Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Th. 5. Hauptst. Von den Bündnissen
einer Sache gar zu sehr beschweret wird, ent-
weder etwas umsonst, oder etwas grösseres
als er leisten kann, oder so etwas das ihm
sehr zur Last fället, verspricht. Und diese ge-
schehen entweder mit einer Verringerung
der Herrschaft,
wenn ein Machttheil seiner
Herrschaft in Absicht auf die Ausübung des-
selben, oder nach seinem gantzen Jnbegrif
(quoad substantiam), oder wenigstens nach
dem Rechte auf alle Handlungen, so zur Aus-
übung dieses Rechts gehören, an den würdi-
gern Theil überlassen wird; oder sie gesche-
hen ohne Verringerung der Herrschaft,
wenn sich der nicht so würdige Theil wenig-
stens anheischig macht etwas gewisses zu thun,
oder nicht zu thun, welches er sonst kraft der
höchsten Herrschaft, oder der natürlichen Frey-
heit, oder vermöge des Rechts, das ihm als
einem Volcke zustund, nicht thun, oder thun
konte. Jm übrigen ist die Billigkeit der
gleichen und ungleichen Bündnisse
aus den Pflichten der Völcker gegen
einander zu beurtheilen
(§. 1108.). Un-
terdessen da es lediglich auf dem Willen des-
jenigen, der ein Recht auf einen andern brin-
get, beruhet, ob und wie er solches auf ie-
manden bringen will (§. 314.), und dasjeni-
ge, was er hinlänglich durch Worte zu er-
kennen giebet, wider ihn für wahr gehalten
wird (§. 318.); so sind die Bündnisse
gültig, wenn nur in der Art des Ver-
trages kein Fehler ist, ohne ihre Bil-

ligkeit,

IV. Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen
einer Sache gar zu ſehr beſchweret wird, ent-
weder etwas umſonſt, oder etwas groͤſſeres
als er leiſten kann, oder ſo etwas das ihm
ſehr zur Laſt faͤllet, verſpricht. Und dieſe ge-
ſchehen entweder mit einer Verringerung
der Herrſchaft,
wenn ein Machttheil ſeiner
Herrſchaft in Abſicht auf die Ausuͤbung deſ-
ſelben, oder nach ſeinem gantzen Jnbegrif
(quoad ſubſtantiam), oder wenigſtens nach
dem Rechte auf alle Handlungen, ſo zur Aus-
uͤbung dieſes Rechts gehoͤren, an den wuͤrdi-
gern Theil uͤberlaſſen wird; oder ſie geſche-
hen ohne Verringerung der Herrſchaft,
wenn ſich der nicht ſo wuͤrdige Theil wenig-
ſtens anheiſchig macht etwas gewiſſes zu thun,
oder nicht zu thun, welches er ſonſt kraft der
hoͤchſten Herrſchaft, oder der natuͤrlichen Frey-
heit, oder vermoͤge des Rechts, das ihm als
einem Volcke zuſtund, nicht thun, oder thun
konte. Jm uͤbrigen iſt die Billigkeit der
gleichen und ungleichen Buͤndniſſe
aus den Pflichten der Voͤlcker gegen
einander zu beurtheilen
(§. 1108.). Un-
terdeſſen da es lediglich auf dem Willen des-
jenigen, der ein Recht auf einen andern brin-
get, beruhet, ob und wie er ſolches auf ie-
manden bringen will (§. 314.), und dasjeni-
ge, was er hinlaͤnglich durch Worte zu er-
kennen giebet, wider ihn fuͤr wahr gehalten
wird (§. 318.); ſo ſind die Buͤndniſſe
guͤltig, wenn nur in der Art des Ver-
trages kein Fehler iſt, ohne ihre Bil-

ligkeit,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0870" n="834"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#b">Th. 5. Haupt&#x017F;t. Von den Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en</hi></fw><lb/>
einer Sache gar zu &#x017F;ehr be&#x017F;chweret wird, ent-<lb/>
weder etwas um&#x017F;on&#x017F;t, oder etwas gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eres<lb/>
als er lei&#x017F;ten kann, oder &#x017F;o etwas das ihm<lb/>
&#x017F;ehr zur La&#x017F;t fa&#x0364;llet, ver&#x017F;pricht. Und die&#x017F;e ge-<lb/>
&#x017F;chehen entweder <hi rendition="#fr">mit einer Verringerung<lb/>
der Herr&#x017F;chaft,</hi> wenn ein Machttheil &#x017F;einer<lb/>
Herr&#x017F;chaft in Ab&#x017F;icht auf die Ausu&#x0364;bung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben, oder nach &#x017F;einem gantzen Jnbegrif<lb/><hi rendition="#aq">(quoad &#x017F;ub&#x017F;tantiam),</hi> oder wenig&#x017F;tens nach<lb/>
dem Rechte auf alle Handlungen, &#x017F;o zur Aus-<lb/>
u&#x0364;bung die&#x017F;es Rechts geho&#x0364;ren, an den wu&#x0364;rdi-<lb/>
gern Theil u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en wird; oder &#x017F;ie ge&#x017F;che-<lb/>
hen <hi rendition="#fr">ohne Verringerung der Herr&#x017F;chaft,</hi><lb/>
wenn &#x017F;ich der nicht &#x017F;o wu&#x0364;rdige Theil wenig-<lb/>
&#x017F;tens anhei&#x017F;chig macht etwas gewi&#x017F;&#x017F;es zu thun,<lb/>
oder nicht zu thun, welches er &#x017F;on&#x017F;t kraft der<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Herr&#x017F;chaft, oder der natu&#x0364;rlichen Frey-<lb/>
heit, oder vermo&#x0364;ge des Rechts, das ihm als<lb/>
einem Volcke zu&#x017F;tund, nicht thun, oder thun<lb/>
konte. Jm u&#x0364;brigen i&#x017F;t <hi rendition="#fr">die Billigkeit der<lb/>
gleichen und ungleichen Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
aus den Pflichten der Vo&#x0364;lcker gegen<lb/>
einander zu beurtheilen</hi> (§. 1108.). Un-<lb/>
terde&#x017F;&#x017F;en da es lediglich auf dem Willen des-<lb/>
jenigen, der ein Recht auf einen andern brin-<lb/>
get, beruhet, ob und wie er &#x017F;olches auf ie-<lb/>
manden bringen will (§. 314.), und dasjeni-<lb/>
ge, was er hinla&#x0364;nglich durch Worte zu er-<lb/>
kennen giebet, wider ihn fu&#x0364;r wahr gehalten<lb/>
wird (§. 318.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;ind die Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
gu&#x0364;ltig, wenn nur in der Art des Ver-<lb/>
trages kein Fehler i&#x017F;t, ohne ihre Bil-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">ligkeit,</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[834/0870] IV. Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen einer Sache gar zu ſehr beſchweret wird, ent- weder etwas umſonſt, oder etwas groͤſſeres als er leiſten kann, oder ſo etwas das ihm ſehr zur Laſt faͤllet, verſpricht. Und dieſe ge- ſchehen entweder mit einer Verringerung der Herrſchaft, wenn ein Machttheil ſeiner Herrſchaft in Abſicht auf die Ausuͤbung deſ- ſelben, oder nach ſeinem gantzen Jnbegrif (quoad ſubſtantiam), oder wenigſtens nach dem Rechte auf alle Handlungen, ſo zur Aus- uͤbung dieſes Rechts gehoͤren, an den wuͤrdi- gern Theil uͤberlaſſen wird; oder ſie geſche- hen ohne Verringerung der Herrſchaft, wenn ſich der nicht ſo wuͤrdige Theil wenig- ſtens anheiſchig macht etwas gewiſſes zu thun, oder nicht zu thun, welches er ſonſt kraft der hoͤchſten Herrſchaft, oder der natuͤrlichen Frey- heit, oder vermoͤge des Rechts, das ihm als einem Volcke zuſtund, nicht thun, oder thun konte. Jm uͤbrigen iſt die Billigkeit der gleichen und ungleichen Buͤndniſſe aus den Pflichten der Voͤlcker gegen einander zu beurtheilen (§. 1108.). Un- terdeſſen da es lediglich auf dem Willen des- jenigen, der ein Recht auf einen andern brin- get, beruhet, ob und wie er ſolches auf ie- manden bringen will (§. 314.), und dasjeni- ge, was er hinlaͤnglich durch Worte zu er- kennen giebet, wider ihn fuͤr wahr gehalten wird (§. 318.); ſo ſind die Buͤndniſſe guͤltig, wenn nur in der Art des Ver- trages kein Fehler iſt, ohne ihre Bil- ligkeit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/870
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 834. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/870>, abgerufen am 22.11.2024.