vorigen Zuſtand geſetzet. Und hieraus erhellet, in wie fern das Recht der Wiederkunft zu den ſeinen zum Recht der Natur gehoͤre: wiefern es aber zum Voͤlckerrecht zu rechnen ſey, ſoll bald ge- lehret werden. Hingegen aber, was diejeni- gen anlanget, welche ſich und das ihri- ge dem Feinde uͤbergeben haben; ſo ge- nieſſen dieſe, und die Sachen, ſo ihnen zugehoͤret, das Recht der Wiederkunft nicht, dieweil ſie eben dadurch ſich anheiſchig gemacht haben, daß ſie und ihre Sachen dem Feinde zugehoͤren wollen und ſollen, und ihm daher dieſes Recht nicht wiedergenommen wer- den kann (§. 100.). Wenn aber Perſonen losgelaſſen, oder ſchuldige Sachen von ihm verlaſſen werden; ſo genieſſen ſie, weil der Feind hiermit andeutet, daß er ſie, ohne daß ſein Recht fernerhin im Wege ſte- hen werde, nicht mehr haben wolle, das Recht der Wiederkunft.
§. 1215.
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IV. Theil 8. Hauptſtuͤck.
thanen und deren Rechte wider die aͤuſſerli-
che Gewalt der Feinde zu vertheidigen (§.
972.), und ein ungerechter Krieger natuͤrli-
cher weiſe durch eine kriegeriſche Einnehmung
kein Recht uͤber die weggenommenen Sachen
und gefangenen Perſonen erhalten kann (§.
1189.); ſo werden allerdings die mit
unrechtmaͤßiger Gewalt von dem Fein-
de weggenommenen Sachen und Per-
ſonen, wenn ſie wiederum zu den ih-
rigen kommen, in den vorigen Zuſtand
geſetzet. Und hieraus erhellet, in wie fern
das Recht der Wiederkunft zu den ſeinen zum
Recht der Natur gehoͤre: wiefern es aber
zum Voͤlckerrecht zu rechnen ſey, ſoll bald ge-
lehret werden. Hingegen aber, was diejeni-
gen anlanget, welche ſich und das ihri-
ge dem Feinde uͤbergeben haben; ſo ge-
nieſſen dieſe, und die Sachen, ſo ihnen
zugehoͤret, das Recht der Wiederkunft
nicht, dieweil ſie eben dadurch ſich anheiſchig
gemacht haben, daß ſie und ihre Sachen dem
Feinde zugehoͤren wollen und ſollen, und ihm
daher dieſes Recht nicht wiedergenommen wer-
den kann (§. 100.). Wenn aber Perſonen
losgelaſſen, oder ſchuldige Sachen von
ihm verlaſſen werden; ſo genieſſen ſie,
weil der Feind hiermit andeutet, daß er ſie,
ohne daß ſein Recht fernerhin im Wege ſte-
hen werde, nicht mehr haben wolle, das Recht
der Wiederkunft.
Natur
gegruͤn-
bet iſt.
§. 1215.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/930>, abgerufen am 22.11.2024.
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