türliche, welche nach dem Wesen und derstorbe- nen. Natur des menschlichen Körpers sich bey der Traurigkeit äussern; oder willkührliche, welchen wir die Bedeutung der Traurigkeit beylegen. Da der Verlust der Freunde, der Wohlthäter und derer, die sich um uns und andere wohlverdient gemacht, zu den Un- glücksfällen gehöret; den Menschen aber na- türlich ist, daß dergleichen eine Traurigkeit erregen; so kann es das Gesetze der Na- tur nicht verbieten, verstorbene Freun- de, Wohlthäter und diejenigen, wel- che sich so wohl um uns, als andere verdient gemacht, zu betrauren (§. 60). Weil aber die Pflichten, welche durchs Gese- tze der Natur vorgeschrieben werden, unver- letzlich sind (§. 42.); so muß man die Trauer wegen der Verstorbenen der- gestalt mäßigen, daß nichts, was den Pflichten bey widrigen Umständen (§. 130.), dem Vertrauen auf GOtt und der Beruhigung in der göttlichen Vor- sicht zuwider ist, vorgenommen werde (§. 173.). Und da wir ein Recht dazu ha- ben, ohne welches wir den Pflichten gegen die Verstorbene kein Gnüge leisten können (§. 46.); so ist auch eine willkührliche Trauer, welche den Pflichten gegen Verstorbene gemäß ist, von Natur er- laubt, z. E. wenn wir durch ein Kleid den Verstorbenen betrauren.
§. 827.
welche geſtorben u. noch nicht gebohren.
tuͤrliche, welche nach dem Weſen und derſtorbe- nen. Natur des menſchlichen Koͤrpers ſich bey der Traurigkeit aͤuſſern; oder willkuͤhrliche, welchen wir die Bedeutung der Traurigkeit beylegen. Da der Verluſt der Freunde, der Wohlthaͤter und derer, die ſich um uns und andere wohlverdient gemacht, zu den Un- gluͤcksfaͤllen gehoͤret; den Menſchen aber na- tuͤrlich iſt, daß dergleichen eine Traurigkeit erregen; ſo kann es das Geſetze der Na- tur nicht verbieten, verſtorbene Freun- de, Wohlthaͤter und diejenigen, wel- che ſich ſo wohl um uns, als andere verdient gemacht, zu betrauren (§. 60). Weil aber die Pflichten, welche durchs Geſe- tze der Natur vorgeſchrieben werden, unver- letzlich ſind (§. 42.); ſo muß man die Trauer wegen der Verſtorbenen der- geſtalt maͤßigen, daß nichts, was den Pflichten bey widrigen Umſtaͤnden (§. 130.), dem Vertrauen auf GOtt und der Beruhigung in der goͤttlichen Vor- ſicht zuwider iſt, vorgenommen werde (§. 173.). Und da wir ein Recht dazu ha- ben, ohne welches wir den Pflichten gegen die Verſtorbene kein Gnuͤge leiſten koͤnnen (§. 46.); ſo iſt auch eine willkuͤhrliche Trauer, welche den Pflichten gegen Verſtorbene gemaͤß iſt, von Natur er- laubt, z. E. wenn wir durch ein Kleid den Verſtorbenen betrauren.
§. 827.
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welche geſtorben u. noch nicht gebohren.
tuͤrliche, welche nach dem Weſen und der
Natur des menſchlichen Koͤrpers ſich bey der
Traurigkeit aͤuſſern; oder willkuͤhrliche,
welchen wir die Bedeutung der Traurigkeit
beylegen. Da der Verluſt der Freunde, der
Wohlthaͤter und derer, die ſich um uns und
andere wohlverdient gemacht, zu den Un-
gluͤcksfaͤllen gehoͤret; den Menſchen aber na-
tuͤrlich iſt, daß dergleichen eine Traurigkeit
erregen; ſo kann es das Geſetze der Na-
tur nicht verbieten, verſtorbene Freun-
de, Wohlthaͤter und diejenigen, wel-
che ſich ſo wohl um uns, als andere
verdient gemacht, zu betrauren (§. 60).
Weil aber die Pflichten, welche durchs Geſe-
tze der Natur vorgeſchrieben werden, unver-
letzlich ſind (§. 42.); ſo muß man die
Trauer wegen der Verſtorbenen der-
geſtalt maͤßigen, daß nichts, was den
Pflichten bey widrigen Umſtaͤnden (§.
130.), dem Vertrauen auf GOtt und
der Beruhigung in der goͤttlichen Vor-
ſicht zuwider iſt, vorgenommen werde
(§. 173.). Und da wir ein Recht dazu ha-
ben, ohne welches wir den Pflichten gegen
die Verſtorbene kein Gnuͤge leiſten koͤnnen (§.
46.); ſo iſt auch eine willkuͤhrliche
Trauer, welche den Pflichten gegen
Verſtorbene gemaͤß iſt, von Natur er-
laubt, z. E. wenn wir durch ein Kleid den
Verſtorbenen betrauren.
ſtorbe-
nen.
§. 827.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/643>, abgerufen am 22.11.2024.
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