Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
IV. Th. 5. Hauptst. Von den Bündnissen
§. 1141.
Von dem
Unter-
schiede
der
Bündnis-
se und
der Ver-
träge.

Ein Bündniß (foedus) heißt ein Ver-
trag, so die höchsten Gewaltigen zur öffent-
lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine
längere Zeit unter einander eingehen. Die-
jenigen Verträge aber, welche überhingehen-
de, oder nicht zu wiederholende Leistungen in
sich fassen, behalten den Nahmen (der Ver-
träge
(pactionum). Da es aber einerley
ist, ob iemand etwas selbst, oder durch einen
andern thue; so können diejenigen auch
ein Bündniß schliessen, welche von der
höchsten Gewalt dazu bevollmächti-
get sind
(§. 551.). Aus dem Begrif von
Bündnissen ist klar, daß ein Vertrag kein
Bündniß sey, darinn die höchsten
Mächte,
z. E. Könige sich unter einan-
der über Sachen, so ihren Privatnu-
tzen angehen, oder die höchste Macht
mit einem Privatmann, vergleichen.

§. 1142.
Was
man von
Bünd-
nissen zu
bemer-
cken.

Weil Bündnisse Verträge sind (§. 1141.);
so muß man von Bündnissen eben das
behalten, was von Verträgen und
Zusagen erwiesen worden
(§. 438.). Da
man aus Bündnissen ein vollkommnes Recht
erhält (§. 380.); so ist die Verletzung
eines Bündnisses ein Unrecht
(§. 87.);
folglich ist es nicht erlaubt solche Bünd-
nisse einzugehen, welche denen mit ei-
nem andern Volcke schon geschlossenen

zuwi-
IV. Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen
§. 1141.
Von dem
Unter-
ſchiede
der
Buͤndniſ-
ſe und
der Ver-
traͤge.

Ein Buͤndniß (fœdus) heißt ein Ver-
trag, ſo die hoͤchſten Gewaltigen zur oͤffent-
lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine
laͤngere Zeit unter einander eingehen. Die-
jenigen Vertraͤge aber, welche uͤberhingehen-
de, oder nicht zu wiederholende Leiſtungen in
ſich faſſen, behalten den Nahmen (der Ver-
traͤge
(pactionum). Da es aber einerley
iſt, ob iemand etwas ſelbſt, oder durch einen
andern thue; ſo koͤnnen diejenigen auch
ein Buͤndniß ſchlieſſen, welche von der
hoͤchſten Gewalt dazu bevollmaͤchti-
get ſind
(§. 551.). Aus dem Begrif von
Buͤndniſſen iſt klar, daß ein Vertrag kein
Buͤndniß ſey, darinn die hoͤchſten
Maͤchte,
z. E. Koͤnige ſich unter einan-
der uͤber Sachen, ſo ihren Privatnu-
tzen angehen, oder die hoͤchſte Macht
mit einem Privatmann, vergleichen.

§. 1142.
Was
man von
Buͤnd-
niſſen zu
bemer-
cken.

Weil Buͤndniſſe Vertraͤge ſind (§. 1141.);
ſo muß man von Buͤndniſſen eben das
behalten, was von Vertraͤgen und
Zuſagen erwieſen worden
(§. 438.). Da
man aus Buͤndniſſen ein vollkommnes Recht
erhaͤlt (§. 380.); ſo iſt die Verletzung
eines Buͤndniſſes ein Unrecht
(§. 87.);
folglich iſt es nicht erlaubt ſolche Buͤnd-
niſſe einzugehen, welche denen mit ei-
nem andern Volcke ſchon geſchloſſenen

zuwi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0868" n="832"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq">IV.</hi> <hi rendition="#b">Th. 5. Haupt&#x017F;t. Von den Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en</hi> </fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1141.</head><lb/>
              <note place="left">Von dem<lb/>
Unter-<lb/>
&#x017F;chiede<lb/>
der<lb/>
Bu&#x0364;ndni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e und<lb/>
der Ver-<lb/>
tra&#x0364;ge.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Ein Bu&#x0364;ndniß</hi><hi rendition="#aq">(f&#x0153;dus)</hi> heißt ein Ver-<lb/>
trag, &#x017F;o die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gewaltigen zur o&#x0364;ffent-<lb/>
lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine<lb/>
la&#x0364;ngere Zeit unter einander eingehen. Die-<lb/>
jenigen Vertra&#x0364;ge aber, welche u&#x0364;berhingehen-<lb/>
de, oder nicht zu wiederholende Lei&#x017F;tungen in<lb/>
&#x017F;ich fa&#x017F;&#x017F;en, behalten den Nahmen (<hi rendition="#fr">der Ver-<lb/>
tra&#x0364;ge</hi> <hi rendition="#aq">(pactionum).</hi> Da es aber einerley<lb/>
i&#x017F;t, ob iemand etwas &#x017F;elb&#x017F;t, oder durch einen<lb/>
andern thue; <hi rendition="#fr">&#x017F;o ko&#x0364;nnen diejenigen auch<lb/>
ein Bu&#x0364;ndniß &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, welche von der<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gewalt dazu bevollma&#x0364;chti-<lb/>
get &#x017F;ind</hi> (§. 551.). Aus dem Begrif von<lb/>
Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t klar, <hi rendition="#fr">daß ein Vertrag kein<lb/>
Bu&#x0364;ndniß &#x017F;ey, darinn die ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Ma&#x0364;chte,</hi> z. E. Ko&#x0364;nige <hi rendition="#fr">&#x017F;ich unter einan-<lb/>
der u&#x0364;ber Sachen, &#x017F;o ihren Privatnu-<lb/>
tzen angehen, oder die ho&#x0364;ch&#x017F;te Macht<lb/>
mit einem Privatmann, vergleichen.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1142.</head><lb/>
              <note place="left">Was<lb/>
man von<lb/>
Bu&#x0364;nd-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
bemer-<lb/>
cken.</note>
              <p>Weil Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e Vertra&#x0364;ge &#x017F;ind (§. 1141.);<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o muß man von Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en eben das<lb/>
behalten, was von Vertra&#x0364;gen und<lb/>
Zu&#x017F;agen erwie&#x017F;en worden</hi> (§. 438.). Da<lb/>
man aus Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;en ein vollkommnes Recht<lb/>
erha&#x0364;lt (§. 380.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o i&#x017F;t die Verletzung<lb/>
eines Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es ein Unrecht</hi> (§. 87.);<lb/>
folglich <hi rendition="#fr">i&#x017F;t es nicht erlaubt &#x017F;olche Bu&#x0364;nd-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e einzugehen, welche denen mit ei-<lb/>
nem andern Volcke &#x017F;chon ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">zuwi-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[832/0868] IV. Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen §. 1141. Ein Buͤndniß (fœdus) heißt ein Ver- trag, ſo die hoͤchſten Gewaltigen zur oͤffent- lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine laͤngere Zeit unter einander eingehen. Die- jenigen Vertraͤge aber, welche uͤberhingehen- de, oder nicht zu wiederholende Leiſtungen in ſich faſſen, behalten den Nahmen (der Ver- traͤge (pactionum). Da es aber einerley iſt, ob iemand etwas ſelbſt, oder durch einen andern thue; ſo koͤnnen diejenigen auch ein Buͤndniß ſchlieſſen, welche von der hoͤchſten Gewalt dazu bevollmaͤchti- get ſind (§. 551.). Aus dem Begrif von Buͤndniſſen iſt klar, daß ein Vertrag kein Buͤndniß ſey, darinn die hoͤchſten Maͤchte, z. E. Koͤnige ſich unter einan- der uͤber Sachen, ſo ihren Privatnu- tzen angehen, oder die hoͤchſte Macht mit einem Privatmann, vergleichen. §. 1142. Weil Buͤndniſſe Vertraͤge ſind (§. 1141.); ſo muß man von Buͤndniſſen eben das behalten, was von Vertraͤgen und Zuſagen erwieſen worden (§. 438.). Da man aus Buͤndniſſen ein vollkommnes Recht erhaͤlt (§. 380.); ſo iſt die Verletzung eines Buͤndniſſes ein Unrecht (§. 87.); folglich iſt es nicht erlaubt ſolche Buͤnd- niſſe einzugehen, welche denen mit ei- nem andern Volcke ſchon geſchloſſenen zuwi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/868
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/868>, abgerufen am 22.11.2024.