Recht den Reichstag zu berufen dem Rathe zukomme; und da ihm die gegen- wärtige Verfassung der Dinge am besten be- kannt seyn muß, so muß er auch das Recht haben auf den Reichstagen den Vor- trag zu thun, oder wenigstens dasje- nige an die Hand zu geben, worüber gerathschlaget werden soll, obwol, weil ein jeder in der Democratie ein gleiches Recht hat (§. 70. 972.), ein jeder zur Berath- schlagung anbringen kann, was er glaubt zum gemeinen Besten dienlich zu seyn. Wenn aber die Wohlfahrt einer Gesellschaft durch die Einigkeit der Mitglie- der erhalten wird (§. 847.); so müssen, um allen Zwiespalt zu vermeiden, Gesetze wie die Reichstage gehalten werden sollen, gegeben werden (§. 978.), z. E. welche das Recht der Reichstage haben sol- len, um auf demselben eine Stimme zu füh- ren, ingleichen wie das Volck in gewisse Ord- nungen, und diese in kleinere Haufen zu thei- len, welche gewisse Personen erwählen müs- sen, die in ihrem Nahmen den Reichstag beziehen, und ihre Abgeordneten seyn sollen; noch weiter, wer auf den Reichstagen das Amt eines Directors übernehmen soll, u. s. f. Zuletzt weil in einer vermischten Republick dasjenige beybehalten werden kann, was in dem Pöbelregiment nöthig ist (§. 990.); so können auch darin die Reichstage Platz haben.
§. 1001.
III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
Recht den Reichstag zu berufen dem Rathe zukomme; und da ihm die gegen- waͤrtige Verfaſſung der Dinge am beſten be- kannt ſeyn muß, ſo muß er auch das Recht haben auf den Reichstagen den Vor- trag zu thun, oder wenigſtens dasje- nige an die Hand zu geben, woruͤber gerathſchlaget werden ſoll, obwol, weil ein jeder in der Democratie ein gleiches Recht hat (§. 70. 972.), ein jeder zur Berath- ſchlagung anbringen kann, was er glaubt zum gemeinen Beſten dienlich zu ſeyn. Wenn aber die Wohlfahrt einer Geſellſchaft durch die Einigkeit der Mitglie- der erhalten wird (§. 847.); ſo muͤſſen, um allen Zwieſpalt zu vermeiden, Geſetze wie die Reichstage gehalten werden ſollen, gegeben werden (§. 978.), z. E. welche das Recht der Reichstage haben ſol- len, um auf demſelben eine Stimme zu fuͤh- ren, ingleichen wie das Volck in gewiſſe Ord- nungen, und dieſe in kleinere Haufen zu thei- len, welche gewiſſe Perſonen erwaͤhlen muͤſ- ſen, die in ihrem Nahmen den Reichstag beziehen, und ihre Abgeordneten ſeyn ſollen; noch weiter, wer auf den Reichstagen das Amt eines Directors uͤbernehmen ſoll, u. ſ. f. Zuletzt weil in einer vermiſchten Republick dasjenige beybehalten werden kann, was in dem Poͤbelregiment noͤthig iſt (§. 990.); ſo koͤnnen auch darin die Reichstage Platz haben.
§. 1001.
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III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
Recht den Reichstag zu berufen dem
Rathe zukomme; und da ihm die gegen-
waͤrtige Verfaſſung der Dinge am beſten be-
kannt ſeyn muß, ſo muß er auch das Recht
haben auf den Reichstagen den Vor-
trag zu thun, oder wenigſtens dasje-
nige an die Hand zu geben, woruͤber
gerathſchlaget werden ſoll, obwol, weil
ein jeder in der Democratie ein gleiches Recht
hat (§. 70. 972.), ein jeder zur Berath-
ſchlagung anbringen kann, was er
glaubt zum gemeinen Beſten dienlich
zu ſeyn. Wenn aber die Wohlfahrt einer
Geſellſchaft durch die Einigkeit der Mitglie-
der erhalten wird (§. 847.); ſo muͤſſen,
um allen Zwieſpalt zu vermeiden, Geſetze
wie die Reichstage gehalten werden
ſollen, gegeben werden (§. 978.), z. E.
welche das Recht der Reichstage haben ſol-
len, um auf demſelben eine Stimme zu fuͤh-
ren, ingleichen wie das Volck in gewiſſe Ord-
nungen, und dieſe in kleinere Haufen zu thei-
len, welche gewiſſe Perſonen erwaͤhlen muͤſ-
ſen, die in ihrem Nahmen den Reichstag
beziehen, und ihre Abgeordneten ſeyn ſollen;
noch weiter, wer auf den Reichstagen das
Amt eines Directors uͤbernehmen ſoll, u. ſ. f.
Zuletzt weil in einer vermiſchten Republick
dasjenige beybehalten werden kann, was in
dem Poͤbelregiment noͤthig iſt (§. 990.); ſo
koͤnnen auch darin die Reichstage Platz
haben.
§. 1001.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/752>, abgerufen am 22.11.2024.
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