Da die Eltern das Glück der Kinder, so viel an ihnen ist, befördern sollen (§. 892.); so müssen sie, wenn sie sterben, ihr Vermögen den Kindern hinterlassen. Weil sie aber darauf bedacht seyn sollen, daß wenn sie sterben sollten ehe die Kinder erzo- gen, sie den unerzogenen Kindern ein Ver- mögen hinterlassen, wovon die Auferziehungs- kosten bestritten werden können (§. 896.); so gehören, wenn einige von den Kin- dern erzogen und andere unerzogen sind, und das Vermögen, was sie hin- terlassen, kaum zur Auferziehung der Kinder hinreicht, diese Güter nach dem Rechte der Natur den unerzoge- nen Kindern, oder, wenn die Nutzung dazu hinreicht, der Nießbrauch, so lan- ge bis sie erzogen sind. Aus eben diesem Grunde versteht sich dieses von den Großeltern und ihren Kindes-Kin- dern (§. 897.). Derowegen da man leib- liche Erben(haeredes suos) nennt, welche von dem Verstorbenen herkommen; so sind die Kinder im ersten und folgenden Graden leibliche Erben. Und da wir nicht weniger vor das Glück der Kinder im folgenden Grade, als in dem ersten sorgen sol- len, wie bereits erwiesen worden; so treten, wenn der Verstorbene Kinder im er- sten und folgenden Graden hat, die letztern auch nach dem Rechte der Na-
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III.Theil 1. Abth. 5. Hauptſtuͤck.
§. 921.
Von der Erbfolge der Kin- der.
Da die Eltern das Gluͤck der Kinder, ſo viel an ihnen iſt, befoͤrdern ſollen (§. 892.); ſo muͤſſen ſie, wenn ſie ſterben, ihr Vermoͤgen den Kindern hinterlaſſen. Weil ſie aber darauf bedacht ſeyn ſollen, daß wenn ſie ſterben ſollten ehe die Kinder erzo- gen, ſie den unerzogenen Kindern ein Ver- moͤgen hinterlaſſen, wovon die Auferziehungs- koſten beſtritten werden koͤnnen (§. 896.); ſo gehoͤren, wenn einige von den Kin- dern erzogen und andere unerzogen ſind, und das Vermoͤgen, was ſie hin- terlaſſen, kaum zur Auferziehung der Kinder hinreicht, dieſe Guͤter nach dem Rechte der Natur den unerzoge- nen Kindern, oder, wenn die Nutzung dazu hinreicht, der Nießbrauch, ſo lan- ge bis ſie erzogen ſind. Aus eben dieſem Grunde verſteht ſich dieſes von den Großeltern und ihren Kindes-Kin- dern (§. 897.). Derowegen da man leib- liche Erben(hæredes ſuos) nennt, welche von dem Verſtorbenen herkommen; ſo ſind die Kinder im erſten und folgenden Graden leibliche Erben. Und da wir nicht weniger vor das Gluͤck der Kinder im folgenden Grade, als in dem erſten ſorgen ſol- len, wie bereits erwieſen worden; ſo treten, wenn der Verſtorbene Kinder im er- ſten und folgenden Graden hat, die letztern auch nach dem Rechte der Na-
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III. Theil 1. Abth. 5. Hauptſtuͤck.
§. 921.
Da die Eltern das Gluͤck der Kinder, ſo
viel an ihnen iſt, befoͤrdern ſollen (§. 892.);
ſo muͤſſen ſie, wenn ſie ſterben, ihr
Vermoͤgen den Kindern hinterlaſſen.
Weil ſie aber darauf bedacht ſeyn ſollen, daß
wenn ſie ſterben ſollten ehe die Kinder erzo-
gen, ſie den unerzogenen Kindern ein Ver-
moͤgen hinterlaſſen, wovon die Auferziehungs-
koſten beſtritten werden koͤnnen (§. 896.); ſo
gehoͤren, wenn einige von den Kin-
dern erzogen und andere unerzogen
ſind, und das Vermoͤgen, was ſie hin-
terlaſſen, kaum zur Auferziehung der
Kinder hinreicht, dieſe Guͤter nach
dem Rechte der Natur den unerzoge-
nen Kindern, oder, wenn die Nutzung
dazu hinreicht, der Nießbrauch, ſo lan-
ge bis ſie erzogen ſind. Aus eben dieſem
Grunde verſteht ſich dieſes von den
Großeltern und ihren Kindes-Kin-
dern (§. 897.). Derowegen da man leib-
liche Erben (hæredes ſuos) nennt, welche
von dem Verſtorbenen herkommen; ſo ſind
die Kinder im erſten und folgenden
Graden leibliche Erben. Und da wir
nicht weniger vor das Gluͤck der Kinder im
folgenden Grade, als in dem erſten ſorgen ſol-
len, wie bereits erwieſen worden; ſo treten,
wenn der Verſtorbene Kinder im er-
ſten und folgenden Graden hat, die
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/704>, abgerufen am 22.11.2024.
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