Recht also, welches auf einen andern kommen kann, fället durch den Tod dessen, der es hatte, dem andern zu, z. E. den Kindern der Nießbrauch, der ihm und seinen Kindern eingeräumet worden.
§. 822.
Von den Pflichten gegen Verstor- bene.
Weil ein guter Nahme auch nach dem To- de übrig bleibt, und das Andencken des Gu- ten, was einer gethan, erhalten wird; so bleiben die Pflichten, welche wir an- dern in Ansehung ihres guten Nah- mens, der Achtung, der Ehre und des Lobes schuldig sind (§. 142.), auch nach dem Tode fest stehen. Gleichergestalt, weil der Tod eines Wohlthäters das Anden- cken der Wohlthaten nicht auslöscht; so müs- sen wir auch Wohlthätern nach ihrem Tode dancksagen, indem wir die uns erwiesene Wohlthaten erzehlen und rühmen (§. 474.). Und weil wir auch an- dern in denen wohlthun können, welche sie geliebt, und derer Glückseligkeit sie eben so wohl, als ihre eigene befördert wissen wollen; so müssen wir den Verstorbenen in de- nen, welche sie geliebt haben, so viel an uns ist, wohlthun (§. 133.) z. E. in ihren Kindern und Anverwandten.
§. 823.
Von der Ehre der Mensch- heit.
Weil alle Menschen von Natur gleich sind (§. 70.), wir auch alle wie uns selbst lieben sollen, und an sich klar ist, daß sie an natürlicher Vollkommenheit alle Geschöpfe
über-
II.Th. 20. H. Von denjenigen,
Recht alſo, welches auf einen andern kommen kann, faͤllet durch den Tod deſſen, der es hatte, dem andern zu, z. E. den Kindern der Nießbrauch, der ihm und ſeinen Kindern eingeraͤumet worden.
§. 822.
Von den Pflichten gegen Verſtor- bene.
Weil ein guter Nahme auch nach dem To- de uͤbrig bleibt, und das Andencken des Gu- ten, was einer gethan, erhalten wird; ſo bleiben die Pflichten, welche wir an- dern in Anſehung ihres guten Nah- mens, der Achtung, der Ehre und des Lobes ſchuldig ſind (§. 142.), auch nach dem Tode feſt ſtehen. Gleichergeſtalt, weil der Tod eines Wohlthaͤters das Anden- cken der Wohlthaten nicht ausloͤſcht; ſo muͤſ- ſen wir auch Wohlthaͤtern nach ihrem Tode danckſagen, indem wir die uns erwieſene Wohlthaten erzehlen und ruͤhmen (§. 474.). Und weil wir auch an- dern in denen wohlthun koͤnnen, welche ſie geliebt, und derer Gluͤckſeligkeit ſie eben ſo wohl, als ihre eigene befoͤrdert wiſſen wollen; ſo muͤſſen wir den Verſtorbenen in de- nen, welche ſie geliebt haben, ſo viel an uns iſt, wohlthun (§. 133.) z. E. in ihren Kindern und Anverwandten.
§. 823.
Von der Ehre der Menſch- heit.
Weil alle Menſchen von Natur gleich ſind (§. 70.), wir auch alle wie uns ſelbſt lieben ſollen, und an ſich klar iſt, daß ſie an natuͤrlicher Vollkommenheit alle Geſchoͤpfe
uͤber-
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II. Th. 20. H. Von denjenigen,
Recht alſo, welches auf einen andern
kommen kann, faͤllet durch den Tod
deſſen, der es hatte, dem andern zu, z. E.
den Kindern der Nießbrauch, der ihm und
ſeinen Kindern eingeraͤumet worden.
§. 822.
Weil ein guter Nahme auch nach dem To-
de uͤbrig bleibt, und das Andencken des Gu-
ten, was einer gethan, erhalten wird; ſo
bleiben die Pflichten, welche wir an-
dern in Anſehung ihres guten Nah-
mens, der Achtung, der Ehre und des
Lobes ſchuldig ſind (§. 142.), auch nach
dem Tode feſt ſtehen. Gleichergeſtalt,
weil der Tod eines Wohlthaͤters das Anden-
cken der Wohlthaten nicht ausloͤſcht; ſo muͤſ-
ſen wir auch Wohlthaͤtern nach ihrem
Tode danckſagen, indem wir die uns
erwieſene Wohlthaten erzehlen und
ruͤhmen (§. 474.). Und weil wir auch an-
dern in denen wohlthun koͤnnen, welche ſie
geliebt, und derer Gluͤckſeligkeit ſie eben ſo
wohl, als ihre eigene befoͤrdert wiſſen wollen;
ſo muͤſſen wir den Verſtorbenen in de-
nen, welche ſie geliebt haben, ſo viel
an uns iſt, wohlthun (§. 133.) z. E. in
ihren Kindern und Anverwandten.
§. 823.
Weil alle Menſchen von Natur gleich
ſind (§. 70.), wir auch alle wie uns ſelbſt
lieben ſollen, und an ſich klar iſt, daß ſie an
natuͤrlicher Vollkommenheit alle Geſchoͤpfe
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/640>, abgerufen am 22.11.2024.
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