Der Oberherr(superior) in einem Staat heisset derjenige, welcher das Recht hat derer übrigen Handlungen zu bestimmen; und diese übrigen werden Unterthanen(sub- diti) genennet. Daraus fliesset, daß in ei- ner Democratie das gantze Volck (§. 990.), in einem Reich und Monarchie der König, oder Monarch (§. 991. 994.) der Oberherr sey, gleichwie es in einer Aristocratie die vornehmsten zusammen genommen sind (§. 992.); al- le und jede aber in einer Democratie, Monarchie und Aristocratie ja in die- ser auch alle eintzeln betrachtete vor- nehmsten, werden mit dem Nahmen der Unterthanen belegt. Jn der Mit- regentschaft verhält es sich hierin anders, denn ein jeder der Mittegenten ist ein Ober- herr, keiner aber des andern Unter- than (§. 995.).
§. 997.
Vom de- spotischen Reich.
Ein despotisches, oder herrschaftliches Reich (regnum herile) nennt man, wenn der König über seine Unterthanen und deren Vermögen eben das Recht hat, welches ei- nem Herrn über seinen Knecht zustehet, oder wo der König ausser der bürgerlichen Macht auch die herrschaftliche besitzet; folglich ma- chet der König in einem despotischen Reiche die Einrichtung der Frondien- ste, und über die Sachen der Unter-
thanen,
III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
§. 996.
Obere und Un- tertha- nen.
Der Oberherr(ſuperior) in einem Staat heiſſet derjenige, welcher das Recht hat derer uͤbrigen Handlungen zu beſtimmen; und dieſe uͤbrigen werden Unterthanen(ſub- diti) genennet. Daraus flieſſet, daß in ei- ner Democratie das gantze Volck (§. 990.), in einem Reich und Monarchie der Koͤnig, oder Monarch (§. 991. 994.) der Oberherr ſey, gleichwie es in einer Ariſtocratie die vornehmſten zuſammen genommen ſind (§. 992.); al- le und jede aber in einer Democratie, Monarchie und Ariſtocratie ja in die- ſer auch alle eintzeln betrachtete vor- nehmſten, werden mit dem Nahmen der Unterthanen belegt. Jn der Mit- regentſchaft verhaͤlt es ſich hierin anders, denn ein jeder der Mittegenten iſt ein Ober- herr, keiner aber des andern Unter- than (§. 995.).
§. 997.
Vom de- ſpotiſchen Reich.
Ein deſpotiſches, oder herrſchaftliches Reich (regnum herile) nennt man, wenn der Koͤnig uͤber ſeine Unterthanen und deren Vermoͤgen eben das Recht hat, welches ei- nem Herrn uͤber ſeinen Knecht zuſtehet, oder wo der Koͤnig auſſer der buͤrgerlichen Macht auch die herrſchaftliche beſitzet; folglich ma- chet der Koͤnig in einem deſpotiſchen Reiche die Einrichtung der Frondien- ſte, und uͤber die Sachen der Unter-
thanen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0748"n="712"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/><divn="5"><head>§. 996.</head><lb/><noteplace="left">Obere<lb/>
und Un-<lb/>
tertha-<lb/>
nen.</note><p>Der <hirendition="#fr">Oberherr</hi><hirendition="#aq">(ſuperior)</hi> in einem<lb/>
Staat heiſſet derjenige, welcher das Recht<lb/>
hat derer uͤbrigen Handlungen zu beſtimmen;<lb/>
und dieſe uͤbrigen werden <hirendition="#fr">Unterthanen</hi><hirendition="#aq">(ſub-<lb/>
diti)</hi> genennet. Daraus flieſſet, <hirendition="#fr">daß in ei-<lb/>
ner Democratie das gantze Volck (§.<lb/>
990.), in einem Reich und Monarchie<lb/>
der Koͤnig, oder Monarch (§. 991.<lb/>
994.) der Oberherr ſey, gleichwie es<lb/>
in einer Ariſtocratie die vornehmſten<lb/>
zuſammen genommen ſind (§. 992.); al-<lb/>
le und jede aber in einer Democratie,<lb/>
Monarchie und Ariſtocratie ja in die-<lb/>ſer auch alle eintzeln betrachtete vor-<lb/>
nehmſten, werden mit dem Nahmen<lb/>
der Unterthanen belegt.</hi> Jn der Mit-<lb/>
regentſchaft verhaͤlt es ſich hierin anders, denn<lb/><hirendition="#fr">ein jeder der Mittegenten iſt ein Ober-<lb/>
herr, keiner aber des andern Unter-<lb/>
than</hi> (§. 995.).</p></div><lb/><divn="5"><head>§. 997.</head><lb/><noteplace="left">Vom de-<lb/>ſpotiſchen<lb/>
Reich.</note><p>Ein <hirendition="#fr">deſpotiſches,</hi> oder <hirendition="#fr">herrſchaftliches</hi><lb/>
Reich <hirendition="#aq">(regnum herile)</hi> nennt man, wenn<lb/>
der Koͤnig uͤber ſeine Unterthanen und deren<lb/>
Vermoͤgen eben das Recht hat, welches ei-<lb/>
nem Herrn uͤber ſeinen Knecht zuſtehet, oder<lb/>
wo der Koͤnig auſſer der buͤrgerlichen Macht<lb/>
auch die herrſchaftliche beſitzet; folglich <hirendition="#fr">ma-<lb/>
chet der Koͤnig in einem deſpotiſchen<lb/>
Reiche die Einrichtung der Frondien-<lb/>ſte, und uͤber die Sachen der Unter-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">thanen,</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[712/0748]
III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
§. 996.
Der Oberherr (ſuperior) in einem
Staat heiſſet derjenige, welcher das Recht
hat derer uͤbrigen Handlungen zu beſtimmen;
und dieſe uͤbrigen werden Unterthanen (ſub-
diti) genennet. Daraus flieſſet, daß in ei-
ner Democratie das gantze Volck (§.
990.), in einem Reich und Monarchie
der Koͤnig, oder Monarch (§. 991.
994.) der Oberherr ſey, gleichwie es
in einer Ariſtocratie die vornehmſten
zuſammen genommen ſind (§. 992.); al-
le und jede aber in einer Democratie,
Monarchie und Ariſtocratie ja in die-
ſer auch alle eintzeln betrachtete vor-
nehmſten, werden mit dem Nahmen
der Unterthanen belegt. Jn der Mit-
regentſchaft verhaͤlt es ſich hierin anders, denn
ein jeder der Mittegenten iſt ein Ober-
herr, keiner aber des andern Unter-
than (§. 995.).
§. 997.
Ein deſpotiſches, oder herrſchaftliches
Reich (regnum herile) nennt man, wenn
der Koͤnig uͤber ſeine Unterthanen und deren
Vermoͤgen eben das Recht hat, welches ei-
nem Herrn uͤber ſeinen Knecht zuſtehet, oder
wo der Koͤnig auſſer der buͤrgerlichen Macht
auch die herrſchaftliche beſitzet; folglich ma-
chet der Koͤnig in einem deſpotiſchen
Reiche die Einrichtung der Frondien-
ſte, und uͤber die Sachen der Unter-
thanen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/748>, abgerufen am 25.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.