Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Theil 4. Hauptstück.
der Gemeinheit. Weil aber einem iegli-
chen Volcke die bürgerliche Herrschaft zu-
kommt (§. 979.), es mag nun dieselbe vor
sich selbst, oder durch andere verwalten (§.
982.), und folglich nicht zu zweifeln ist, daß
es nicht auch in der Landschaft, welche es
einnimmet, oder in den Ländern, die ihm zu-
stehen, eine Herrschaft haben wolle; so nim-
met es in der in Besitz genommenen
Landschaft die Herrschaft zugleich mit
ein, und
folglich wird die gantze Land-
schaft sein Gebiete.
Denn das Gebiete
(territorium) ist ein Ort, worüber iemand
seine Herrschaft hat. Und daher erhellet,
daß die Herrschaft, welche zwar ein Recht
des Volcks ist, dem Strich Landes, wel-
chen es bewohnet, gleichsam anhän-
gig,
und daß demnach ein Fremder, so
lange er in dem Lande,
als in einem
fremden Gebiete, verweilet, der Herr-
schaft desselben Volcks unterworffen
sey.
Und derowegen wird der Regent des
Staats Herr des Gebietes, wie auch Herr
des Landes
(dominus territorii, dominus
regionis)
genennet.

§. 1126.
Von ab-
gesonder-
ten Fa-
milien.

Wenn abgesonderte Familien in ei-
ner Landschaft beysammen wohnen
und Privatgründe besitzen,
indem solche
von Anfange in Besitz genommen worden
sind (§. 210.), so haben sie darüber die

Herr-

IV. Theil 4. Hauptſtuͤck.
der Gemeinheit. Weil aber einem iegli-
chen Volcke die buͤrgerliche Herrſchaft zu-
kommt (§. 979.), es mag nun dieſelbe vor
ſich ſelbſt, oder durch andere verwalten (§.
982.), und folglich nicht zu zweifeln iſt, daß
es nicht auch in der Landſchaft, welche es
einnimmet, oder in den Laͤndern, die ihm zu-
ſtehen, eine Herrſchaft haben wolle; ſo nim-
met es in der in Beſitz genommenen
Landſchaft die Herrſchaft zugleich mit
ein, und
folglich wird die gantze Land-
ſchaft ſein Gebiete.
Denn das Gebiete
(territorium) iſt ein Ort, woruͤber iemand
ſeine Herrſchaft hat. Und daher erhellet,
daß die Herrſchaft, welche zwar ein Recht
des Volcks iſt, dem Strich Landes, wel-
chen es bewohnet, gleichſam anhaͤn-
gig,
und daß demnach ein Fremder, ſo
lange er in dem Lande,
als in einem
fremden Gebiete, verweilet, der Herr-
ſchaft deſſelben Volcks unterworffen
ſey.
Und derowegen wird der Regent des
Staats Herr des Gebietes, wie auch Herr
des Landes
(dominus territorii, dominus
regionis)
genennet.

§. 1126.
Von ab-
geſonder-
ten Fa-
milien.

Wenn abgeſonderte Familien in ei-
ner Landſchaft beyſammen wohnen
und Privatgruͤnde beſitzen,
indem ſolche
von Anfange in Beſitz genommen worden
ſind (§. 210.), ſo haben ſie daruͤber die

Herr-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0856" n="820"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#b">Theil 4. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">der Gemeinheit.</hi> Weil aber einem iegli-<lb/>
chen Volcke die bu&#x0364;rgerliche Herr&#x017F;chaft zu-<lb/>
kommt (§. 979.), es mag nun die&#x017F;elbe vor<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, oder durch andere verwalten (§.<lb/>
982.), und folglich nicht zu zweifeln i&#x017F;t, daß<lb/>
es nicht auch in der Land&#x017F;chaft, welche es<lb/>
einnimmet, oder in den La&#x0364;ndern, die ihm zu-<lb/>
&#x017F;tehen, eine Herr&#x017F;chaft haben wolle; <hi rendition="#fr">&#x017F;o nim-<lb/>
met es in der in Be&#x017F;itz genommenen<lb/>
Land&#x017F;chaft die Herr&#x017F;chaft zugleich mit<lb/>
ein, und</hi> folglich <hi rendition="#fr">wird die gantze Land-<lb/>
&#x017F;chaft &#x017F;ein Gebiete.</hi> Denn <hi rendition="#fr">das Gebiete</hi><lb/><hi rendition="#aq">(territorium)</hi> i&#x017F;t ein Ort, woru&#x0364;ber iemand<lb/>
&#x017F;eine Herr&#x017F;chaft hat. Und daher erhellet,<lb/>
daß <hi rendition="#fr">die Herr&#x017F;chaft,</hi> welche zwar ein Recht<lb/>
des Volcks i&#x017F;t, <hi rendition="#fr">dem Strich Landes, wel-<lb/>
chen es bewohnet, gleich&#x017F;am anha&#x0364;n-<lb/>
gig,</hi> und daß demnach <hi rendition="#fr">ein Fremder, &#x017F;o<lb/>
lange er in dem Lande,</hi> als in einem<lb/>
fremden Gebiete, <hi rendition="#fr">verweilet, der Herr-<lb/>
&#x017F;chaft de&#x017F;&#x017F;elben Volcks unterworffen<lb/>
&#x017F;ey.</hi> Und derowegen wird der Regent des<lb/>
Staats <hi rendition="#fr">Herr des Gebietes,</hi> wie auch <hi rendition="#fr">Herr<lb/>
des Landes</hi> <hi rendition="#aq">(dominus territorii, dominus<lb/>
regionis)</hi> genennet.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 1126.</head><lb/>
              <note place="left">Von ab-<lb/>
ge&#x017F;onder-<lb/>
ten Fa-<lb/>
milien.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Wenn abge&#x017F;onderte Familien in ei-<lb/>
ner Land&#x017F;chaft bey&#x017F;ammen wohnen<lb/>
und Privatgru&#x0364;nde be&#x017F;itzen,</hi> indem &#x017F;olche<lb/>
von Anfange in Be&#x017F;itz genommen worden<lb/>
&#x017F;ind (§. 210.), <hi rendition="#fr">&#x017F;o haben &#x017F;ie daru&#x0364;ber die</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Herr-</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[820/0856] IV. Theil 4. Hauptſtuͤck. der Gemeinheit. Weil aber einem iegli- chen Volcke die buͤrgerliche Herrſchaft zu- kommt (§. 979.), es mag nun dieſelbe vor ſich ſelbſt, oder durch andere verwalten (§. 982.), und folglich nicht zu zweifeln iſt, daß es nicht auch in der Landſchaft, welche es einnimmet, oder in den Laͤndern, die ihm zu- ſtehen, eine Herrſchaft haben wolle; ſo nim- met es in der in Beſitz genommenen Landſchaft die Herrſchaft zugleich mit ein, und folglich wird die gantze Land- ſchaft ſein Gebiete. Denn das Gebiete (territorium) iſt ein Ort, woruͤber iemand ſeine Herrſchaft hat. Und daher erhellet, daß die Herrſchaft, welche zwar ein Recht des Volcks iſt, dem Strich Landes, wel- chen es bewohnet, gleichſam anhaͤn- gig, und daß demnach ein Fremder, ſo lange er in dem Lande, als in einem fremden Gebiete, verweilet, der Herr- ſchaft deſſelben Volcks unterworffen ſey. Und derowegen wird der Regent des Staats Herr des Gebietes, wie auch Herr des Landes (dominus territorii, dominus regionis) genennet. §. 1126. Wenn abgeſonderte Familien in ei- ner Landſchaft beyſammen wohnen und Privatgruͤnde beſitzen, indem ſolche von Anfange in Beſitz genommen worden ſind (§. 210.), ſo haben ſie daruͤber die Herr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/856
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 820. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/856>, abgerufen am 22.11.2024.