ben erst durch den Willen des Ober- herrn, welcher befiehlt daß es Gesetze seines Staats seyn sollen, die Kraft zu verbinden. Weil aber die öffentliche Wohl- fahrt das höchste Gesetz ist (§. 976.); so müssen fremde Gesetze nicht ehr ange- nommen werden, als erwiesen ist, daß durch ihre Vorschriften das gemein- same Wohl dieses Staates befördert werden könne, und wenn daher, nach- dem sich der Zustand der Sache geän- dert, oder man den Jrrthum erkannt hat, bemercket wird, daß sie keine Mittel das gemeinsame Beste zu be- fördern abgeben, so muß man sie wie- derum abschaffen: und dies ist auch über- haupt von allen Gesetzen zu behalten.
§. 1069.
Von dem Verhält- nisse der bürgerli- chen Ge- setze ge- gen die natürli- chen ge- bieten- den und verbie- ten den Gesetze.
Da die natürliche Verbindlichkeit unver- änderlich ist (§. 38.), und sich kein Mensch davon losmachen kann (§. 42.); so müssen die bürgerlichen Gesetze denen natür- lichen gebietenden und verbietenden nicht zuwider seyn; folglich kann das bürgerliche Gesetz aus dem, was man natürlicher Weise schuldig ist, nicht et- was unerlaubtes, und aus dem, was natürlicher Weise unerlaubt ist, nicht eine Schuldigkeit, oder etwas erlaub- tes machen (§. 49.). Derowegen wenn nach dem bürgerlichen Gesetze still- schweigend zugelassen wird, was ei-
nem
III.Th. 2. A. 5. H. Von der natuͤrl. Lehre
ben erſt durch den Willen des Ober- herrn, welcher befiehlt daß es Geſetze ſeines Staats ſeyn ſollen, die Kraft zu verbinden. Weil aber die oͤffentliche Wohl- fahrt das hoͤchſte Geſetz iſt (§. 976.); ſo muͤſſen fremde Geſetze nicht ehr ange- nommen werden, als erwieſen iſt, daß durch ihre Vorſchriften das gemein- ſame Wohl dieſes Staates befoͤrdert werden koͤnne, und wenn daher, nach- dem ſich der Zuſtand der Sache geaͤn- dert, oder man den Jrrthum erkannt hat, bemercket wird, daß ſie keine Mittel das gemeinſame Beſte zu be- foͤrdern abgeben, ſo muß man ſie wie- derum abſchaffen: und dies iſt auch uͤber- haupt von allen Geſetzen zu behalten.
§. 1069.
Von dem Verhaͤlt- niſſe der buͤrgerli- chen Ge- ſetze ge- gen die natuͤrli- chen ge- bieten- den und verbie- ten den Geſetze.
Da die natuͤrliche Verbindlichkeit unver- aͤnderlich iſt (§. 38.), und ſich kein Menſch davon losmachen kann (§. 42.); ſo muͤſſen die buͤrgerlichen Geſetze denen natuͤr- lichen gebietenden und verbietenden nicht zuwider ſeyn; folglich kann das buͤrgerliche Geſetz aus dem, was man natuͤrlicher Weiſe ſchuldig iſt, nicht et- was unerlaubtes, und aus dem, was natuͤrlicher Weiſe unerlaubt iſt, nicht eine Schuldigkeit, oder etwas erlaub- tes machen (§. 49.). Derowegen wenn nach dem buͤrgerlichen Geſetze ſtill- ſchweigend zugelaſſen wird, was ei-
nem
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III. Th. 2. A. 5. H. Von der natuͤrl. Lehre
ben erſt durch den Willen des Ober-
herrn, welcher befiehlt daß es Geſetze
ſeines Staats ſeyn ſollen, die Kraft zu
verbinden. Weil aber die oͤffentliche Wohl-
fahrt das hoͤchſte Geſetz iſt (§. 976.); ſo
muͤſſen fremde Geſetze nicht ehr ange-
nommen werden, als erwieſen iſt, daß
durch ihre Vorſchriften das gemein-
ſame Wohl dieſes Staates befoͤrdert
werden koͤnne, und wenn daher, nach-
dem ſich der Zuſtand der Sache geaͤn-
dert, oder man den Jrrthum erkannt
hat, bemercket wird, daß ſie keine
Mittel das gemeinſame Beſte zu be-
foͤrdern abgeben, ſo muß man ſie wie-
derum abſchaffen: und dies iſt auch uͤber-
haupt von allen Geſetzen zu behalten.
§. 1069.
Da die natuͤrliche Verbindlichkeit unver-
aͤnderlich iſt (§. 38.), und ſich kein Menſch
davon losmachen kann (§. 42.); ſo muͤſſen
die buͤrgerlichen Geſetze denen natuͤr-
lichen gebietenden und verbietenden
nicht zuwider ſeyn; folglich kann das
buͤrgerliche Geſetz aus dem, was man
natuͤrlicher Weiſe ſchuldig iſt, nicht et-
was unerlaubtes, und aus dem, was
natuͤrlicher Weiſe unerlaubt iſt, nicht
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/814>, abgerufen am 22.11.2024.
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