Von dem Unter- schiede der Bündnis- se und der Ver- träge.
Ein Bündniß(foedus) heißt ein Ver- trag, so die höchsten Gewaltigen zur öffent- lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine längere Zeit unter einander eingehen. Die- jenigen Verträge aber, welche überhingehen- de, oder nicht zu wiederholende Leistungen in sich fassen, behalten den Nahmen (der Ver- träge(pactionum). Da es aber einerley ist, ob iemand etwas selbst, oder durch einen andern thue; so können diejenigen auch ein Bündniß schliessen, welche von der höchsten Gewalt dazu bevollmächti- get sind (§. 551.). Aus dem Begrif von Bündnissen ist klar, daß ein Vertrag kein Bündniß sey, darinn die höchsten Mächte, z. E. Könige sich unter einan- der über Sachen, so ihren Privatnu- tzen angehen, oder die höchste Macht mit einem Privatmann, vergleichen.
§. 1142.
Was man von Bünd- nissen zu bemer- cken.
Weil Bündnisse Verträge sind (§. 1141.); so muß man von Bündnissen eben das behalten, was von Verträgen und Zusagen erwiesen worden (§. 438.). Da man aus Bündnissen ein vollkommnes Recht erhält (§. 380.); so ist die Verletzung eines Bündnisses ein Unrecht (§. 87.); folglich ist es nicht erlaubt solche Bünd- nisse einzugehen, welche denen mit ei- nem andern Volcke schon geschlossenen
zuwi-
IV.Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen
§. 1141.
Von dem Unter- ſchiede der Buͤndniſ- ſe und der Ver- traͤge.
Ein Buͤndniß(fœdus) heißt ein Ver- trag, ſo die hoͤchſten Gewaltigen zur oͤffent- lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine laͤngere Zeit unter einander eingehen. Die- jenigen Vertraͤge aber, welche uͤberhingehen- de, oder nicht zu wiederholende Leiſtungen in ſich faſſen, behalten den Nahmen (der Ver- traͤge(pactionum). Da es aber einerley iſt, ob iemand etwas ſelbſt, oder durch einen andern thue; ſo koͤnnen diejenigen auch ein Buͤndniß ſchlieſſen, welche von der hoͤchſten Gewalt dazu bevollmaͤchti- get ſind (§. 551.). Aus dem Begrif von Buͤndniſſen iſt klar, daß ein Vertrag kein Buͤndniß ſey, darinn die hoͤchſten Maͤchte, z. E. Koͤnige ſich unter einan- der uͤber Sachen, ſo ihren Privatnu- tzen angehen, oder die hoͤchſte Macht mit einem Privatmann, vergleichen.
§. 1142.
Was man von Buͤnd- niſſen zu bemer- cken.
Weil Buͤndniſſe Vertraͤge ſind (§. 1141.); ſo muß man von Buͤndniſſen eben das behalten, was von Vertraͤgen und Zuſagen erwieſen worden (§. 438.). Da man aus Buͤndniſſen ein vollkommnes Recht erhaͤlt (§. 380.); ſo iſt die Verletzung eines Buͤndniſſes ein Unrecht (§. 87.); folglich iſt es nicht erlaubt ſolche Buͤnd- niſſe einzugehen, welche denen mit ei- nem andern Volcke ſchon geſchloſſenen
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IV. Th. 5. Hauptſt. Von den Buͤndniſſen
§. 1141.
Ein Buͤndniß (fœdus) heißt ein Ver-
trag, ſo die hoͤchſten Gewaltigen zur oͤffent-
lichen Wohlfahrt auf ewig, oder auf eine
laͤngere Zeit unter einander eingehen. Die-
jenigen Vertraͤge aber, welche uͤberhingehen-
de, oder nicht zu wiederholende Leiſtungen in
ſich faſſen, behalten den Nahmen (der Ver-
traͤge (pactionum). Da es aber einerley
iſt, ob iemand etwas ſelbſt, oder durch einen
andern thue; ſo koͤnnen diejenigen auch
ein Buͤndniß ſchlieſſen, welche von der
hoͤchſten Gewalt dazu bevollmaͤchti-
get ſind (§. 551.). Aus dem Begrif von
Buͤndniſſen iſt klar, daß ein Vertrag kein
Buͤndniß ſey, darinn die hoͤchſten
Maͤchte, z. E. Koͤnige ſich unter einan-
der uͤber Sachen, ſo ihren Privatnu-
tzen angehen, oder die hoͤchſte Macht
mit einem Privatmann, vergleichen.
§. 1142.
Weil Buͤndniſſe Vertraͤge ſind (§. 1141.);
ſo muß man von Buͤndniſſen eben das
behalten, was von Vertraͤgen und
Zuſagen erwieſen worden (§. 438.). Da
man aus Buͤndniſſen ein vollkommnes Recht
erhaͤlt (§. 380.); ſo iſt die Verletzung
eines Buͤndniſſes ein Unrecht (§. 87.);
folglich iſt es nicht erlaubt ſolche Buͤnd-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 832. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/868>, abgerufen am 22.11.2024.
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