zu denjenigen zu strafen, welcher das allen zustehende Recht, als die öffent- liche Sicherheit, auf irgend eine Art verletzet hat. Eine boshafte Handlung, wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefüget wird, heisset eine Uebelthat(maleficium): gleichwie eine solche aus Versehen begangene That gleichsam eine Uebelthat(quasi maleficium) genennet wird. Eine Uebelthat, wodurch man nur einem Privatmann Scha- den zufügt, oder Unrecht thut, heisset ein Verbrechen(delictum); dahingegen die Uebelthat, wodurch der Republick geschadet, oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei- ner Missethat(criminis) führet. Jenes nennt man auch Privatverbrechen(deli- cta privata), diese aber öffentliche(publi- ca delicta). Derowegen muß auch denen Richtern das Recht die öffentlichen Verbrechen, oder Missethaten zu be- strafen verliehen werden.
§. 1031.
Jndem jemand mit einer Strafe seinesVon der Untersu- chung. Verbrechens, oder Missethat halber beleget wird (§. 1030.); so kann niemand ge- strafet werden, wenn nicht sein Ver- brechen, oder Missethat genugsam be- wiesen ist, oder er es freywillig gestan- den hat. Und weil die annoch verborgenen Umstände zur Linderung der Strafe etwas beytragen können; so muß dem schuldi- gen, ehe er als überwiesen und als ei-
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Von der Einrichtung einer Republick.
zu denjenigen zu ſtrafen, welcher das allen zuſtehende Recht, als die oͤffent- liche Sicherheit, auf irgend eine Art verletzet hat. Eine boshafte Handlung, wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefuͤget wird, heiſſet eine Uebelthat(maleficium): gleichwie eine ſolche aus Verſehen begangene That gleichſam eine Uebelthat(quaſi maleficium) genennet wird. Eine Uebelthat, wodurch man nur einem Privatmann Scha- den zufuͤgt, oder Unrecht thut, heiſſet ein Verbrechen(delictum); dahingegen die Uebelthat, wodurch der Republick geſchadet, oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei- ner Miſſethat(criminis) fuͤhret. Jenes nennt man auch Privatverbrechen(deli- cta privata), dieſe aber oͤffentliche(publi- ca delicta). Derowegen muß auch denen Richtern das Recht die oͤffentlichen Verbrechen, oder Miſſethaten zu be- ſtrafen verliehen werden.
§. 1031.
Jndem jemand mit einer Strafe ſeinesVon der Unterſu- chung. Verbrechens, oder Miſſethat halber beleget wird (§. 1030.); ſo kann niemand ge- ſtrafet werden, wenn nicht ſein Ver- brechen, oder Miſſethat genugſam be- wieſen iſt, oder er es freywillig geſtan- den hat. Und weil die annoch verborgenen Umſtaͤnde zur Linderung der Strafe etwas beytragen koͤnnen; ſo muß dem ſchuldi- gen, ehe er als uͤberwieſen und als ei-
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Von der Einrichtung einer Republick.
zu denjenigen zu ſtrafen, welcher das
allen zuſtehende Recht, als die oͤffent-
liche Sicherheit, auf irgend eine Art
verletzet hat. Eine boshafte Handlung,
wodurch ein Schaden oder Unrecht zugefuͤget
wird, heiſſet eine Uebelthat (maleficium):
gleichwie eine ſolche aus Verſehen begangene
That gleichſam eine Uebelthat (quaſi
maleficium) genennet wird. Eine Uebelthat,
wodurch man nur einem Privatmann Scha-
den zufuͤgt, oder Unrecht thut, heiſſet ein
Verbrechen (delictum); dahingegen die
Uebelthat, wodurch der Republick geſchadet,
oder Unrecht gethan wird, den Nahmen ei-
ner Miſſethat (criminis) fuͤhret. Jenes
nennt man auch Privatverbrechen (deli-
cta privata), dieſe aber oͤffentliche (publi-
ca delicta). Derowegen muß auch denen
Richtern das Recht die oͤffentlichen
Verbrechen, oder Miſſethaten zu be-
ſtrafen verliehen werden.
§. 1031.
Jndem jemand mit einer Strafe ſeines
Verbrechens, oder Miſſethat halber beleget
wird (§. 1030.); ſo kann niemand ge-
ſtrafet werden, wenn nicht ſein Ver-
brechen, oder Miſſethat genugſam be-
wieſen iſt, oder er es freywillig geſtan-
den hat. Und weil die annoch verborgenen
Umſtaͤnde zur Linderung der Strafe etwas
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/779>, abgerufen am 22.11.2024.
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