lichkeit nicht losmachen können (§. 42.); so sind sie zu eben denselben Pflichten so wohl gegen sich selbst, als auch gegen andere Völcker verbunden, wozu ein- tzelne Personen einander verpflichtet sind; und aus eben dieser entspringen die Rechte, welche allen und ieden im natürlichen Zustande zugehören (§. 46.), die ihnen nicht können genommen werden (§. 74.); folglich bedienen sie sich unter einander des Naturrechts. Das Recht der Natur, so fern es auf die Völcker angewendet wird, wird das noth- wendige, oder natürliche Völckerrecht (jus gentium necessarium, vel naturale) ge- nennet. Einige nennen es auch mit dem Gro- tius das innerliche Völckerrecht(jus gentium internum). Und dies Recht ist gantz unveränderlich (§. 40.), und kann sich kein Volck von der daher ab- stammenden Verbindlichkeit befreyen (§. 42.).
§. 1089.
Vermöge des nothwendigen VölckerrechtsVon dem Rechte der Na- tur so den Völ- ckern zu- kommt. haben die Völcker alle einerley Ver- bindlichkeit und Rechte (§. 69.), und derowegen sind sie von Natur alle ein- ander gleich (§. 70.), keines hat ein Vorrecht (§. 71.), oder einen Rang für dem andern (§. 75.). Keinem steht ein Recht über die Handlungen des an- dern zu (§. 76.): Alle und iede leben in
Frey-
Von dem Rechte der Voͤlcker uͤberhaupt.
lichkeit nicht losmachen koͤnnen (§. 42.); ſo ſind ſie zu eben denſelben Pflichten ſo wohl gegen ſich ſelbſt, als auch gegen andere Voͤlcker verbunden, wozu ein- tzelne Perſonen einander verpflichtet ſind; und aus eben dieſer entſpringen die Rechte, welche allen und ieden im natuͤrlichen Zuſtande zugehoͤren (§. 46.), die ihnen nicht koͤnnen genommen werden (§. 74.); folglich bedienen ſie ſich unter einander des Naturrechts. Das Recht der Natur, ſo fern es auf die Voͤlcker angewendet wird, wird das noth- wendige, oder natuͤrliche Voͤlckerrecht (jus gentium neceſſarium, vel naturale) ge- nennet. Einige nennen es auch mit dem Gro- tius das innerliche Voͤlckerrecht(jus gentium internum). Und dies Recht iſt gantz unveraͤnderlich (§. 40.), und kann ſich kein Volck von der daher ab- ſtammenden Verbindlichkeit befreyen (§. 42.).
§. 1089.
Vermoͤge des nothwendigen VoͤlckerrechtsVon dem Rechte der Na- tur ſo den Voͤl- ckern zu- kommt. haben die Voͤlcker alle einerley Ver- bindlichkeit und Rechte (§. 69.), und derowegen ſind ſie von Natur alle ein- ander gleich (§. 70.), keines hat ein Vorrecht (§. 71.), oder einen Rang fuͤr dem andern (§. 75.). Keinem ſteht ein Recht uͤber die Handlungen des an- dern zu (§. 76.): Alle und iede leben in
Frey-
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Von dem Rechte der Voͤlcker uͤberhaupt.
lichkeit nicht losmachen koͤnnen (§. 42.); ſo
ſind ſie zu eben denſelben Pflichten ſo
wohl gegen ſich ſelbſt, als auch gegen
andere Voͤlcker verbunden, wozu ein-
tzelne Perſonen einander verpflichtet
ſind; und aus eben dieſer entſpringen
die Rechte, welche allen und ieden im
natuͤrlichen Zuſtande zugehoͤren (§. 46.),
die ihnen nicht koͤnnen genommen
werden (§. 74.); folglich bedienen ſie
ſich unter einander des Naturrechts.
Das Recht der Natur, ſo fern es auf die
Voͤlcker angewendet wird, wird das noth-
wendige, oder natuͤrliche Voͤlckerrecht
(jus gentium neceſſarium, vel naturale) ge-
nennet. Einige nennen es auch mit dem Gro-
tius das innerliche Voͤlckerrecht (jus
gentium internum). Und dies Recht iſt
gantz unveraͤnderlich (§. 40.), und
kann ſich kein Volck von der daher ab-
ſtammenden Verbindlichkeit befreyen
(§. 42.).
§. 1089.
Vermoͤge des nothwendigen Voͤlckerrechts
haben die Voͤlcker alle einerley Ver-
bindlichkeit und Rechte (§. 69.), und
derowegen ſind ſie von Natur alle ein-
ander gleich (§. 70.), keines hat ein
Vorrecht (§. 71.), oder einen Rang
fuͤr dem andern (§. 75.). Keinem ſteht
ein Recht uͤber die Handlungen des an-
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Von dem
Rechte
der Na-
tur ſo
den Voͤl-
ckern zu-
kommt.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 795. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/831>, abgerufen am 22.11.2024.
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