tum); das, zu dessen Ausübung wir nur das Recht haben, ist erlaubt(licitum). Die natürliche Schuldigkeit kömt also von einem natürlichen Geboth; das Unerlaubte von einem Verboth; das Erlaubte von einer Zulassung (§. 47.). Ehrbahr oder Ehrlich(hone- stum) nennt man alles dasjenige, was mit dem Gesetze der Natur übereinstimmet, daß also derjenige ein ehrlicher Mann(ho- nestus) genennet wird, der alle seine Handlungen nach der Richtschnur des Gese- tzes der Natur einrichtet; in so weit er nämlich nichts vornehmen will, als nur das, was er, ohne Nachtheil seiner Verbindlich- keit, und Vermöge seines Rechtes vorneh- men kann. Daher ist ferner klar, was das heisse: als ein ehrlicher Man leben, oder einen Ehrbahren Wandel füh- ren(honeste vivere).
§. 50.
Daß der Gebrauch des Rechts nicht verhin- dert wer- den müße.
Wenn andere das Recht hätten, den Ge- brauch des Rechts zu verhindern; so wür- den wir gar keinen haben. Ja das Gesetz der Natur würde sich selbst zuwieder seyn, wenn es dem einen ein Recht gäbe, etwas vorzunehmen; und dem andern das Recht zugestünde, den Gebrauch dieses Rechts nach seinem Gefallen zu verhindern: da dieses nun offenbahr wiedersprechend ist; so verbin- det das Gesetz der Natur, indem
es
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
tum); das, zu deſſen Ausuͤbung wir nur das Recht haben, iſt erlaubt(licitum). Die natuͤrliche Schuldigkeit koͤmt alſo von einem natuͤrlichen Geboth; das Unerlaubte von einem Verboth; das Erlaubte von einer Zulaſſung (§. 47.). Ehrbahr oder Ehrlich(hone- ſtum) nennt man alles dasjenige, was mit dem Geſetze der Natur uͤbereinſtimmet, daß alſo derjenige ein ehrlicher Mann(ho- neſtus) genennet wird, der alle ſeine Handlungen nach der Richtſchnur des Geſe- tzes der Natur einrichtet; in ſo weit er naͤmlich nichts vornehmen will, als nur das, was er, ohne Nachtheil ſeiner Verbindlich- keit, und Vermoͤge ſeines Rechtes vorneh- men kann. Daher iſt ferner klar, was das heiſſe: als ein ehrlicher Man leben, oder einen Ehrbahren Wandel fuͤh- ren(honeſte vivere).
§. 50.
Daß der Gebꝛauch des Rechts nicht verhin- dert wer- den muͤße.
Wenn andere das Recht haͤtten, den Ge- brauch des Rechts zu verhindern; ſo wuͤr- den wir gar keinen haben. Ja das Geſetz der Natur wuͤrde ſich ſelbſt zuwieder ſeyn, wenn es dem einen ein Recht gaͤbe, etwas vorzunehmen; und dem andern das Recht zugeſtuͤnde, den Gebrauch dieſes Rechts nach ſeinem Gefallen zu verhindern: da dieſes nun offenbahr wiederſprechend iſt; ſo verbin- det das Geſetz der Natur, indem
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I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
tum); das, zu deſſen Ausuͤbung wir nur
das Recht haben, iſt erlaubt (licitum).
Die natuͤrliche Schuldigkeit koͤmt
alſo von einem natuͤrlichen Geboth;
das Unerlaubte von einem Verboth;
das Erlaubte von einer Zulaſſung
(§. 47.). Ehrbahr oder Ehrlich (hone-
ſtum) nennt man alles dasjenige, was mit
dem Geſetze der Natur uͤbereinſtimmet, daß
alſo derjenige ein ehrlicher Mann (ho-
neſtus) genennet wird, der alle ſeine
Handlungen nach der Richtſchnur des Geſe-
tzes der Natur einrichtet; in ſo weit er
naͤmlich nichts vornehmen will, als nur das,
was er, ohne Nachtheil ſeiner Verbindlich-
keit, und Vermoͤge ſeines Rechtes vorneh-
men kann. Daher iſt ferner klar, was
das heiſſe: als ein ehrlicher Man leben,
oder einen Ehrbahren Wandel fuͤh-
ren (honeſte vivere).
§. 50.
Wenn andere das Recht haͤtten, den Ge-
brauch des Rechts zu verhindern; ſo wuͤr-
den wir gar keinen haben. Ja das Geſetz
der Natur wuͤrde ſich ſelbſt zuwieder ſeyn,
wenn es dem einen ein Recht gaͤbe, etwas
vorzunehmen; und dem andern das Recht
zugeſtuͤnde, den Gebrauch dieſes Rechts nach
ſeinem Gefallen zu verhindern: da dieſes nun
offenbahr wiederſprechend iſt; ſo verbin-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/68>, abgerufen am 23.11.2024.
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